Synapsen in Haarzellen: „Molekulare Landkarte“ zeigt spezifische Muster

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Göttinger Forschende haben erstmals die Synapsen in Haarzellen auf molekularer Ebene untersucht. Sie konnten zeigen, dass sich Ionenkanäle und weitere synaptische Proteine  in spezifischen Mustern organisieren.

Diese Anordnung sorgt für eine optimierte Weiterleitung der Hörinformationen an das Gehirn. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, Therapien für Hörstörungen mit synaptischer Ursache zu entwickeln. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienen.

Forschende unter Federführung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben erstmals die winzige Struktur von Synapsen zwischen inneren Haarzellen und den Spiralganglionenneuronen untersucht. Die untersuchten Zellen stammten aus dem Innenohr von Mäusen. Mit der von Prof. Stefan Hell und Kollegen entwickelten dreidimensionalen (3D)-Minflux-Nanoskopie konnten Details im Bereich weniger Nanometer sichtbar gemacht werden.

Strukturproteine in Haarzellen organisieren sich in Nanoclustern

Dr. Rohan Kapoor, ehemaliger
Postdoktorand am Institut für
Auditorische Neurowissenschaften
der UMG. Foto: umg/rohan kapoor

Durch eine Optimierung der Probenaufbereitung konnten die Forschenden mit dieser Methode zeigen, dass sich Kalziumkanäle und bestimmte Strukturproteine in den Haarzellen in kleinen Gruppen – Nanocluster – organisieren. Diese ordnen sich in Form von Streifen an. Der Botenstoff wird in winzigen Membranbläschen gelagert, die mit 3D-Nanoskopie an der Synapse dargestellt werden konnten.

„Mit der neuen Probenaufbereitung konnten wir mit Minflux die Architektur der Haarzell-Synapse jetzt in nie dagewesener Detailtiefe sichtbar machen – bis hin zu einzelnen Proteinen und ihren Nanoclustern: Ein methodischer Durchbruch in der Erforschung des Hörens“, betont Rohan Kapoor, Erstautor der Studie und ehemaliger Postdoktorand am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der UMG.

Anordnung ermöglicht hocheffiziente Freisetzung von Botenstoffen

Nach der Freisetzung in den Spalt zwischen Haarsinneszelle und Hörnervenzelle bindet der Botenstoff an die ringförmig angeordneten Rezeptoren der gegenüberliegenden Hörnervenzelle. Diese Ring-Formation erlaubt offenbar ein optimales Aufspüren des freigesetzten Botenstoffes. Mit biophysikalischen Simulationen konnte das Team um Kapoor nachweisen, dass diese Nanocluster-Anordnung eine hohe Effizienz der Botenstofffreisetzung ermöglicht.

„Die organisierte Anordnung der Kalziumkanäle erhöht die Wahrscheinlichkeit der Botenstofffreisetzung. Diese Nanocluster erlauben uns offenbar, Geräusche präzise und schnell wahrnehmen zu können“, fasst Prof. Tobias Moser die Ergebnisse zusammen, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der UMG und Sprecher des Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ (MBExC). „Diese Arbeit liefert die fehlende molekulare Landkarte der Haarzell-Synapse und erklärt, warum sie unser schnellstes und präzisestes Sinnessystem antreibt“, ergänzt Moser.