Testphase der elektronischen Patientenakte beginnt: „Medizin wie man sie sich noch nicht vorstellen kann“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum Start der Pilotphase der e-PA in einer Kölner Arztpraxis. Praxisinhaber Oliver Pottkämper (l.) und Gematik-Geschäftsführer Florian Fuhrmann (r.) (Foto: hr)

Knapp eine Woche vor dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) in Modellregionen hob Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach in einer Kölner Arztpraxis hervor, dass die ePA sicher vor Hackern sei und enorme Vorteile für Patienten biete.

„Es ist das größte Digitalisierungsprojekt, das in Deutschland je gemacht wurde, und die Pilotphase beginnt fristgerecht am 15. Januar“, betonte Lauterbach in dem mit Medienvertretern prall gefüllten Wartezimmer der Arztpraxis. Fast euphorisch betonte der Minister die Vorzüge, des von ihm vorangetriebenen Projektes der ePA, die eine Medizin zur Folge haben werde, „wie man sie sich noch nicht vorstellen kann“.

Sicher vor Hackern

„Die Daten der Patienten sind sicher vor Hackern, es sind die sichersten Daten im Gesundheitssystem überhaupt“, betonte Lauterbach entgegen noch bestehender Sicherheitsbedenken. Er stehe mit dem Chaos-Computer-Club im Austausch, man habe in jede Richtung getestet und löse alle Sicherheitsprobleme, versprach Lauterbach. „Es sind nur noch Kleinigkeiten, die gelöst werden müssen.“ Die ePA werde nicht ans Netz gehen, wenn es ein Restrisiko durch Hacker geben sollte, betonte der SPD-Minister.

Mehr als 10.000 Menschen hätten in der letzten Phase an dem System programmiert, das einzigartig sei. „Der Sicherheitsstandard ist der höchste, der überhaupt möglich ist“, ergänzte Gematik-Geschäftsführer Dr. Florian Fuhrmann. Man habe für die Modellregionen ein spezielles Maßnahmenpaket vorbereitet und arbeite weiter an dem Paket für den bundesweiten „Roll-out“ der ePA, der nach einer vierwöchigen Pilotphase und deren Auswertung in Nordrhein-Westfalen, Franken und Hamburg zwischen Februar und April stattfinden soll.

Retten von Menschenleben

„Schon mit der Einführung der elektronischen Patientenakte werden wir Zehntausenden Menschen das Leben retten“, zeigte sich Lauterbach überzeugt. „Sie bringt den Patienten enorme Vorteile.“ Den Ärzten lägen nun erstmals alle relevanten Behandlungsdaten vollständig vor, insbesondere auch der aktuelle Medikationsplan, sodass Patienten eine bessere Behandlung auch ohne medikamentöse Kontraindikationen erhielten.

„Das zersplitterte System von Daten aus Kliniken, unterschiedlichen Praxen und Ärzten hat Datenlücken produziert“, so der Minister. Diese seien Grund für die geringeren Überlebensquoten bei komplizierten Krankheitsfällen wie zum Beispiel von Krebspatienten. Mit der ePA würden sich diese in Deutschland zu ähnlichen Quoten wie in Skandinavien verbessern.

Weniger Praxisbesuche nötig

„Bei leichten Erkrankungen müssen Patienten ihre Wohnung nicht mehr verlassen“, sagte Lauterbauch. „Der Patient ruft beim Arzt an. Dieser schaut in die elektronische Patientenakte und kann schnell entscheiden, ob ein Praxisbesuch notwendig ist. Das elektronische Rezept geht dann direkt in die Apotheke und diese liefert die Medikamente nach Hause. Das ist eine Revolution“, befand Lauterbach. Komplett überfüllte Praxen – gerade zu Wochenbeginn –könnten somit der Vergangenheit angehören.

Transparenz und mündige Patienten

Laut Lauterbach können Patienten über die App der ePA nachverfolgen, was die Ärzte wie über die letzten fünf Jahre hinweg abgerechnet haben. „Zudem kann der Patient mehr über seine Krankheiten erfahren, was ihn zu einem neuen und mündigen Patienten macht“, erklärte der Minister. Durch die Unterstützung mit Künstlicher Intelligenz führe das zu einer Medizin, „die man sich so noch nicht vorstellen kann“.

Forschungsdaten von „unschätzbarem Wert“

Dem Gesundheitsminister zufolge liefert die ePA zudem Daten für die Forschung von „unschätzbarem Wert“, wenn diese von den Patienten freigegeben werden. Diese Daten seien repräsentativ für die gesamte Bevölkerung. „Umfang und Qualität dieser Datensätze sind weltweit einmalig und sie sind vom großen Wert für die Erforschung bisher noch unheilbarer Krankheiten“, betonte Lauterbach.

Technikaffine Ärzte im Vorteil

Lauterbach sagte, dass man wahrscheinlich keine bessere Praxis für die Vorstellung der ePA habe finden können als diese in Köln. Denn sie sei vollständig digitalisiert und nutze bereites die ePA. „Das wollen wir in der Zukunft so sehen“, sagte Lauterbach.

„Ich freue mich an der Testphase teilzunehmen, denn es ist nicht nur spannend, sondern ich glaube auch an die vielen Vorteile der elektronischen Patientenakte“, ergänzte Praxisinhaber Oliver Pottkämper. Er sei voll technikaffin und habe keine Scheu davor, Neues auszuprobieren, könne aber auch die Bedenken von Kollegen verstehen, die nicht so technikaffin seien. Technische Fragen in seiner Praxis würden mithilfe der qualifizierten Mitarbeiter der Praxissoftware immer schnell gelöst.

„Ich kann mir vorstellen, dass wir zu Beginn mehr mit unseren Patienten über die elektronische Patientenakte werden kommunizieren müssen. Bei den jüngeren Patienten sehe ich aber eigentlich keine Probleme, sie werden sich sicher schnell mit der ePA arrangieren“, so Pottkämper. Um nicht direkt mit dem Einpflegen von Patientendaten überfordert zu werden, werde man zu Beginn nur wirklich relevante Befunde der Patienten in die Akte eintragen. „Letztendlich bin ich zuversichtlich, dass die elektronische Patientenakte aber genauso gut wird, wie das E-Rezept und die elektronische Krankschreibung dies bereits sind“, so der Allgemeinmediziner. (hr)