Studie: Viele Krebsüberlebende trinken zu viel Alkohol

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In einer gerade veröffentlichten Studie kommen Wissenschaftler zu überraschenden Ergebnissen, was den Konsum von Alkohol unter Krebsüberlebenden angeht – wenn man bedenkt, dass übermäßiger Alkoholgenuss für eine ganze Reihe von Krebserkrankungen verantwortlich gemacht wird.

Analysiert wurden Daten aus dem National Health Interview Survey (NHIS) von 2000 bis 2017 und Angaben ehemaliger Krebspatienten zu ihren Trinkgewohnheiten. Die Forscher fanden heraus, dass von 34.080 Umfrageteilnehmern 56,5 Prozent zum Zeitpunkt der Umfrage Alkohol konsumierten, 34,9 Prozent mehr als nur moderat, und 21 Prozent zu exzessivem Alkoholkonsum neigten. Laut den Verfassern der aktuellen Studie handelt es sich um die erste große Untersuchung zum Alkoholkonsum unter Patienten mit einer onkologischen Erkrankung. Angesichts der Tatsache, dass Alkohol als Risikofaktor für mehrere Krebsarten identifiziert worden ist (und 2012 zu 5,8% der Krebstodesfälle beitrug), waren die Forscher überrascht, wie hoch diese Zahlen waren.

„Wir empfehlen Ärzten, den Alkoholkonsum in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und Ressourcen bereitzustellen, um bei Personen, die möglicherweise übermäßig trinken, den Konsum zu reduzieren“, erklärt Dr. Nina Niu Sanford von der Abteilung für Radioonkologie des University of Texas Southwestern Medical Center, Abteilung für Radioonkologie. „In der Regel werden Fragen zum Alkoholkonsum nur einmal gestellt, nämlich wenn der Patient erstmals im medizinischen System auftaucht. Die Antwort wird dann als Teil der sozialen Vorgeschichte des Patienten in nachfolgende Berichte übertragen.“

Übermäßiger Alkoholkonsum war in der Studie definiert als mehr als ein alkoholisches Getränk pro Tag bei Frauen und mehr als zwei pro Tag bei Männer. Diese Definition folgt den Empfehlungen der Centers for Diesease Control and Prevention (CDC). Alkoholexzesse werden in derselben Leitlinie definiert als Konsum von ausreichend Alkohol, um den Blutalkoholgehalt auf mindestens 0,08 Prozent zu erhöhen, was im Allgemeinen für Frauen mindestens vier Getränke innerhalb von zwei Stunden und für Männer mindestens fünf Getränke bedeutet. Für diese Studie definierten die Forscher einen Alkoholexzess als den Konsum von mindestens fünf Getränken an einem Tag zu einem beliebigen Zeitpunkt im vorangegangenen Jahr.

Die Autoren stellten fest, dass es derzeit keine Studien gibt, die sicher den Alkoholkonsum in Bezug auf das Krebsrisiko belegen. Es gebe aber Studien, die zeigen, dass das Risiko für Personen, die exzessiv Alkohol trinken, höher ist.

Weitere Untersuchungen der Daten ergaben, dass die Raten von Alkoholexzessen bei jüngeren Krebsüberlebenden viel höher war. Unter den 18- bis 34-Jährigen erfüllten 23,6 Prozent die Kriterien für Alkoholexzesse, während dies bei nur 2,6 Prozent der über 75-Jährigen der Fall war. Ebenso berichteten Überlebende von Krebserkrankungen, die eher mit jüngeren Menschen in Verbindung gebracht werden – wie Gebärmutterhals-, Hoden-, Kopf- und Halskrebs sowie das Melanom – häufiger über Alkoholkonsum über alle Schweregrade hinweg, während Alkoholkonsum bei Überlebenden von Brustkrebs weitaus seltener auftrat. Etwas paradox war der Befund der Forscher, dass eine bessere Einschätzung ihrer Gesundheit durch die Befragten mit einem höheren Alkoholkonsum korrelierte.

„Wir gehen davon aus, dass Personen mit einer Krebsdiagnose, die ihren eigenen Gesundheitszustand als schlecht einschätzen, Personen mit einer persistierenden oder rezidivierenden Erkrankung sind, die sich einer aktiven Behandlung unterziehen oder an anhaltenden Nebenwirkungen einer vorherigen Behandlung leiden und denen man daher vom Alkoholkonsum abgeraten hat oder die sich dafür einfach nicht gut genug fühlen“, erklärt Dr. Brandon A. Mahal vom Dana-Farber Cancer Institute. „Da jedoch anhand der NHIS-Umfrage keine Ursache ermittelt werden kann, könnte eine andere Möglichkeit darin bestehen, dass der Alkoholkonsum die von den Krebspatienten selbst eingeschätzte allgemeine Gesundheit verbessert, obwohl dies unserer Ansicht nach weniger wahrscheinlich ist. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass mehr zum Alkoholkonsum in allen Untergruppen von Krebsüberlebenden geforscht werden muss. Möglicherweise muss hier der Schwerpunkt darauf liegen, den Alkoholkonsum bei denjenigen Patienten zu reduzieren, denen es gut geht und die nach eigenen Angaben exzessiv trinken.“