Totalsynthese eines der stärksten zytotoxischen Naturstoffe gelungen7. April 2025 Prof. Dieter Schinzer mit dem Modell des Disorazol-Moleküls. Quelle: ©Jana Dünnhaupt/Uni Magdeburg Chemikern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist es erstmals gelungen, den in der Natur vorkommenden Wirkstoff Disorazol Z1 mit einem hocheffizienten Verfahren synthetisch nachzubauen. Das Team um Seniorprofessor Dieter Schinzer vom Institut für Chemie hat mit der weltweit ersten Totalsynthese dieser hochaktiven Naturstoffverbindung nach eigenen Angaben einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt. Der Wirkstoff Disorazol Z1 gehört nach Angaben der Universität Magdeburg zu den weltweit aktivsten Verbindungen in Bezug auf die Zytotoxizität. Der Naturstoff wird von Myxobakterien produziert, die weltweit verbreitet sind und häufig in organischen Abfällen wie Ziegenmist vorkommen. Bereits vor einigen Jahren haben Wissenschaftler den Bakterienstamm entdeckt, den Wirkstoff isoliert und seither in wissenschaftlichen Studien für mögliche Krebstherapien untersucht. Bereits in picomolaren Konzentrationen aktiv „Die Substanz ist extrem aktiv“, erklärt Schinzer. „Wir sprechen von picomolaren Konzentrationen, also zwölf Nullen hinter dem Komma. Deshalb haben wir aus Sicherheitsgründen zunächst nur zwei Milligramm hergestellt und dabei strenge Schutzvorkehrungen getroffen − Handschuhe, Mundschutz, geschlossene Abzüge. Hätten wir größere Mengen produziert, hätte das gesundheitliche Folgen haben können.“ Da Disorazol Z1 auf natürlichem Wege bisher nur von Bakterien produziert werden konnte, sei die chemische Synthese ein großer Fortschritt für die Krebsforschung, so der Chemiker weiter. Ein entscheidender Vorteil der synthetischen Herstellung sei die Möglichkeit, die Verbindung gezielt zu modifizieren und so ihre biologischen Eigenschaften für medizinische Anwendungen zu optimieren. „Wir haben die Natur nachgeahmt, aber mit einem entscheidenden Vorteil. Bakterien produzieren Disorazol Z1 nur in einer bestimmten Form, wir können es gezielt anpassen und für medizinische Anwendungen optimieren.“ Die große Aufgabe bei der medizinischen Optimierung bestehe darin, das Molekül so zu verändern, dass es zunächst an einen Antikörper andockt und so gezielt zum Tumor geführt werden kann. Dann werde der Wirkstoff freigesetzt und hemme selektiv die Teilung der Tumorzellen. Die Apoptose finde dann künftig nur noch dort statt, wo er erwünscht ist, erklärt der Wissenschaftler. „In Zusammenarbeit mit Industriepartnern soll die Substanz nun so weiterentwickelt werden, dass sie gezielt Krebszellen angreift, während gesunde Zellen weitgehend verschont bleiben.“ Die Totalsynthese dieser Substanz sei darüber hinaus auch deshalb eine große Herausforderung gewesen, weil es sich um eine Erstsynthese handelte, so der Wissenschaftler. „Wir haben innovative Strategien entwickelt, um das Molekül in mehreren Schritten aufzubauen. Modernste chemische Techniken und analytische Methoden kamen zum Einsatz, um die exakte Struktur der synthetisierten Verbindung zu bestätigen.“ Die nächsten Schritte nach diesem Forschungserfolg sind die rasche Patentierung und Veröffentlichung der Entdeckung. Darüber hinaus plant das Forscherteam weitere Untersuchungen zur medizinischen Anwendbarkeit der Substanz und zur Optimierung der Synthese für mögliche industrielle Anwendungen. Finanziert wurde das Projekt aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Das Gesamtvolumen betrug rund 1,7 Millionen Euro.
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