Studie unter US-Veteranen: Traumakonfrontation wirksam gegen chronische Schmerzen

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Eine neu entwickelte Psychotherapie, in der vergangene Traumata und stressbedingte Emotionen aufgearbeitet werden, kann einer Studie in „JAMA Network Open“ zufolge chronische Schmerzen bei älteren US-Veteranen besser lindern als die übliche kognitive Verhaltenstherapie.

„Die meisten Menschen mit chronischen Schmerzen ziehen eine Psychotherapie überhaupt nicht in Betracht. Sie denken an Medikamente, Injektionen, manchmal an eine Operation oder körperliche Behandlungen wie Physiotherapie“, sagt Psychiater und Hauptautor Brandon Yarns, Assistenzprofessor an der University of California – Los Angeles (UCLA) Health. „Die Psychotherapie ist eine evidenzbasierte Behandlung für chronische Schmerzen. Diese Studie zeigt, dass es auf die Art der Psychotherapie ankommt.“

Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT)  ist seit langem der Goldstandard für die psychotherapeutische Behandlung von chronischen Schmerzen bei Veteranen, so Yarns. Bisherige Studien haben jedoch gezeigt, dass die CBT nur mäßige Vorteile bei der Schmerzlinderung bringt. „Das Ziel der CBT besteht nicht unbedingt darin, Schmerzen zu heilen, sondern zu lernen, mit chronischen Schmerzen umzugehen und gut mit ihnen zu leben“, erläutert der Experte. Das CBT-Behandlungsprogramm setzt auf Übungen, die denen zur Behandlung von Depressionen oder Ängsten ähneln, wie zum Beispiel geführte Bildreisen, Muskelentspannung, kognitive Umstrukturierung und die Steuerung täglicher Aktivitäten.

Neue Therapie konfrontiert mit stressauslösenden Situationen

Im Gegensatz dazu gibt es bei der Emotional Awareness and Expression Therapy (EAET) nur eine Hauptintervention: das Erleben, Ausdrücken und Loslassen von Emotionen. Die in den 2010er Jahren entwickelte Therapie zielt darauf ab, Patienten zu zeigen, dass die Schmerzwahrnehmung des Gehirns stark von stressbedingten Emotionen beeinflusst wird. Die Patienten werden gebeten, sich auf eine stressige Interaktion zu konzentrieren, von etwas so Banalem wie einer Situation im Straßenverkehr bis hin zu schweren Traumata wie einem sexuellen Übergriff. Laut Yarns geht es darum, dass die Patienten diese Emotionen sowohl im Kopf als auch im Körper erleben. Die Patienten arbeiten dann daran, sich diesen Gefühlen zu stellen, ihre Reaktionen auszudrücken und schließlich loszulassen.

„Wenn es eine Verletzung oder einen Stressfaktor gibt, haben die Menschen eine Reihe von normalen, natürlichen emotionalen Reaktionen. Das können Wut, Schuldgefühle und Traurigkeit sein. Weil diese Gefühle schmerzhaft sind, vermeiden die Menschen sie oft, aber EAET hilft den Menschen, sich schwierigen Gefühlen mit Ehrlichkeit und Selbstmitgefühl zu stellen“, beschreibt Yarns. „In der Therapie können sie die Wut, den Schmerz und die Schuldgefühle, die sie in sich tragen, loslassen, und am Ende bleibt ihnen Selbstmitgefühl.“

Vergleich von CBT und EAET

Yarns und Kollegen wollten nun herausfinden, ob die EAET bessere Erfolge zur Reduzierung chronischer Schmerzen erzielen kann als die klassische CBT. Dazu verglichen sie die beiden Therapieformen zur Behandlung chronischer Schmerzen und psychischer Symptome wie Depressionen, Angstzustände und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) bei älteren Veteranen in den USA.

Dazu rekrutierten sie 126 Veteranen – überwiegend Männer – im Alter von 60 bis 95 Jahren, die seit mindestens drei Monaten an Schmerzen des Bewegungsapparats litten. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer hatten eine psychiatrische Diagnose, wobei etwa ein Drittel eine PTBS aufwies. Die Studie war die erste umfassende klinische Prüfung von EAET bei älteren Erwachsenen, älteren Männern und Veteranen, während frühere Studien hauptsächlich aus jüngeren, weiblichen Teilnehmern bestanden, so Yarns.

Jeweils die Hälfte der Probanden wurde zur Teilnahme an einer CBT oder EAET randomisiert, die jeweils aus einer persönlichen gefolgt von acht Sitzungen in Kleingruppen bestanden und gleichzeitig stattfanden. Die Patienten wurden vor Beginn der Behandlung, am Ende der neun Sitzungen und sechs Monate nach Beendigung der Therapie gebeten, ihre Schmerzen auf einer Skala von 0 bis 10 mit Hilfe des Brief Pain Inventory zu bewerten.

Klinisch signifikante Vorteile der Konfrontationstherapie

Nach der Behandlung berichteten 63 Prozent der EAET-Teilnehmer über eine mindestens 30-prozentige – und somit klinisch signifikante – Verringerung der Schmerzen im Vergleich zu 17 Prozent der CBT-Patienten. Die Schmerzreduktion war bei 41 Prozent der EAET-Teilnehmer sechs Monate nach der Behandlung anhaltend, verglichen mit 14 Prozent der CBT-Patienten. Darüber hinaus berichteten die EAET-Patienten über größere Vorteile bei der Behandlung von Angst, Depression, PTBS und Lebenszufriedenheit.

Yarns Studiengruppe widmet sich nun weitergehenden Fragestellungen, zum Beispiel, ob sich ähnlich positive Ergebnisse mit virtuellen Gruppensitzungen wiederholen lassen, bei denen EAET und CBT verglichen werden und auch eine Kohorte mit Achtsamkeitstherapie einbezogen wird. Außerdem, so Yarns, sollen Studien zur Neurobildgebung Aufschluss über Veränderungen im Gehirn durch die EAET bzw. CBT geben.