Studie: Rettungskräfte sind gestresster als sie ahnen

Diskrepanz zwischen empfundenem und gemessenem Stress bei Rettungskräften. Foto: ©ASB NRW e.V.

Eine deutsche Studie hat untersucht, wie gestresst Rettungskräfte sind. Im Vordergrund stand die eigene Wahrnehmung von Stress im Vergleich zur objektiv messbaren körperlichen Auswirkung. Hierbei ergab sich eine Diskrepanz zwischen empfundenem und gemessenem Stress der Rettungskräfte.

Rettungskräfte sind häufig akuten Stressoren ausgesetzt. Als Stressoren werden alle inneren und äußeren Ereignisse bezeichnet, die Stress verursachen und damit den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Bei Rettungskräften können Stressoren zum Beispiel die Konfrontation mit leidenden Menschen, Gewalt und Tod sein, die gering wahrgenommene Wertschätzung ihrer Arbeit sowie die Störung des Tag-Nacht-Rhythmus aufgrund von Schichtarbeit.

Trotz der großen Anzahl an Stressoren scheinen Rettungskräfte den Stress jedoch häufig zu ignorieren. Das kann schädlich sein und zu stressbedingten Krankheiten führen. In einer Studie von Forschenden des Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) in Kooperation mit der Universität zu Lübeck, der Universität Bremen, der Ruhr-Universität Bochum, der MSH Medical School Hamburg und dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Dortmund wurde daher die Diskrepanz zwischen der von den Rettungskräften berichteten Stressreaktion und der tatsächlich gemessenen körperlichen Stressreaktion untersucht. An der nun im Fachblatt „Excli Journal“ publizierten Studie nahmen 16 Rettungskräfte und 17 Büroangestellte teil.

Diskrepanz zwischen empfundenem und gemessenem Stress

„Die Studie zeigt, dass bei den Rettungskräften die körperlichen Stresswerte, gemessen durch das Stresshormon Cortisol, am Morgen eines Arbeitstags höher waren als bei den Büroangestellten“, erläutert das IfADo die Ergebnisse in einer Pressemitteilung. Weiterhin wurde eine Veränderung von Immunparametern, die mit Stress in Verbindung gebracht werden, nicht nur an Arbeitstagen, sondern auch während der freien Tage, beobachtet.

Die EKG-Aufzeichnungen während einer kompletten 24-Stunden-Schicht dokumentierten auch akuten Stress bei Rettungskräften auf dem Weg zu den Rettungseinsätzen. Trotz der physiologisch gemessenen höheren Stresswerte berichteten Rettungskräfte bei der Befragung subjektiv jedoch signifikant weniger Stress als Büroangestellte. Allerdings erreichten die Rettungskräfte höhere Werte auf der Skala Depersonalisierung – einer Facette von Burnout.

Stressbewältigung für Rettungskräfte verbessern

Zusätzlich offenbarte die Studie, dass Stressoren im Rettungsdienst mit einem Anstieg von Sorgen, sozialer Isolation, Irritation und negativem Affekt sowie zu einem verringerten Flow-Erleben während der Arbeit, weniger Freude und einem schlechteren Abschalten von der Arbeit zusammenhängen. „Zusammenfassend deuten die Studienergebnisse auf einen höheren Stress bei Rettungssanitätern im Vergleich zu Büroangestellten hin“, so das Fazit der IfADi. Diese Ergebnisse würden daher die Bedeutung der Entwicklung von Interventionen zur Stressbewältigung für Rettungskräfte, einschließlich der Sensibilisierung für ihre Stressreaktionen, unterstreichen.

Im Anschluss an die Studie hat der ASB Dortmund unter der Leitung von Holger Steffens angefangen, passgenaue Konzepte für Stressmanagement bei Einsatzkräften intern zu entwickeln. „Die Ergebnisse der Pilotstudie und die wissenschaftliche Begleitung in der Entwicklungsphase waren maßgeblich, um entsprechende Workshops für Einsatzkräfte zu konfigurieren und auch Entspannungstechniken mit ins Konzept zu integrieren“, berichtet Steffens.