Studie offenbart drastische Wissenslücken zu Harnwegsinfektionen

Von schmerzhaften Blasenentzündungen sind besonders häufig Frauen betroffen. Foto: New Africa – stock.adobe.com

Eine neue internationale Studie deckt ein besorgniserregendes Unwissen der Öffentlichkeit über Blasenentzündungen und Harnwegsinfektionen (HWI) auf – häufige Gesundheitsprobleme, die überproportional viele Frauen betreffen.

Die Ergebnisse, die auch weit verbreitete Missverständnisse über Prävention und Behandlung aufzeigen, unterstreichen den dringenden Bedarf an Aufklärung zur Bekämpfung zunehmender Antibiotikaresistenzen, so die europäische Urologenorganisation EAU (European Association of Urology) in einer aktuellen Pressemitteilung.

In einer Umfrage unter mehr als 3000 Erwachsenen in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien konnten 35% der Befragten Zystitis nicht korrekt als Blasenentzündung definieren. Einige verwechselten sie mit einer Hauterkrankung oder sogar einer Nahrungsmittelallergie. Unter den jüngeren Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren konnte weniger als die Hälfte (45%) eine Blasenentzündung richtig identifizieren.

Trotz medizinischem Konsens darüber, dass Frauen deutlich häufiger von HWI betroffen sind, war sich nur die Hälfte (51%) der Befragten dessen bewusst. Fast jeder fünfte Mann glaubte fälschlicherweise, dass Männer häufiger betroffen sind. Erfreulicherweise war das Bewusstsein bei den Frauen selbst höher: 63% identifizierten ihr erhöhtes Risiko richtig, verglichen mit nur 38% der Männer.

Verpasste Präventionsmöglichkeiten

HWI sind oft vermeidbar, doch das Wissen über grundlegende Präventionsstrategien sei besorgniserregend gering, so die Studie:

• 71% wussten, dass es helfen kann, viel Wasser zu trinken.

• Nur 43% erkannten die Bedeutung richtiger Hygiene (Abwischen von vorne nach hinten).

• Nur 35% verstanden die Notwendigkeit des Wasserlassens nach sexueller Aktivität.

• Alarmierend sei, dass 17% fälschlicherweise glaubten, die Einnahme von Antibiotika ohne ärztlichen Rat könne HWI verhindern.

Nur 21% aller Befragten konnten alle drei wichtigsten Präventionsstrategien nennen, und jeder Sechste konnte keine einzige richtige Präventionsmaßnahme nennen. Frauen kannten die drei richtigen Präventionsmethoden dreimal häufiger.

„Viele Teenager sind heute sexuell aktiv, ohne sich der Risiken von Blasenentzündungen bewusst zu sein. Besonders junge Frauen sind aufgrund ihrer Anatomie anfälliger, doch allzu oft glauben sie, die Antibabypille schütze sie vor allen Risiken und Kondome seien unnötig. Wir müssen dieses Problem dringend durch Schulbildung und soziale Medien angehen, sonst riskieren wir, dass eine neue Generation junger Frauen wiederholt an HWI und sogar langfristigen Blasenschäden leidet“, sagt Jane Meijlink, Vorsitzende der International Painful Bladder Foundation.

Übergebrauch von Antibiotika verschärft die Probleme

Obwohl nicht bei allen HWI Antibiotika erforderlich sind, glauben 16% der Befragten fälschlicherweise, dass diese immer notwendig sind – ein Irrglaube, der den übermäßigen Einsatz und die Resistenzbildung gegen Antibiotika fördert. Selbst unter den Betroffenen ist das Bewusstsein für die Risiken von Antibiotikaresistenzen nicht weit verbreitet. Fast die Hälfte der Befragten unterschätzte die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Behandlung von HWI aufgrund von Antibiotikaresistenzen oder war sich ihrer nicht bewusst.

„HWI betreffen weltweit über 400 Millionen Menschen und verursachen jährlich etwa 240.000 Todesfälle. Zunehmende Antibiotikaresistenzen erschweren die Behandlung“, so Prof. Gernot Bonkat (Basel, Schweiz), Vorsitzender des EAU-Leitliniengremiums für Infektionen. „Diese Studie zeigt, dass die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie die Aufklärung über Symptome, Ursachen und Behandlung nach wie vor unerlässlich sind, um Infektionen vorzubeugen, Leiden zu lindern und die Ausbreitung von Resistenzen zu verlangsamen. Wichtig ist, dass nicht jede Infektion mit Antibiotika behandelt werden muss – ein umsichtiger Einsatz ist der Schlüssel zur Bekämpfung von Resistenzen.“

Harnwegsinfektionen als Schwerpunkt der Urologiewoche 2025

Die Umfrage ist Teil der Urologiewoche 2025 (22.–26. September), einer Initiative der EAU, die die Öffentlichkeit für urologische Erkrankungen sensibilisieren möchte. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf HWI und insbesondere auf Blasenentzündungen.

HWI gehören zu den häufigsten Infektionen und betreffen Millionen Menschen weltweit. Sie sind nach Atemwegsinfektionen die zweithäufigste Infektion und treten bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern. Etwa 50–60 % aller Frauen erkranken mindestens einmal im Leben an einer Harnwegsinfektion.

Aufgrund ihrer hohen Inzidenz und Morbidität stellen HWI ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Die finanzielle Belastung ist erheblich und liegt laut Schätzungen weltweit im Bereich mehrerer Milliarden Euro pro Jahr. Das Verständnis der Prävalenz, der Risikofaktoren und der Folgen von HWI ist entscheidend für wirksame Präventions- und Behandlungsstrategien. Deshalb konzentriert sich die diesjährige Urologiewoche darauf, das Bewusstsein für HWI  zu schärfen.

(ms/BIERMANN)