Tuberkulose: Fehlerhaftes Enzym macht resistente Bakterien anfälliger für neueres Antibiotikum

Darstellung von M. tuberculosis (KI-generiert). (Abbildung: © Thipphaphone/stock.adobe.com)

Neue Erkenntnisse von Wissenschaftlern der Rutgers Health (USA) könnten zu besseren Therapien und Strategien in der Entwicklung von Tuberkulosemedikamenten führen.

Die Studie ergab, dass Fehler in einem entscheidenden Enzym Tuberkulosebakterien, die gegen alte Antibiotika resistent sind, anfälliger für das neuere Antibiotikum Bedaquilin machen. „Das Verständnis der Wirkungsweise eines Medikaments könnte uns helfen, neue Moleküle zu entwickeln, die besser wirken und die Resistenzbildung bei Bakterien verhindern“, erklärt Seniorautor Prof. Jason Yang, Assistenzprofessor von der Rutgers New Jersey Medical School.

Bedaquilin wurde 2012 von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassen und war das erste neue Tuberkulosemedikament seit mehr als 40 Jahren. Es wirkt gut gegen multiresistente Tuberkulosestämme, jedoch sind die Mechanismen, die hinter seiner Wirksamkeit stecken, noch nicht vollständig verstanden. „Wir können Resistenzen verhindern, indem wir andere Medikamente entwickeln, die Bedaquilin besser wirken lassen“, sagt Yang. So schien beispielsweise die Kombination von Bedaquilin mit dem Antibiotikum Isoniazid die Entwicklung einer Resistenz gegen beide Medikamente zu verhindern, erläutert er.

Zunehmendes Problem Antibiotikaresistenz

„Die Tuberkulose selbst ist im Moment ein irrsinnig großes Problem, ebenso wie Antibiotikaresistenzen“, fährt Yang fort. „Kürzlich ist eine neue Arbeit in ‚The Lancet‘ erschienen, in der prognostiziert wird, dass wir Infektionen nicht mehr behandeln können, wenn Antibiotikaresistenzen stärker werden – und wenn wir Infektionen nicht behandeln können, stirbt ein Großteil der modernen Medizin. Man könnte nicht einmal operieren, weil chirurgische Infektionen die Patienten umbringen würden.“

Die Autoren der nun in „Nature Communications“ veröffentlichten Studie untersuchten sowohl klinische Isolate als auch Laborstämme von Mycobacterium tuberculosis. Die Forschenden verwendeten einen systembiologischen Ansatz, der genetische Studien, RNA-Sequenzierung und Stoffwechselmodellierung kombinierte. Sie fanden heraus, dass Fehler im Enzym Katalase-Peroxidase, das durch das Gen katG kodiert wird, medikamentenresistente Tuberkulose anfälliger für Bedaquilin machen. Mutationen in katG sind die häufigste Ursache für Resistenzen gegen Isoniazid, ein Tuberkulosemedikament der ersten Wahl.

Sensibilisierung für Bedaquilin durch Katalasemangel

Dieser Katalasemangel führt zu mehreren Veränderungen, die die Bakterien empfänglicher für das neuere Medikament machen. Er erhöht die Ansammlung reaktiver Sauerstoffspezies und die Anfälligkeit für DNA-Schäden, während er gleichzeitig Transkriptionsprogramme verändert, die die Biologie der Bakterien regulieren, und mehrere Biosynthesewege unterdrückt. „Wir haben einige Mechanismen entdeckt, über dies bisher noch nicht berichtet wurde“, erklärt Yang. „Wir zeigen, dass dies die verschiedenen Arten von Schwachstellen in der Tuberkulosebiologie oder Tuberkulosephysiologie sind, die speziell bei medikamentenresistenter TB auftreten.“

Die Arbeit zeigt auch mögliche Wege zur Umwidmung bereits existierender Medikamente auf. So wurde herausgefunden, dass Trimethoprim und Sulfamethoxazol – Antibiotika, die zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt werden, auch gegen medikamentenresistente Tuberkulosestämme mit Katalasemangel wirksam waren.

Entwicklung von Machine-Learning-Tools

Dasselbe Team um Yang hat in „Nature Communications“ parallel eine zweite Studie veröffentlicht. In dieser bedienten sich die Wissenschaftler eines CRISPRi-Screenings des gesamten Genoms, um mit Medikamenten behandelbare Schwachstellen in einem behandlungsresistenten Stamm von Tuberkulosebakterien zu identifizieren. Mit Blick auf die Zukunft verfolgen Yang und seine Kollegen mehrere Forschungslinien, die auf diesen Erkenntnissen aufbauen. Der Wissenschaftler erklärt: „Wir entwickeln Werkzeuge Maschinellen Lernens, um andere Veränderungen zu verstehen, die in der Tuberulosebiologie oder -physiologie auftreten und durch andere Arten von Arzneimittelresistenz verursacht werden. Wir erweitern diese Modelle, um zu sehen, ob wir die Erkenntnisse aus einer Laborumgebung direkt auf Patienten und klinische Stämme extrapolieren können.“ Dies könnte möglicherweise zu personalisierten medizinischen Ansätzen bei der Tuberkulose führen, bei denen die Behandlungen auf die spezifischen Merkmale des infizierenden Stammes zugeschnitten sind.

Das Team entwickelt außerdem synthetische Biotechnologie-Tools, um zu untersuchen, wie sich bei Tuberkulose eine Arzneimittelresistenz entwickelt und wie dieser Prozess gezielt eingesetzt werden könnte, um eine Resistenz gegen Bedaquilin und alle neu entwickelten Medikamente zu verhindern.