Testosteronbehandlung kann die Psyche beeinflussen5. April 2023 Tobias Jäger (r.) von der Urologischen Praxisklinik (UPK) in Essen ist Vorstandsmitglied der DGMG. Foto: UPK Sowohl die Stimmung als auch die Lebensqualität und das Verhalten von Männern werden von Testosteron beeinflusst. So kann eine Testosteronbehandlung bei hypogonadalen Männern auch positive Auswirkungen auf psychische Aspekte haben, wie ein Review-Artikel zusammenfasst. Wie die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit e. V. (DGMG) in einer aktuellen Mitteilung betont, spielt Testosteron innerhalb des multidimensionalen psychologischen Netzwerks von Stimmung, Verhalten, Selbstwahrnehmung und wahrgenommener Lebensqualität bei Männern eine entscheidende Rolle. Neben den klassischen Formen des Hypogonadismus könnten niedrige Testosteronkonzentrationen bei älteren Männern auch aufgrund eines alters- und komorbiditätsbedingten funktionellen Hypogonadismus auftreten und zu depressiven Symptomen führen. Vielseitiger Einflussfaktor „Die depressiven Krankheitsbilder können von Dysthymie und Müdigkeit über Trägheit und Lustlosigkeit bis hin zu Suizidgedanken reichen“, erläutert Prof. Frank Sommer, Männerarzt und Präsident der DGMG. „Darüber hinaus können auch verschiedene Angstzustände, wie unkonzentrierte Angst, phobische Ängstlichkeit und offene Paniksyndrome, durch Testosteron beeinflusst werden.“ Darüber hinaus sei Testosteron ein vielseitiger Einflussfaktor auf weitere psychologische Eigenschaften, wie die Zusammenfassung von verschiedenen Studien von Prof. Michael Zitzmann vom Universitätsklinikum Münster (Link s.u.) zeige. Dazu zählten die allgemeine Stimmung sowie Veränderungen der Interaktion mit anderen. Auch wenn die vermuteten Zusammenhänge zwischen Testosteron und Angst nicht sehr umfassend untersucht worden sind, zeigen die vorliegenden Studien eine allgemeine Tendenz zur Entwicklung unkonzentrierter Angstzustände bei niedrigen Testosteronkonzentrationen oder eine Korrelation zwischen Testosteron und frei flottierender und phobischer Angst bei Patienten mit sexueller Funktionsstörung. „Auch könnte die Anxiolyse durch Testosteron induziert werden“, so Sommer. „Dafür werden vier Mechanismen vorgeschlagen: Bedrohungsvigilanz, Belohnungsverarbeitung, allgemeine Angstreduktion und Stressresilienz.“ Bezüglich der Aggression zeigt sich, dass der Testosteron-Aggressions-Komplex wahrscheinlich nicht statisch ist, sondern eher als Reaktion auf Reizsignale aus der Umwelt schwankt. Wirkungszusammenhänge einer Testosteronanwendung bei eugonadalen Männern konnten für eine Testosteron-bedingte Steigerung von Wut/Feindseligkeit und verbaler, nicht aber körperliche Aggression und einer Verringerung der Ermüdungsträgheit beschrieben werden. Neben der Zunahme des Selbstwertgefühls stieg die direkte Aggression als Reaktion auf aggressive Provokationen testosteronabhängig an, Reizbarkeit und Durchsetzungsvermögen wurden nicht beeinträchtigt. Generell scheint Testosteron Statuserhalt und soziale Dominanzmotive zu fördern und damit eine wichtige Rolle in sozialen Hierarchien zu spielen. Verbesserte Lebensqualität Insgesamt zeigen die Untersuchungen zum Hypogonadismus und seinen vielfältigen Auswirkungen, dass dieser erhebliche negative Effekte auf die Lebensqualität und die Stimmung der betroffenen Männer haben kann. Die Testosteronsubstitution kann zur Verbesserung dieser Parameter beitragen. Zudem ist es wichtig und Voraussetzung für die Hormonanwendung, dass Komorbiditäten angemessen behandelt werden, um die Lebensqualität und das Wohlbefinden zu verbessern. Dies entspricht auch den aktuellen Leitlinien der europäischen Fachgesellschaften. Ähnliches zum Nutzen einer Testosterongabe gilt laut PD Dr. Tobias Jäger, Männerarzt und DGMG-Vorstandsmitglied, auch bei Depressionen: „Depressionssymptome können bei hypogonadalen Männern den verschiedenen Meta-Analysen zufolge durch eine Testosterontherapie gemildert werden.“ Zwar seien auch hier etablierte antidepressive Therapien, kognitive Verhaltensweisen und psychiatrische Beratungen zu bevorzugen, dennoch könne eine zusätzliche Testosteronsupplementierung das Ergebnis solcher Therapien verbessern, wenn der Patient hypogonadal sei. “Das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Mannes sind wichtige Funktionen des Testosterons. Das heißt, zusammenfassend zeigen die bisherigen Untersuchungen, dass relevante psychische Aspekte und damit die Lebensqualität, aber auch das Verhalten von Männern durch Testosteron beeinflusst werden“, so Jäger. „Daher ist davon auszugehen, dass niedrige Testosteronspiegel aufgrund eines Hypogonadismus erhebliche negative körperliche, aber auch seelische Effekte haben und diese durch eine Testosterontherapie wiederhergestellt werden können.“ (DGMG/ms)
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