Tattoos und Hautkrebsrisiko: Neue Registerdaten aus Schweden

Mann mit tätowiertem Oberkörper
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Neue Registerdaten aus Schweden deuten auf ein erhöhtes Melanomrisiko bei tätowierten Personen hin und stützen frühere Hinweise auf ein gesteigertes Haut- und Lymphomrisiko.

Angesichts mangelnder Kenntnisse über die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von Tattoos und der unterforschten Lage untersuchen Forschende der Lund-Universität in Schweden potenzielle Zusammenhänge zwischen Tattoos und Krebs. Mithilfe der Daten von Zwillingspaaren hatten Forschende aus Dänemark bereits Hinweise darauf gefunden, dass Tätowiertinte das Risiko von Haut- und Lymphdrüsenkrebs erhöhen kann (wir berichteten).

Steigende Zahl tätowierter Personen

Etwa 20 Prozent aller Schweden sind tätowiert, bei Frauen unter 40 Jahren über 40 Prozent. Die meisten erhalten das erste Tattoo zwischen 18 und 35 Jahren, einige jünger, was nahezu lebenslange Exposition gegenüber Tätowierfarbe bedeutet. Gleichzeitig ist die Melanom-Inzidenz in den letzten 30 Jahren stark gestiegen, unter anderem durch erhöhte UV-Strahlung.​ „Die gesundheitlichen Langzeiteffekte von Tattoos sind unbekannt. Daher muss geklärt werden, ob Tätowierfarbe mit Hautkrebs assoziiert ist“, so Dr. Christel Nielsen von der Lund-Universität (Schweden).​

Aus dem Nationalen Krebsregister wurden für die Studie 2880 Personen mit Melanomdiagnose im Alter von 20 bis 60 Jahren identifiziert. Jede wurde mit drei Personen gleichen Geschlechts und Alters ohne Melanomdiagnose gematcht. Über Fragebögen erfassten die Forschenden Informationen zu Tattoos, unter Kontrolle von Faktoren wie Sonnenexposition, Solarium-Nutzung und Hauttyp. Dieses Design ermöglichte die Risikoschätzung für Melanom bei Tätowierten im Vergleich zu Nicht-Tätowierten und die Ausschlusssicherung anderer Einflüsse wie Sonnenexposition.​

Erhöhtes relatives Risiko auf Gruppenebene

„Von den Melanom-Patienten waren 22 Prozent tätowiert, gegenüber 20 Prozent in der Kontrollgruppe. Nach Berücksichtigung lifestylebedingter Verzerrungsfaktoren ergab sich ein 29-prozentig erhöhtes relatives Risiko bei Tätowierten“, erläutert Emelie Rietz Liljedahl, Toxikologin an der Lund-Universität. Dies gelte auf Gruppenebene, nicht individuell, so Nielsen. Die Ergebnisse, veröffentlicht im „European Journal of Epidemiology“, deuten darauf hin, dass Tattoos ein Risikofaktor für Melanom sein könnten. Laut Nielsen sind jedoch weitere Studien erforderlich, um eine Kausalität zu belegen.

Bei Injektion der Tätowierfarbe in die Haut erkennt der Körper diese als Fremdsubstanz, was das Immunsystem aktiviert. Die Farbpigmente werden von Immunzellen eingekapselt, fixiert und über Lymphflüssigkeit in die Lymphknoten transportiert. „Azopigmente sind die häufigsten organischen Farbstoffe in Tätowierfarben. Dies birgt ein potenzielles Risiko, da diese in schädliche, krebserregende Chemikalien zerfallen können, insbesondere bei UV-Exposition durch Sonne, Solarien oder Laserbehandlungen“, sagt Rietz Liljedahl.​

Regulierung der Tätowierfarbe

Der Tätowierfarbenmarkt war bis 2022 weitgehend unreguliert; dann trat eine REACH-Erweiterung der EU-Chemikalienverordnung in Kraft mit Konzentrationsgrenzen für Chemikalien. Trotzdem zeigen Marktüberwachungen Überschreitungen toxischer Grenzwerte. „Parallel zur behördlichen Regulierung muss das Potenzial von Tattoos für Erkrankungsrisiken mechanistisch verstanden werden. Epidemiologen identifizieren Populationsmuster; Folgestudien müssen erklären, warum diese entstehen“, so Nielsen.​

Der anhaltende Tattoo-Trend macht die Studienergebnisse aus öffentlicher Gesundheitssicht relevanter denn je. Ergänzt um frühere Befunde zu einem möglichen Tattoo-Lymphom-Link führt die neue Studie zu besserem Verständnis der gesundheitlichen Auswirkungen von Tattoos.​ „Die Ergebnisse deuten auf immunsystemische Prozesse hin, weshalb nun mögliche Zusammenhänge zwischen Tattoo-Exposition und Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis oder Schilddrüsenerkrankungen erforscht werden, bei denen das Immunsystem involviert ist“, schließt Nielsen. (ins)