Therapierefraktäre Synovitis – Oder doch nur das falsche Medikament?

Abb. 1: Medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis 2022 (Quelle: Rubbert-Roth)

In der vorliegenden Arbeit gibt die Autorin einen Überblick zu therapeutischen Empfehlungen bei Rheumatoider Arthritis beziehungsweise refraktärer Rheumatoider Arthritis.

Das Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) hat sich in den letzten Jahren deutlich erweitert (Abb. 1). Die medikamentöse Therapie erfolgt in der Regel gemäß nationalen und internationalen Empfehlungen, wobei weiterhin der Therapiebeginn mit Methotrexat (MTX), zumeist in Kombination mit Steroiden, als Standard angesehen werden kann, zumindest wenn keine Kontraindikationen gegen MTX bestehen (Abb. 2) [1,2]. Basierend auf klinischen Studien ist jedoch davon auszugehen, dass, je nach Selektion der Patienten, es nur bei 30 bis 50 Prozent der Patienten zu einer langfristigen Remission unter MTX-Monotherapie kommt. Eine lang­fristige Steroidtherapie sollte, auch gemäß EULAR-Empfehlungen, unbedingt vermieden werden. Die ameri­kanischen (ACR) Therapieempfeh­lungen sprechen sich sehr restriktiv gegen Steroide aus, bei den EULAR-Empfehlungen wird der Stellenwert von Steroiden insbesondere in der Initialtherapie oder aber als Brücken­therapie beim Wechsel von einem DMARD auf ein anderes Basistherapeutikum gesehen [3].

Abb. 2: Empfehlungen der EULAR 2019 für die medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis (Phase I und II). (Quelle: Rubbert-Roth)

In den letzten Jahren hat sich der Begriff der „refraktären Rheumatoiden Arthritis“ etabliert, als solche müssen circa 20 Prozent aller RA-Patienten angesehen werden. Laut einer EULAR-Initiative wird dann von einer ­„difficult-to-treat“ (D2T) RA gesprochen, wenn Patienten gemäß den EULAR-Empfehlungen behandelt wurden und auf mindestens zwei Biologika beziehungsweise JAK-Inhibi­toren mit unterschiedlichem Wirk­mechanismus sowie auf ein zuvor eingesetztes konventionelles DMARD nicht angesprochen haben. Zum anderen wird gefordert, dass diese Patienten zumindest eines der folgenden Kriterien erfüllen: moderate Krankheitsaktivität, Zeichen beziehungsweise Symptome einer aktiven Erkrankung, eine RA-Symptomatik, die mit der Lebensqualität interferiert, die Unfähigkeit einer Steroidreduktion oder eine rasche radiographische Progression. Im Weiteren sollte das Management der Krankheitsmanifestationen von Patient und Rheumato­loge als schwierig wahrgenommen werden. Risikofaktoren für die Entwicklung einer D2T-RA sind eine zeitliche Verzögerung vor der ersten DMARD-Therapie, eine hohe Krankheitsaktivität und Funktionseinschränkung zu Beginn, das weibliche Geschlecht, Rauchen, Übergewicht und ein niedrigerer sozioökonomischer Status [4]. Letztlich ist jedoch die Pathophysiologie, die einer D2T-RA zugrunde liegt, noch nicht ausreichend verstanden. Die aktuellen Daten sind nicht ausreichend, um eine personalisierte Reihenfolge individueller Basistherapeutika pathophysiologisch zu begründen. Es wäre zu wünschen, wenn für diese Patientengruppe spezifische Studienangebote zu neuen ­Therapiekonzepten zur Verfügung ­stehen würden.

Eine personalisierte Therapie der RA könnte bedeuten, dass Patienten mit einem hohen Risiko für einen ungünstigen Verlauf frühzeitig mit einem Biologikum oder JAK-Inhibitor behandelt werden würden, idealer­weise könnten Biomarker die Auswahl eines Therapeutikums erleichtern. Wir kennen heute die Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf: Dazu gehören neben erhöhten Entzündungsparametern auch das Vorliegen von Erosionen, das Ver­sagen auf mehr als zwei konventionelle DMARDs und der Nachweis von ACPA beziehungsweise Rheumafaktoren. Seropositive Patienten scheinen auf bestimmte Biologika besser anzusprechen. Bereits vor Jahren konnte eine Posthoc-Auswertung der AMPLE­-Studie (Vergleich Abatacept mit Adalimumab bei RA-Patienten mit aktiver Erkrankung trotz MTX) zeigen, dass bei Patienten mit sehr hohen CCP-Titern Abatacept hinsichtlich seiner Effektivität Adalimumab überlegen war [5]. 2021 wurde die „Early Ample“-Studie publiziert, in der 79 Patienten mit früher RA (Rheumafaktor und ACPA positiv) und aktiver Erkrankung trotz MTX eingeschlossen und auf entweder Abatacept oder Adalimumab randomisiert wurden. Die Studie ergab, dass ein signifikant höherer Anteil von Patienten nach 24 Wochen ein Ansprechen gemäß ACR20, 50 oder 70 unter Abatacept im Vergleich zu Adalimumab zeigte. Einschränkend muss gesagt werden, dass die Gesamtzahl der Patien­ten insgesamt sehr gering war, die Ergebnisse müssen in einer größeren Studie verifiziert werden [6].

