Trotz weltweiten Abkommens steigt der Tabakkonsum in manchen Ländern26. Juni 2019 Foto: @ Maren Winter/Adobe Stock Es gibt keine statistischen Belege dafür, dass der weltweite Zigarettenkonsum infolge des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) gesunken ist. Das geht aus zwei aktuellen Untersuchungen hervor. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ist der Tabakkonsum demnach sogar gestiegen. Die im „British Medical Journal“ veröffentlichten Studien stellen die weit verbreitete Überzeugung in Frage, dass das FCTC der erfolgreichste Gesundheitsvertrag ist, der jemals geschlossen wurde. Die Auswirkungen des FCTC, eines im Jahr 2003 verabschiedeten internationalen Vertrages zur Reduzierung des schädlichen Tabakkonsums, auf den Zigarettenkonsum war zuvor noch nie auf globaler Ebene wissenschaftlich untersucht worden. Die Forschungsarbeiten beleuchten auch die dringende Notwendigkeit, nicht nur in Maßnahmen zur Tabakkontrolle zu investieren, sondern auch in die Beurteilung der Wirksamkeit dieses internationalen Gesetzes und der diesbezüglichen Dokumentationsmaßnahmen. „Die in diesem Vertrag geforderten Strategien – einfache Verpackung, rauchfreie Bereiche, Tabaksteuern – haben sich nachweislich als wirksam erwiesen“, sagt Steven Hoffman, Professor am Dahdaleh Institute for Global Health Research, Hauptautor einer der beiden aktuellen Untersuchungen. „Diese Studie zeigt, dass es auf globaler Ebene wahrscheinlich nicht ausreicht, diese Richtlinien als wichtig anzuerkennen oder sie formal zu akzeptieren. Sie müssen auch in den Ländern implementiert werden, um sicherzugehen, dass sie weltweit Einfluss auf das Leben der Menschen nehmen. Geschieht dies nicht, könnte laut der WHO im 21. Jahrhundert eine Milliarde Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben.“ In der ersten Studie analysierten Hoffman und Koautor Mathieu Poirier von der York University Daten aus 71 Ländern. Diese bildeten 95 Prozent des weltweiten Tabakkonsums und mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung zwischen 1970 und 2015 ab. Diese Datenerhebung stellt die bislang umfangreichste Bewertung und Auswahl vergleichbarer nationaler Schätzungen zum Tabakkonsum dar; Ziel ist es, die internationalen Trends beim Zigarettenkonsum seit 1970 besser zu verstehen. Die Forscher stellten zwar fest, dass der Zigarettenkonsum in den meisten Ländern zurückging, dass aber die entsprechenden Trends von Land zu Land variierten, insbesondere in Ländern mit geringerem Einkommen. Analysiert wurden Verkaufs- und Produktionszahlen, Importe und Exporte, wobei für jedes Land und Jahr bis zu sechs verschiedene Quellen genutzt wurden. Die Forscher stellten einen allgemeinen Rückgang des Pro-Kopf-Zigarettenkonsums fest, der um 1985 in fünf der zehn Länder mit dem höchsten Konsum begann: USA, Japan, Polen, Brasilien und Deutschland. Die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien verzeichneten seit den frühen 1980er-Jahren vergleichbare kontinuierliche Rückgänge in den Verbrauchszahlen, während die Länder in Lateinamerika und der Karibik bescheidenere Rückgänge verzeichneten. In China und Indonesien stieg der Pro-Kopf-Verbrauch hingegen stetig an. China wurde mit einem Verbrauch von mehr als 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 2013 als weltweit führender Zigarettenkonsument eingestuft – mehr als die nächsten 40 Länder mit dem höchsten Konsum auf der Liste. In der zweiten Studie verwendeten Hoffman und sein Team die Daten aus der ersten Studie und betrachteten sie im Kontext des FCTC, das seit seiner Verabschiedung im Jahr 2003 von 181 Ländern ratifiziert worden war. Dies gab den Forschern einen klaren Interventionspunkt bezüglich des Tabakkonsums für die Studie. Es wurden zwei quasi-experimentelle Verfahren eingesetzt: Beim ersten wurde eine unterbrochene Zeitreihenanalyse (ITS) und beim zweiten ein In-Sample Forecast Event Modelling verwendet. Die Daten zeigten keine signifikante Veränderung der Rate, mit der der weltweite Zigarettenkonsum nach der Annahme des FCTC gesunken war. „Diese Studie setzt einen neuen Goldstandard für die Bewertung internationaler Gesetze“, sagte Koautor Poirier. „Das FCTC wurde zum Zeitpunkt seiner Einführung vielfach gefeiert, und bis jetzt hat noch niemand diesen Vertrag auf globaler Ebene bewertet.“ Die Untersuchung ergab, dass in Ländern mit hohem Einkommen und in Europa nach 2003 der jährliche Konsum um mehr als 1000 Zigaretten pro Erwachsenem zurückging, während in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und in asiatischen Ländern ein Anstieg von mehr als 500 Zigaretten pro Erwachsenem pro Jahr zu verzeichnen war. Die Forscher vermuten, dass die unterschiedliche Umsetzung von Strategien zur Eindämmung des Tabakkonsums und die Verschiebungen bei der Erschwinglichkeit von Zigaretten in verschiedenen Ländern zu Marktgleichgewichtseffekten geführt haben könnten, die die Tabakindustrie dazu veranlassten, ihre Lobby-, Marketing- und Verkaufsförderungsaktivitäten von Ländern mit strengen Richtlinien in Länder mit weniger strengen Maßnahmen zu verlagern. „Wir haben quantitative Beweise gefunden, die diese Idee stützen könnten: Die Tabakunternehmen sind nach dem FCTC gezielt in Gebiete gegangen, in denen bewährte Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums nicht so schnell umgesetzt wurden, wie wir es in Ländern mit hohem Einkommen gesehen haben“, sagt Hoffman. „Wenn dies zutrifft, bedeutet dies, dass der FCTC sogar unbeabsichtigt Schaden angerichtet haben könnte, indem es die Tabakunternehmen dazu ermutigt hat, die viel höhere Zahl von Menschen in diesen Regionen und in asiatischen Ländern anzusprechen, die von ihren Regierungen in geringerem Maße vor den Anstrengungen der Tabakkonzerne geschützt werden.“
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