Studie zur Proteinbiosynthese in Bakterien: Neue Perspektiven für die Antibiotika-Forschung22. Juli 2020 NusG koppelt Transkription und Translation. NusG bindet mit seiner NTD an die RNA-Polymerase und mit seiner CTD an das Ribosom. Es dient somit als flexible Verbindung zwischen den beiden Maschinen. (Grafik: Philipp Zuber) Forscher der Universität Bayreuth und der Columbia University in New York berichten in der Zeitschrift „iScience“ über wegweisende Erkenntnisse zur Proteinbiosynthese in Bakterien. Das kleine Protein NusG verknüpft zwei molekulare Maschinen, die bei der Genexpression, der Herstellung bakterieller Proteine auf der Basis von Erbinformationen, zusammenwirken: die RNA-Polymerase und das Ribosom. Die molekulare Brücke versetzt die Bakterienzelle in die Lage, die zeitlich aufeinander folgenden Abschnitte der Genexpression, die Transkription und die Translation, optimal aufeinander abzustimmen. Sie könnte deshalb ein hervorragend geeigneter Angriffspunkt für künftige antibiotische Wirkstoffe sein. Bei Menschen und Tieren sind die beiden Abschnitte der Genexpression, Translation und Transkription räumlich und biochemisch klar getrennt. In den Zellen von Bakterien sind sie hingegen, wie man schon seit mehr als 50 Jahren weiß, aneinander gekoppelt. Bereits vor zehn Jahren publizierte eine Bayreuther Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Paul Rösch in „Science“ erste Indizien dafür, dass die Kopplung durch das Protein NusG verursacht sein könnte. Doch erst jetzt gelang der Forschungsgruppe von Dr. Stefan H. Knauer in Zusammenarbeit mit Partnern an der Columbia University, New York, der erste, direkte strukturelle Nachweis. NusG besteht aus zwei flexibel verbundenen Bereichen: einer aminoterminalen Domäne (NTD) und einer carboxyterminalen Domäne (CTD). Die CTD bindet an das Ribosom, die NTD an die RNA-Polymerase. Auf diese Weise bildet NusG –eine flexible Brücke zwischen den zentralen Maschinen der Genexpression, ähnlich einer beweglichen Kupplung zwischen Eisenbahnwaggons. Diese Verbindung bewirkt, dass Transkription und Translation zeitlich aufeinander abgestimmt sind. Experimente mit hochauflösender magnetischer Kernresonanz-Spektroskopie (NMR), die am Nordbayerischen NMR-Zentrum der Universität Bayreuth durchgeführt wurden, haben diese Zusammenhänge eindeutig sichtbar gemacht. Philipp Zuber M.Sc. (l.) und Stefan H. Knauer (r.) mit dem hochauflösenden 1-Gigahertz-Spektrometer auf dem Bayreuther Campus. Es ist eines der weltweit leistungsfähigsten Spektrometer für magnetische Kernresonanz (NMR). (Foto: Rainer Hofmann) „Damit eröffnen sich hochinteressante Perspektiven für die Entwicklung antibiotischer Wirkstoffe. Wenn es gelingt, diesen molekularen Brückenbau zu verhindern, könnte die bakterielle Proteinsynthese und damit auch die Vermehrung von Bakterien empfindlich gestört werden – und zwar ohne dass der menschliche Organismus dadurch beeinträchtigt wird. Wir konnten in dieser Hinsicht schon erste vielversprechende Forschungsergebnisse erzielen“, sagt Knauer. „Der Nachweis für die zentrale Rolle von NusG bei der bakteriellen Proteinbiosynthese ist uns vor allem dadurch gelungen, dass wir strukturbiologische, biochemische und molekularbiologische Verfahren miteinander kombiniert haben. Diese interdisziplinäre Herangehensweise wollen wir auch bei der Suche nach effizienten Wirkstoffen weiter verfolgen“, ergänzt Mitautor Philipp Zuber M.Sc., der an der Universität Bayreuth promoviert und hier das Elitestudienprogramm “Macromolecular Science” im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern absolviert hat. Die in „iScience“ veröffentlichte Studie ist hervorgegangen aus einer engen Zusammenarbeit der Bayreuther Forscher mit den Arbeitsgruppen von Prof. Max Gottesman und Prof. Joachim Frank an der Columbia University in New York. Frank erhielt 2017 den Chemie-Nobelpreis für die Weiterentwicklung der Kryoelektronenmikroskopie, einer Forschungstechnologie, die auch bei der neuen Studie zum Einsatz kam. Originalpublikation:Robert S. Washburn et al. Escherichia coli NusG links the lead ribosome with the transcription elongation complex. iScience 2020https://dx.doi.org/10.1016/j.isci.2020.101352
Mehr erfahren zu: "Prothesen durch Gedankenkraft steuern" Prothesen durch Gedankenkraft steuern Forschende des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen konnten zeigen, wie sich das Gehirn anpasst, wenn es motorische Prothesen steuert. Die Erkenntnisse helfen nicht nur, die Entwicklung von Gehirn-Computer-Schnittstellen voranzutreiben, sondern verbessern […]
Mehr erfahren zu: "Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien" Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien Nach der Auflösung des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin, das bis 2024 das Programm koordinierte und redaktionell betreute, war nach einer Möglichkeit gesucht worden, die Arbeit an den […]
Mehr erfahren zu: "Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung" Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung Der Marburger Bund (MB) lehnt die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Arbeitszeitgesetzes entschieden ab. In einem Positionspapier weist er auf bestehende Möglichkeiten hin, schon jetzt flexible Modelle „in ausreichendem Maße“ […]