Tau-Ablagerungen breiten sich über Hirn-Netzwerke aus5. April 2022 Foto: ©iushakovsky – stock.adobe.com Krankhafte Tau-Proteine verteilen sich nicht wahllos im Gehirn. Vielmehr dienen Verbindungen zwischen den Nervenzellen als Ausbreitungsroute für die veränderten Eiweiße. Das zeigen Untersuchungen eines internationalen Forschungsverbunds unter Federführung des LMU Klinikums und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen. Atypische Formen des Parkinsonsyndroms wie die Progressive Supranukleäre Parese (PSP) und das Corticobasale Syndrom (CBS) sind tödlich verlaufende neurodegenerative Erkrankungen. Wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht. Die Krankheiten schreiten typischerweise rasch fort, wobei die Betroffenen zunehmende Beeinträchtigungen der Körper- und Blickmotorik sowie Stürze und Störungen der Hirnleistung zeigen. In Untersuchungen an den Gehirnen verstorbener Patienten zeigte sich nun: In ihren Neuronen breiten sich mit zunehmender Krankheitsschwere krankhafte Tau-Proteine aus und die Nervenzellen sterben ab. „Daher ist es besonders wichtig, zu verstehen, über welche Wege sich die Tau-Eiweiße im Gehirn ausbreiten, um mögliche therapeutische Ansatzpunkte zu identifizieren, die das Fortschreiten der Erkrankung bremsen könnten“, sagt Dr. Nicolai Franzmeier. Um dies zu untersuchen, haben die Forschenden zunächst eine neuartige Bildgebungsmethode namens Tau-PET verwendet. Damit konnten sie Tau-Ablagerungen in den Gehirnen von 46 lebenden Patienten mit PSP und CBS sichtbar machen. „So haben wir gezeigt, dass die Tau-Ablagerungen zuerst im Hirnstamm und in zentralen, für die Motorik relevanten Bereichen des Gehirns – den Basalganglien – auftreten“, sagt Franzmeier. Der Befund bestätigt Untersuchungen an Hirngewebe verstorbener PatientInnen und erklärt vermutlich, warum diese vornehmlich motorisch beeinträchtigt sind. Anschließend kombinierten die Forschenden ihre Untersuchungsmethode mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT). Über die Kombination von tau-PET und fMRT „haben wir erstmals nachgewiesen, dass sich das Tau-Eiweiß bei PSP- und CBS-Patienten vornehmlich entlang vernetzter Hirnregionen ausbreitet“, sagt Franzmeier. Ihre Ergebnisse übertrugen die Forschenden auf Daten von knapp 200 verstorbenen PSP-Patienten, bei denen die Tau-Ablagerungen in den Nervenzellen in mehreren Gehirnregionen nach dem Tod gemessen wurden. Last not least kombinierten die Forschenden diese Daten verstorbener PSP-Patienten mit der fMRT-basierten Netzwerkkarte des Gehirns, um zu untersuchen, ob sich die Ergebnisse aus der Tau-PET-Untersuchung bestätigen würden. „Auch hier“, so Franzmeier, „kann die Vernetzung der Hirnregionen das Muster der Tau-Ablagerungen im Gehirn der Verstorbenen erklären.“ Und weiter: „Gehirnnetzwerke und die Verknüpfungen zwischen Hirnregionen spielen vermutlich eine zentrale Rolle in der Ausbreitung der Tau-Eiweiße bei PSP- und CBS-Patienten.“ Klinisch haben die Ergebnisse für Diagnose und Therapie der Erkrankten derzeit keine Auswirkungen. Doch langfristig wollen die Forschenden ihr Modell auch zur individuellen Vorhersage der Verbreitung der Tau-Pathologie weiterentwickeln, um eine bessere Krankheitsprognose zu ermöglichen.
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