Die Frage, ob eine Synovialisbiopsie bei der Auswahl einer Biologikatherapie hilfreich sein könnte, wird weiterhin intensiv diskutiert. Bereits 2019 wurden erste Daten publiziert, die mithilfe einer ultrasonographisch gesteuerten Synovialisbiopsie eine Unterteilung von RA-Patienten in verschiedene histologische und immunhistochemisch definierte Subtypen vornehmen konnten. Dabei wurden drei Subtypen unterschieden: ein lympoid-myeloider Subtyp mit reichlich B-Zellen, ein diffus-myeloider Subtyp mit vorwiegend myeloischen Zellen und wenigen B-Zellen sowie ein pauci­-immuner Subtyp mit vorwiegend Stromazellen. Die Patienten mit einer B-zellreichen Synovitis hatten eine signifikant höhere Krankheits­aktivität, höhere serologische Entzündungszeichen, waren Autoantikörper positiv, hatten einen höheren Synovitisscore im Vergleich zu den Patienten mit einer B-zellarmen Synovitis und eine signifikant raschere radiographische Progression [7]. Ob eine Synovialisbiopsie auch dazu beitragen kann, nach Versagen einer TNF-Blocker­therapie die Auswahl des nächsten Biologikums zu optimieren, wurde in einer kürzlich publizierten Studie untersucht.

Die R4RA-Studie ist eine multi­zentrische Phase-IV-Studie über 48 Wochen, die in 19 europäischen Zentren durchgeführt wurde [8]. Dabei wurden Patienten mit Versagen beziehungsweise Intoleranz von csDMARDs und einer Vortherapie mit mindestens einem TNF-Blocker eingeschlossen und erhielten eine ultrasonographisch gesteuerte Synovialbiopsie. 164 Patien­ten wurden danach randomisiert auf entweder Rituximab oder Tocilizumab. Der primäre Endpunkt war eine 50-prozentige Verbesserung im CDAI. Bei den Patienten, die histologisch als B-zellarm klassifiziert wurden, fand sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen beiden Therapiearmen bezüglich des Anteils der Patienten, die eine 50-prozentige Verbesserung des CDAI erreichten, auch wenn numerisch der Anteil der Patienten mit einer 50-prozentigen CDAI-Verbesserung höher unter Tocilizumab war. Zusätzlich erfolgte eine RNA-Expressionsanalyse des Synovia­lisgewebes und die Patienten wurden nochmals in B-zellarm oder B-zellreich klassifiziert. Interessanterweise war diese Methodik deutlich prädik­tiver im Vergleich zur alleinigen histologischen Klassifikation. So zeigten sich signifikant höhere Ansprechraten in der B-zellarmen Subpopulation mit Tocilizumab (20/32; 63 %) im Vergleich zu Rituximab (12/33; 36 %; p = 0,035).

Zusammenfassend zeigt sich also, dass eine Stratifizierung von Patienten basierend auf einem RNA-Genexpressionsmuster in der Synovialis das klinische Ansprechen besser vorhersagen kann als eine alleinige histopathologische Klassifikation. Damit stellt die Synovialisbopsie in der täglichen Praxis ein zwar interessantes, aber noch nicht abschließend evaluiertes diagnostisches Instrument dar. Voraussetzung wäre neben dem Vorhandensein der technischen Modalitäten auch der Zugang zu einer Pathologie, die neben immunhistochemischen Untersuchungen auch RNA-Expressionsanalysen durchführen könnte. Spannend wäre zu wissen, inwieweit auch bei anderen Therapiealternativen wie Abatacept oder JAK-Inhibitoren die Aufarbeitung des synovialen Gewebes dazu beitragen kann, die Wahrscheinlichkeit eines guten Ansprechens vorherzusagen.

Literatur:
1. Smolen JS, Landewe RBM, Bijlsma JWJ et al. EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modi­fying antirheumatic drugs: 2019 update. Ann Rheum Dis 2020;0:1–15.
2. Fiehn C, Holle J, Iking-Konert C et al. S2e guideline: treatment of rheumatoid arthritis with disease-modifying drugs. Z Rheumatol 2018 Aug;77(Suppl 2):35–53.
3. Fraenkel L, Bathon JM, England BR et al. 2021 American College of Rheumatology guideline for the treatment of rheuma­toid arthritis. Arthritis Care Res 2021, doi10.1002/acr.24596
4. Nagy G, Roodenrijs NMT, Welsing PMJ et al. EULAR definition of difficult- to-treat rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis 2021;80:31–35.
5. Schiff M, Weinblatt ME, Valente R et al. Head-to-head comparison of subcutaneous abatacept versus adalimumab for rheumatoid arthritis: two-year efficacy and safety findings from AMPLE trial. Ann Rheum Dis 2014;73:86–94.
6. Rigby W, Buckner JH, Bridges SL et al. HLA-DRB1 risk alleles for RA are associated with differential clinical responsiveness to abatacept and adalimumab; data from a head-to-head, randomized, single­-blind study in autoantibody-positive early RA. Arthritis Res Ther 2021;23:245–258.
6. Humby F, Lewis M, Ramamoorthi N et al. Synovial cellular and molecular signatures stratify clinical response to csDMARD therapy and predict radiographic progression in early rheumatoid arthritis patients. Ann Rheum Dis 2019;78:761–772.
7. Humby F, Durez P, Buch MH et al. Rituximab versus tocilizumab in anti-TNF inadequate responder patients with rheumatoid arthritis (R4RA): 16-week out­comes of a stratified, biopsy-driven, multicentre, open-label, phase 4 randomised controlled trial. Lancet 2021;397:305–317.

Autorin: Prof. Andrea Rubbert-Roth
Klinik für Rheumatologie, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Str. 95
9007 St. Gallen, Schweiz