Theragnostik beim SCLC: Tumorgewebe mit neuem Radiopharmazeutikum darstellen und zerstören22. Mai 2024 Die Zubereitung des Radiopharmakons im Radiopharmazeutischen Labor der Universitätsklinik für Nuklearmedizin erfolgt nach anerkannten pharmazeutischen Regeln und unter Beachtung der Strahlenschutzauflagen. (Foto: © MUI/ David Bullock) Österreichische Forschende haben ein neues Radiopharmazeutikum entwickelt, mit dem Tumoren besser und damit früher erkannt und schließlich gezielt behandelt werden können. Die an der Universitätsklinik für Nuklearmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck erarbeitete innovative Technologie folgt dem Ansatz der Theragnostik, in dem Diagnostik und zielgerichtete Therapie eng verknüpft sind. Mit einem US-Industriepartner soll die Technologie nun für den klinischen Einsatz weiterentwickelt werden. Die Mitarbeiter der Innsbrucker Universitätsklinik für Nuklearmedizin (Direktorin: Irene Virgolini) haben die neue radioaktiv markierte Substanz nun erstmals bei einer Patientin für die Diagnose des Kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLC) eingesetzt. Das neue Radiopharmakon ([68Ga]Ga-DOTA-MGS5) wird derzeit in der Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) verwendet. Die Substanz zeigt aber auch vielversprechendes Potenzial für die Therapie dieses schnell wachsenden Tumors, der zehn bis fünfzehn Prozent der Lungenkrebsfälle ausmacht.* Nun wird das Radiopharmakon im Rahmen einer Lizenzvereinbarung mit dem US-Unternehmen Evergreen Theragnostics für die klinische Anwendung weiterentwickelt. Die entsprechenden Lizenzverhandlungen wurden von der Firma Ascenion GmbH als Technologietransferpartner der Medizinischen Universität Innsbruck unterstützt. Der Tumor wird gezielt bestrahlt Bei der neuen, von der Radiopharmazeutin Elisabeth von Guggenberg im Rahmen eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projektes entwickelten Technologie handelt es sich um ein mit dem Radionuklid Gallium-68 markiertes Molekül, das spezifisch an den Cholecystokinin-2-Rezeptor bindet. „Das neu entwickelte Medikament kann bei verschiedenen Tumoren eingesetzt werden, die diesen Rezeptor aufweisen”, erläutert Guggenberg. „Beim Kleinzelligen Lungenkarzinom ist dies mit einer Häufigkeit von mehr als 50 Prozent der Fall. Über den Rezeptor – einer Eiweißstruktur, die auf der Zelloberfläche sitzt – wird das Medikament ins Innere der Krebszelle eingeschleust. Dadurch kann zum einen das Tumorgewebe bildgebend dargestellt werden, die Tumorzellen können aber auch gezielt und unter Schonung des gesunden Gewebes mit radioaktiver Strahlung zerstört werden“, beschreibt Guggenberg die therapeutische Relevanz. Die Erkenntnisse wurden kürzlich im „European Journal of Nuclear Medicine and Medical Imaging” veröffentlicht und darüber hinaus auch als „Image of the Month“ hervorgehoben. Dies unterstreiche das große Potenzial dieses neuen Ansatzes, betont die Medizinische Universität Innsbruck in einer Mitteilung. Das Verfahren soll in absehbarer Zeit im Rahmen einer klinischen Studie bei Patienten mit SCLC geprüft werden. „Unsere Forschung stellt einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der Onkologie dar”, erklärt Irene Virgolini, Direktorin der Universitätsklinik für Nuklearmedizin und Expertin in der klinischen Anwendung radioaktiv markierter Peptide zur Diagnose und Therapie. „Mit der klinischen Umsetzung des molekularen Bildgebungsansatzes unter Verwendung des 68Ga-markierten Peptides für die PET/CT-Bildgebung konnten wir den Nachweis der verbesserten Visualisierung des Tumors erbringen und damit auch die Grundlage für die Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie mit therapeutischen Radionukliden schaffen.” Innsbrucker Expertise An der Entwicklung diagnostisch als auch therapeutisch einsetzbarer Radiopharmaka wird bereits seit vielen Jahren intensiv geforscht. Besonders in den vergangenen Jahren kam es zu neuen Entwicklungen mit hohem Innovationspotenzial. Auch die Gruppe der Radiopharmazie in Innsbruck verfügt über langjährige Erfahrung in der präklinischen Entwicklung radioaktiv markierter Peptidanaloga für nuklearmedizinische Anwendungen. Der neue PET-Tracer zur Visualisierung des Cholecystokinin-2 Rezeptors wurde an der Innsbrucker Nuklearmedizin auch bereits bei Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom und anderen neuroendokrinen Tumoren in einer klinischen Studie erprobt. Die Zusammenarbeit zwischen der Medizinischen Universität Innsbruck und Evergreen Theragnostics in den USA, die die Technologie der Medizinischen Universität Innsbruck lizenziert hat, beschreibt Virgolini als „wichtigen Meilenstein bei der Umsetzung von Spitzenforschung in konkrete klinische Lösungen”. * Lungenkrebs ist die zweithäufigste Krebsart weltweit (Cancer.Net). In den USA wird erwartet, dass im Jahr 2024 etwa 234.580 neue Lungenkrebsfälle diagnostiziert werden (American Cancer Society), wobei das SCLC geschlechterabhängig 13 bis 14 Prozent dieser Fälle ausmacht (Cancer.Net). Dies entspricht 31.678 neuen SCLC-Fällen. Europa (EU-27) verzeichnete im Jahr 2020 ingesamt 318.327 neue Lungenkrebsfälle (ECIS – European Cancer Information System), woraus sich eine geschätzte Zahl von 43.435 SCLC-Fällen ergibt. Im Jahr 2022 erkrankten in Österreich 2901 Männer und 2302 Frauen an einem bösartigen Tumor der Lunge (Österreichische Krebshilfe). Mit einer geschlechterabhängigen Häufigkeit von 12.6-13.5% der Lungenkarzinome betreffen 580 dieser Fälle das SCLC (Statistik Austria).
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