Tiefe Hirnstimulation bei Parkinson: Neue Software erleichtert Einstellung23. Januar 2023 Die Positionen der Elektroden wurden auf Basis individueller radiologischer Bilddaten ermittelt. Die neu entwickelte Software nutzt diese Informationen, um Vorschläge für effektive Stimulationseinstellungen zu berechnen. (Quelle: Jan Roediger/Charité) Ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat eine Software entwickelt, die die Einstellung der Stimulationsparameter bei der Tiefen Hirnstimulation effizienter machen könnte. Für die Therapieform der Tiefen Hirnstimulation (THS) werden Parkinson-Patienten während eines operativen Eingriffs zwei feine Elektroden ins Gehirn implantiert. Sie geben schwache, kurze elektrische Impulse ab und stimulieren so gezielt und stetig die jeweiligen Hirnregionen. Dafür sind sie über Kabel, die unter der Haut verlaufen, an einen Schrittmacher im Brustraum angeschlossen, über den eine Vielzahl unterschiedlicher Stimulationsparameter eingestellt und individuell an die Symptomatik der Parkinson-Erkrankten angepasst werden können. Drei Monate nach der Operation wird bei den Patienten während eines mehrtägigen Klinikaufenthaltes in einem THS-Zentrum die für sie bestmögliche Einstellung ausgetestet. „Die Anpassung der Stimulation erfolgt auf unserer Spezialstation für Bewegungsstörungen durch systematische Testung der Effekte und Nebenwirkungen bei Stimulation der verschiedenen Elektrodenkontakte“, erkärt Prof. Andrea Kühn, Leiterin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité. „Um diesen Prozess künftig effizienter und letztlich auch für die Patientinnen und Patienten angenehmer gestalten zu können, haben wir die Software StimFit entwickelt“, ergänzt Jan Roediger, ebenfalls von der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie und Erstautor der Studie. Die Software berechnet auf Basis radiologischer Bilddaten des Gehirns der Patienten Vorschläge für eine individuelle Stimulationseinstellung, die zu einer Verbesserung der Symptome führen soll. Zu den wichtigsten Parametern, die dabei berücksichtigt werden, gehört die Stromstärke sowie die genaue Positionierung der stimuliabgebenden Bereiche der Elektroden. „Um die genaue Lage der Elektroden im Gehirn anhand von Bilddaten bestimmen und in den Algorithmus einbeziehen zu können, haben wir die Open-Source-Software Lead-DBS genutzt, die ebenfalls an der Charité entwickelt wurde“, sagt Roediger. „Unser Algorithmus wurde dann mit einem Datensatz aus über 600 Stimulationseinstellungen, den dazugehörigen Bilddaten und Wirkungen auf die Symptomatik trainiert.“ Um zu prüfen, ob die softwarebasierten Einstellungen von StimFit mit denen durch klinisches Austesten gefundenen Einstellungen qualitativ mithalten können, hat das Forschungsteam eine Studie mit 35 Parkinson-Patienten durchgeführt. Beide Stimulationseinstellungen – die jeweils individuelle, die durch die herkömmliche klinische Testung erstellt wurde, sowie die softwarebasierte Einstellung – wurden nacheinander getestet. Dabei wussten weder die Studienteilnehmenden noch das Fachpersonal, in welcher Reihenfolge die jeweilige Stimulationseinstellung erfolgte. Im Anschluss wurden die motorischen Symptome nach den beiden Einstellungen beurteilt und miteinander verglichen. „Die allgemeine Beweglichkeit und insbesondere auch das Laufen der Patienten verbesserte sich bei beiden Stimulationseinstellungen gleich gut“, sagt Kühn. „Das ist ein wirklich vielversprechendes Ergebnis. Bildgebungsbasierte Algorithmen könnten die klinische Praxis der THS bei Parkinson und anderen Bewegungsstörungen künftig deutlich vereinfachen und es so ermöglichen, die neuesten technischen Fortschritte – wie etwa Mehrkontaktelektroden zur direktionalen Stimulation – besser zu nutzen.“ Da die Ausprägung der Parkinson-Symptome wie Unterbeweglichkeit, Gangstörungen oder unwillkürliches Zittern (Tremor) bei den Erkrankten individuell unterschiedlich ist und bei der Einstellung der Hirnstimulatoren berücksichtigt werden muss, möchten die Forschenden dies in weiteren Schritten der technischen Optimierung der Software einbeziehen. Sie arbeiten zudem an der Entwicklung von Modellen, die die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen genauer vorhersagen können – um die softwarebasierte Stimulationseinstellung und damit den gewünschten künftigen Therapieerfolg zu verbessern und den Weg für weitere klinische Studien zu ebnen.
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