Studie: Nanoplastik kann Wirkung von Antibiotika beeinträchtigen

Als Nanoplastik bezeichnet mit Kunststoffpartikel mit einer Größe von weniger als 0,001 Milimetern. (Foto: © MAXSHOT_PL/stock.adobe.com)

Im Körper abgelagerte Nanoplastikpartikel können nicht nur die unmittelbare Wirkung von Antibiotika beeinträchtigen, sondern auch die Entstehung antibiotikaresistente Bakterien begünstigen, wie eine neue Studie zeigt.

Um zu untersuchen, ob und wie Nanoplastikpartikel (Größe <0,001 mm) im Blut mit Antibiotika interagieren, hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Lukas Kenner (MedUni Wien, Österreich), Prof. Barbara Kirchner (Universität Bonn) und Prof. Oldamur Hollóczki (Universität Debrecen, Ungarn) ein gängiges Medikament mit weit verbreiteten Kunststoffarten in Verbindung gebracht. Im Fokus stand das Breitbandantibiotikum Tetracyclin, das gegen viele bakterielle Infektionen etwa der Atemwege, der Haut oder des Darms eingesetzt wird. Bei den Kunststoffen fiel die Wahl auf Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS), die allgegenwärtige Bestandteile von Verpackungsmaterialien sind. Gegenstand der Untersuchungen war auch Nylon 6,6 (N66), das in vielen Textilien wie Kleidung, Teppichen, Sofabezügen oder Vorhängen enthalten ist.

Mithilfe komplexer Computermodelle konnte das Team nachweisen, dass die Nanoplastikpartikel Tetracyclin binden und so die Wirksamkeit des Antibiotikums beeinträchtigen können. „Besonders stark war die Bindung bei Nylon“, betont Kenner und weist auf eine weitgehend unterschätzte Gefahr in Innenräumen hin: „Dort ist die Mikro- und Nanoplastikbelastung etwa fünfmal höher als draußen. Nylon ist einer der Gründe dafür: Es wird aus Textilien freigesetzt und gelangt zum Beispiel über die Atmung in den Körper.“

Gefahr von Antibiotikaresistenzen

Wie die Studienergebnisse zeigen, kann die Bindung von Tetracyclin an Nanoplastikpartikel die biologische Aktivität des Antibiotikums verringern. Gleichzeitig könnte die Bindung an Nanoplastik dazu führen, dass das Antibiotikum an nicht dafür vorgesehene Stellen im Körper transportiert wird, wodurch es seine gezielte Wirkung verliert und möglicherweise andere unerwünschte Effekte hervorruft. „Besonders besorgniserregend ist unsere Erkenntnis, dass die lokale Konzentration von Antibiotika an der Oberfläche der Nanoplastikpartikel ansteigen kann“, berichtet Kenner über ein weiteres Detail aus der Studie. Diese Konzentrationserhöhung könnte zur Entstehung antibiotikaresistenter Bakterien führen. Kunststoffe wie Nylon 6,6, aber auch Polystyrol, die eine stärkere Bindung an Tetracyclin aufweisen, könnten somit das Risiko von Resistenzen erhöhen. „In einer Zeit, in der Antibiotikaresistenzen weltweit zu einer immer größeren Bedrohung werden, müssen solche Wechselwirkungen berücksichtigt werden“, so Kenner.

Die Studie zeigt, dass die Exposition gegenüber Nanoplastik nicht nur als direktes Gesundheitsrisiko zu betrachten ist, sondern indirekt auch die Therapie von Erkrankungen beeinflussen kann. „Wenn Nanoplastik die Wirksamkeit von Antibiotika reduziert, stellt die Dosierung ein massives Problem dar“, betont Kenner mit Blick auf künftige Studien, die sich mit dem Einfluss von Nanoplastik auf andere Medikamente beschäftigen.