T-Zellen brauchen gesunde Mitochondrien11. Juli 2023 Bild: © Dr_Microbe – stock.adobe.com Schleichen sich Fehler beim Erbgut der Mitochondrien ein, ist das für die betroffene Zelle oft problematisch, Krankheiten können die Folge sein. Wissenschaftler des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und des Max Delbrück Center haben nun herausgefunden, dass insbesondere die T-Zellen des Immunsystems empfindlich auf diese genetische Störungen reagieren. Patienten mit dem Pearson Syndrom leiden an Blutarmut, da ihr Knochenmark zu wenige rote Blutkörperchen bildet. Auch werden Defekte des Immunsystems vermutet, diese wurden bisher aber nicht genauer untersucht. Grund für all diese Probleme sind Fehler im Erbgut der Mitochondrien, erklärt Dr. Leif S. Ludwig, Leiter der Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe „Stammzelldynamiken und mitochondriale Genomik“ am BIH und Max Delbrück Center. „Das Erbgut der Mitochondrien weist bei diesen Patientinnen und Patienten große Lücken (Deletionen) auf, was zur Folge hat, dass die Zellen nicht genügend Energie für ihre unterschiedlichen Aufgaben haben.“ Mitochondrien in T-Zellen ohne Mutationen Ludwigs Gruppe gehört zum gemeinsamen Forschungsfokus „Single-Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin“, den das BIH in der Charité gemeinsam mit dem Max Delbrück Center und der Charité gegründet hat. Die Wissenschaftler sind spezialisiert auf die Analyse einzelner Zellen und konnten so Blut- und Immunzellen der Patienten genauestens untersuchen. „Dabei konnten wir zeigen, dass die krankmachenden Veränderungen im Erbgut der Mitochondrien nicht in allen Zellen gleichermaßen vorhanden waren“, erklärt der Zellbiologe. „In bestimmten Typen von T-Zellen etwa waren die Mitochondrien fast vollständig mutationsfrei. Das hat uns überrascht.“ Ludwig erklärt sich die Beobachtung so, dass bei der Aktivierung von T-Zellen, ausreichend Energie über die Mitochondrien zur Verfügung gestellt werden muss, damit diese weiter ausreifen können. „Während einer Abwehrreaktion müssen sich die T-Zellen sehr stark vermehren, und wir denken, dass vor allem diese ersten Zellteilungen ohne gesunde Mitochondrien nicht mehr funktionieren.“ Selektion am Werk Interessanterweise sind aber verschiedene Typen von T-Zellen unterschiedlich stark tolerant gegenüber Defekten im mitochondrialen Genom. Krankhafte Mutationen finden sich häufig in CD4+ T-Gedächtniszellen, aber dafür kaum in CD8+ T-Gedächtniszellen. „Wir erklären uns das so, dass CD8+ T-Zellen die Mitochondrien anders nutzen“, sagt Ludwig. „Weil sie dabei auf komplett gesunde Mitochondrien angewiesen sind, sehen wir daher nur CD8+ T-Gedächtniszellen ohne Mutationen. Zellen mit „kranken“ Mitochondrien schaffen es erst gar nicht und werden aussortiert, oder wie wir Zellbiologen sagen: negativ selektiert.“ Worin sich die Mitochondrien unterschiedlicher Zellen genau unterscheiden, wollen die Wissenschaftler nun aktiv weiter untersuchen, da dieses von hoher Relevanz für Patienten mit Erkrankungen der Mitochondrien ist. Die klinische Anwendung seiner Ergebnisse verfolgt Ludwig, dessen Gruppe am Berliner Institut für medizinische Systembiologie des Max Delbrück Center (MDC-BIMSB) angesiedelt ist, unter anderem gemeinsam mit seinen klinischen Partnern an der Charité, unter anderen den Direktoren der Medizinischen Kliniken mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Professor Lars Bullinger am Charité Campus Virchow-Klinikum (CVK) sowie Professor Ulrich Keller am Charité Campus Benjamin Franklin (CBF). „Wie therapeutisch wirksam wir eines Tages die Veränderungen im mitochondrialen Genom mit BaseEditing-Technologien angehen oder gar gesunde Mitochondrien transplantieren können, wissen wir noch nicht“, sagt Ludwig. „Aber wir denken darüber nach.“
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