Testosteronersatz hilft vermutlich nicht bei sexueller Dysfunktion2. Mai 2024 © STOATPHOTO – stock.adobe.com (Symbolbild) Ein Cochrane-Review hat alle verfügbaren randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) zu der Frage gesichtet, ob eine Testosteronersatztherapie (TRT) bei Männern im mittleren und höheren Alter die sexuelle Funktion verbessern kann. Das Ergebnis ist ernüchternd. Für den Review sichteten 2 Autoren unabhängig voneinander die Literatur, bewerteten das Risiko einer Verzerrung, extrahierten Daten und beurteilten die Evidenzsicherheit (certainty of evidence, CoE). Sie identifizierten 43 Studien mit 11.419 randomisierten Teilnehmern >40 Jahre, die unter Störungen ihrer Sexualfunktion in Form einer verminderten Libido und/oder Erektionsstörungen litten. Ausgeschlossen waren Männer mit primärem oder sekundärem Hypogonadismus. Die Autoren fanden darüber hinaus 4 noch laufende Studien, für 8 weitere fehlten noch entscheidende Informationen. Für den Hauptvergleich von Testosteron (zum Einnehmen, als Gel zum Auftragen auf die Haut, als Pflaster oder als intramuskuläre Injektion) vs. Placebo zeigte sich allenfalls ein geringer, als klinisch unbedeutend eingestufter Effekt von Testosteron auf die Erektionsfähigkeit. Im International Index of Erectile Function (IIEF-EF), der Werte von 6–30 annehmen kann, wobei größere Werte eine bessere Erektionsfähigkeit widerspiegeln, ergab sich eine mittlere Differenz (MD) von 2,37 (95%-KI 1,67–3,08; I²=0%; 6 RCTs, 2016 Teilnehmer; moderate CoE). Als minimalen klinisch bedeutsamen Unterschied (MCID) hatte das Cochrane-Team eine MD von ≥4 festgelegt. Des Weiteren führt eine TRT laut dem Review wahrscheinlich zu einer geringen bis gar keiner Veränderung der sexuellen Lebensqualität, bewertet mit der Skala für Symptome alternder Männer, die Werte zwischen 17 und 85 annehmen kann, wobei größere Werte eine schlechtere sexuelle Lebensqualität anzeigen. Das Cochrane-Team ging von einer MCID ≥10 aus und fand eine MD von −2,31 (95%-KI −3,63 bis −1,00; I²=0%; 5 RCTs, 1030 Teilnehmer; moderate CoE). Immerhin traten im untersuchten Zeitraum von 3–12 Monaten unter TRT tödliche Herz-Kreislauf-Ereignisse nicht häufiger auf (Risikoverhältnis 0,83; 95%-KI 0,21–3,26; I²=0%; 10 RCTs, 3525 Teilnehmer; moderate CoE). TRT führt wahrscheinlich auch zu kaum oder gar keinem Unterschied beim Behandlungsabbruch aufgrund unerwünschter Ereignisse, prostatabedingter Beschwerden oder Symptomen des unteren Harntraktes (LUTS). „Sehr unsicher“ sind die Daten aus Sicht der Cochrane-Forscher, was die langfristigen Auswirkungen der TRT (>12 Monate) betrifft. Es gab nur 1 Studie mit 42 Teilnehmern, in der sich eine MD im IIEF-EF von 4,20 ergab (95% KI −2,03 bis 10,43), allerdings mit sehr niedriger CoE. Sie fanden keine Studien, die in diesem langen Zeitraum über sexuelle Lebensqualität oder kardiovaskuläre Mortalität, über Behandlungsabbrüche aufgrund unerwünschter Ereignisse, prostatabezogene Ereignisse oder LUTS berichteten. Es bestehen daher nach Ansicht der Cochrane-Wissenschaftler erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Langzeitrisiken. Fazit Kurzfristig hat die TRT im Vergleich zu einem Placebo wahrscheinlich wenig bis gar keine Auswirkungen auf die erektile Funktion, die sexuelle Lebensqualität oder die kardiovaskuläre Mortalität. Sie führt wahrscheinlich zu einem geringen bis gar keinem Unterschied bei Behandlungsabbrüchen aufgrund von unerwünschten Ereignissen, prostatabezogenen Ereignissen oder LUTS. Langfristig sind die Auswirkungen von TRT auf die erektile Funktion im Vergleich zu Placebo sehr unsicher; Daten zu den Auswirkungen auf die sexuelle Lebensqualität oder die kardiovaskuläre Mortalität wurden nicht gefunden. Die Ergebnisse der Übersichtsarbeit sollten als Grundlage für künftige Leitlinien und die klinische Entscheidungsfindung am Ort der Behandlung dienen. (ms) Autoren: Lee H et al. Korrespondenz: Jae Hung Jung, [email protected] Studie: Testosterone replacement in men with sexual dysfunction Quelle: Cochrane Database Syst Rev 2024 Jan 15;1(1):CD013071; Cochrane Deutschland, 25.01.2024 Web: https://doi.org/10.1002/14651858.CD013071.pub2
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