Therapeutische Zielscheiben für tödlichen Lungenkrebs identifziert

Studienautoren Reuben Shaw and Pablo Hollstein. (Foto: © Salk Institute)

Bei der überwiegenden Mehrheit der Fälle von tödlichem Lungenkrebs (85%) handelt es sich um nicht kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC). Diese Form enthält häufig ein mutiertes Gen namens LKB1. Forscher des Salk Institute haben jetzt genau herausgefunden, warum inaktives LKB1 zur Krebsentstehung führt. Die überraschenden Ergebnisse zeigen, wie LBK1 mit zwei Enzymen kommuniziert, die Entzündungen und Zellwachstum unterdrücken, um das Tumorwachstum zu hemmen. Die Ergebnisse könnten zu neuen Therapien beim NSCLC führen.


„Zum ersten Mal haben wir spezifische direkte Ziele für LKB1 gefunden, die Lungenkrebs vorbeugen, und – sehr überraschend – entdeckt, dass Entzündungen eine Rolle bei diesem Tumorwachstum spielen“, sagt Prof. Reuben Shaw, Direktor des Salk Cancer Center und Hauptautor der Arbeit. „Mit diesem Wissen können wir hoffentlich neue Therapien für diesen großen Anteil von Lungenkrebspatienten entwickeln.“

Wenn LKB1 normal funktioniert, wirkt es als Tumorsuppressor und verhindert aktiv die Entstehung von Krebs. Wissenschaftler wussten bereits, dass das LKB1-Gen wie der Kapitän eines Staffel-Teams funktioniert und zelluläre Signale wie einen Staffelstab an Kinasen weiterleitet, die dann wiederum das Signal in einer Kettenreaktion an andere Enzyme weitergeben. LKB1 fungiert dabei als Kapitän eines Teams aus 14 verschiedenen Kinasen. Aber welche dieser Kinasen spezifisch für die Wahrnehmung der tumorsuppressiven Funktion von LKB1 verantwortlich ist, ist seit mehr als 15 Jahren unklar, seit LKB1 erstmals als ein Hauptgen identifiziert wurde, das bei Lungenkrebs gestört ist.

Im Jahr 2018 löste das Shaw-Labor das erste Rätsel in diesem molekularen Krimi, indem es zeigte, dass zwei der 14 Kollegen aus dem Staffel-Team (von dem man weiß, dass die wichtigsten Enzyme Stoffwechsel und Wachstum steuern) für die Wirkung von LKB1 bei der Hemmung von Lungenkrebs überraschenderweise nicht so wichtig waren, wie die meisten Wissenschaftler angenommen hatten. Das ließ 12 ihrer Kinase-Teamkollegen als potenziell wichtig erscheinen, aber über sie war fast nichts bekannt.

„Dies war wie ein onkologischer Kriminalfall. Wir vermuteten, dass eine dieser 12 Kinasen wahrscheinlich der Schlüssel für die tumorhemmende Wirkung von LKB1 war, waren uns aber nicht sicher, welche“, sagt Pablo Hollstein, Erstautor des Arbeit und Postdoc-Stipendiat am Salk Cancer Center.

Um dies herauszufinden, setzte das Team die CRISPR-Technologie in Kombination mit der genetischen Analyse ein, um jede unter Verdacht stehende Kinase einzeln und anschließend in Kombinationen zu inaktivieren. Sie beobachteten, wie die Inaktivierungen das Tumorwachstum und die Tumorentwicklung sowohl in Zellkulturen von NSCLC-Zellen als auch in einem genetischen NSCLC-Mausmodell beeinflussten.

Die Experimente wiesen die Forscher auf zwei Kinasen hin: Eine mit der Bezeichnung SIK1 bewirkte am stärksten, dass sich keine Tumore bildeten. Wenn SIK1 inaktiviert wurde, erhöhte sich das Tumorwachstum; und als eine verwandte Kinase, SIK3, ebenfalls inaktiviert wurde, wuchs der Tumor noch aggressiver.

„Die Entdeckung, dass es von den 14 Kinasen SIK1 und SIK3 waren, die die wichtigsten Spieler darstellen, war wie die Entdeckung, dass der relativ unbekannte Ersatz-Quarterback, der fast nie spielt, tatsächlich einer der wichtigsten Quarterbacks in der Geschichte des Sports ist“, sagt Shaw.

Es ist auch bekannt, dass LKB1 eine Rolle bei der Unterdrückung von Entzündungen in Zellen im Allgemeinen spielt. Daher waren die Forscher fasziniert, als sie entdeckten, dass SIK1 und SIK3 spezifisch die zelluläre Entzündungsreaktion in Lungenkrebszellen hemmen. Wenn daher LKB1 oder SIK1 und SIK3 in Tumoren mutieren, nimmt die Entzündung zu, was das Tumorwachstum antreibt.

In einem ähnlichen Zusammenhang veröffentlichte Salk-Professor Marc Montminy kürzlich gemeinsam mit Shaw eine Arbeit, in der er die Stoffwechselschalter identifizierte, an die SIK1 und SIK3 den Staffelstab übergeben, und drei Schritte des von LKB1 gestarteten Staffellaufes enthüllte.

„Indem wir das Problem Lungenkrebs aus verschiedenen Blickwinkeln angreifen, haben wir jetzt einen einzigen direkten Weg definiert, der die Entwicklung der Krankheit bei vielen Patienten unterstützt“, sagt Shaw. „Wir haben an diesem Projekt gearbeitet, seit ich 2006 mit meinem Labor angefangen habe. Es ist unglaublich lohnend und erstaunlich festzustellen, dass Entzündungen bei der Tumorentstehung in dieser sehr klar definierten Gruppe von Lungenkrebsarten eine treibende Kraft darstellen. Diese Entdeckung unterstreicht die Natur wissenschaftlicher Forschung und wie wichtig es ist, schwierige und komplizierte Probleme zu lösen, auch wenn es mehr als zehn Jahre dauert, bis eine Antwort vorliegt.“

Als nächstes wollen die Forscher weiter untersuchen, wie diese Kinase-getriebenen Entzündungsschalter das Wachstum von Lungentumoren bei NSCLC auslösen.