Toxische epidermale Nekrolyse: Erfolgreiche Behandlung mit JAK-Inhibitoren28. Oktober 2024 Foto: © dizain – stock.adobe.com Ein Team unter Prof. Matthias Mann vom MPI für Biochemie entdeckte mithilfe räumlicher Proteomik den JAK/STAT-Signalweg als Ursache der toxischen epidermalen Nekrolyse (TEN). Sie behandelten sieben Patienten mit JAK-Inhibitoren. In der aktuellen Studie nutzten Forschende am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) die räumliche Proteomik zur Analyse von Hautproben von TEN-Patienten. Dieser Ansatz, bekannt als Deep Visual Proteomics (DVP), verbindet die Mikroskopie mit KI-gesteuerter Analyse, lasergeführter Mikrodissektion und hochsensitiver Massenspektrometrie. Die Forschenden untersuchten einzelne Zellen und erstellten eine Karte von Tausenden Proteinen, die diese tödliche Reaktion antreiben. Dr. Thierry Nordmann, Erstautor und Wissenschaftler am MPIB sowie Oberarzt in der dermatologischen Klinik der LMU erklärt: „Durch die Anwendung räumlicher Proteomik auf archivierte Patientenproben mit TEN konnten wir einzelne Zelltypen präzise isolieren und analysieren, um zu verstehen, was tatsächlich in der Haut der Patienten passiert. Wir stellten eine auffällige Überaktivierung des entzündungsfördernden JAK/STAT-Signalwegs fest und fanden so eine Möglichkeit, mit JAK-Inhibitoren in diese tödliche Erkrankung einzugreifen. JAK-Inhibitoren sind eine Klasse von Medikamenten, die bereits zur Behandlung anderer entzündlicher Erkrankungen wie Atopischer Dermatitis oder Rheumatoider Arthritis eingesetzt werden.“ TEN ist eine seltene, aber äußerst schwere Nebenwirkung gängiger Medikamente wie Allopurinol oder bestimmter Antibiotika. TEN verursacht großflächige Blasenbildung und Ablösung der Haut. Mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu 30 Prozent entwickelt sich der scheinbar harmlose Ausschlag schnell zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Bislang gab es keine wirksame Therapie gegen TEN, die Behandlung beschränkte sich hauptsächlich auf unterstützende Maßnahmen, wie zum Beispiel auf die Linderung von Schmerzen und Vermeidung von Infektionen. Aufnahme einer toxischen epidermalen Nekrolyse, die eine Ablösung der Epidermis zeigt. © Dr. med. T. Nordmann Das Team analysierte die Ergebnisse anhand einer Reihe von präklinischen Studien, einschließlich In-vitro-Modelle und zwei unterschiedlichen Mausmodellen. Die Ergebnisse waren konsistent und durchweg positiv: JAK-Inhibitoren zeigen echtes Potenzial bei der Behandlung dieser Erkrankung. Diese Entdeckungen, die durch eine globale Zusammenarbeit über sechs Länder hinweg erzielt wurden, veranschaulichen die Effektivität von Partnerschaften bei der Bewältigung drängender medizinischer Herausforderungen. In Kooperation mit klinischen Teams unter der Leitung von Prof. Ji am First Affiliated Hospital der medizinischen Universität Fujian in China verabreichte das Forschungsteam JAK-Inhibitoren an Patienten, die an TEN erkrankt waren. Bemerkenswerterweise zeigten alle sieben behandelten Patienten eine rasche Verbesserung und vollständige Genesung. Prof. French, Ko-Korrespondenzautor und Lehrstuhlinhaber für Dermatologie an der LMU München, erläutert: „Die neuen Beweise, dass die Hemmung des JAK/STAT-Signalwegs das Potenzial hat, die hohe Sterblichkeit dieser schweren kutanen Arzneimittelreaktion zu reduzieren, ebnet den Weg für klinische Studien zur Zulassung von JAK-Inhibitoren, um einen der bedeutendsten, ungedeckten medinizinischen Bedarfe zu lösen.” Obwohl größere klinische Studien erforderlich sind, um die Wirksamkeit und Sicherheit von JAK-Inhibitoren bei TEN zu bestätigen, bietet diese Studie Hoffnung für Patientinnen und Patienten, die an TEN erkrankt sind. Sie eröffnet auch neue Möglichkeiten für die alternative Nutzung und Entwicklung von Medikamenten. Die Max-Planck-Gesellschaft hat gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität ein Patent für den Einsatz von JAK-Inhibitoren zur Behandlung von TEN und verwandten Erkrankungen angemeldet. Damit eröffnet sich ein Potenzial für die Weiterentwicklung. Mann fasst zusammen: „Unsere Ergebnisse eröffnen nicht nur neue Wege zur Behandlung von TEN, sondern unterstreichen auch das Potenzial der räumlichen Proteomik, medizinische Durchbrüche voranzutreiben. Unseres Wissens nach ist dies das erste Mal, dass eine räumliche Omics-Technologie eine unmittelbare und greifbare Auswirkung in der Klinik hatte, indem sie eine Behandlung identifizierte, die bereits das Leben von Menschen zum Guten verändert hat. Dieser Ansatz könnte auf eine Vielzahl von Krankheiten angewendet werden und potenziell die Medikamentenentdeckung in vielen Bereichen der Medizin beschleunigen.”
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