Tübinger Forschungsgruppe findet Ursache für Atemprobleme bei SARS-CoV-2-Infektion

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In einem interdisziplinären Forschungsprojekt sind Prof. Dr. Lukas Flatz und Dr. Tobias Sinnberg vom Universitätsklinikum Tübingen gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam der Frage nachgegangen, warum bei manchen Patienten während einer COVID-19-Erkrankung Probleme bei der Sauerstoffaufnahme auftreten

Ende 2019 wurde SARS-CoV-2 erstmals als Auslöser einer neuartigen Lungenkrankheit gemeldet und nahm in nur knapp vier Monaten globale Ausmaße an. Verläuft die Viruserkrankung schwer, kann sie bei Betroffenen zu einem akuten Atemnotsyndrom führen. Im Rahmen einer internationalen Studie erforschten Prof. Lukas Flatz und Dr. Tobias Sonnberg von der Sektion für Dermatoonkologie an der Universitäts-Hautklinik Tübingen die Ursachen für diese frühe Sauerstoffnot. Hierfür nahmen die Forscher Blutproben sowie Lungengewebe und -flüssigkeit von schwer erkrankten COVID-19-Patienten aus Krankenhäusern in der Schweiz und Deutschland genauer unter die Lupe. Eine schwere COVID-19-Erkrankung lag dann vor, wenn aufgrund von SARS-CoV-2 Sauerstoff zugeführt werden musste.

Ergebnisse vorangegangener Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass die Lungen von COVID-19-Patienten jenen gleichen, die zwar nicht mit SARS-CoV-2 infiziert waren, aber dennoch akutes Lungenversagen aufweisen oder zum Teil oder vollständig kollabiert sind. Atemprobleme zeigten sich dabei noch bevor die durch das Coronavirus ausgelösten Organschäden die Lunge erreichten. Als erste Forschergruppe konnten die Tübinger Wissenschaftler nun die Ursache des coronabedingten Lungenversagens identifizieren.

Die Ergebnisse im Überblick

Bei einer SARS-CoV-2-Infektion bilden sich Autoantikörper, die wiederum körpereigene Antigene bilden. „Wir konnten zeigen, dass bei Patienten und Patientinnen mit schwerem COVID-19-Verlauf während der frühen Immunantwort auf die Infektion eine schnelle und anhaltende Produktion des Antikörpers Immunglobulin A (IgA) erfolgt“, erklärt Sinnberg, Erstautor der Studie. Die Folge sind erhöhte IgA-Werte. Auf den Schleimhäuten bildet IgA einen Schutz gegen Krankheitserreger wie das Coronavirus, indem es sie neutralisiert und diese nicht weiter in den Körper eindringen können. Dabei binden die IgA-Antikörper an Proteine im Schleimhautsekret Surfactant, das die Lungenzellen in den Alveolen produzieren. Diese Proteine sind zusammen mit dem Surfactant essenziell für die Stabilität der Lungenbläschen.

„Die Studienergebnisse zeigen, dass bei einer Infektion mit dem Coronavirus die erhöhten Werte des IgA-Antikörpers zu einem Mangel an diesem Schleimhautsekret führen“, fasst Flatz zusammen. „In der Folge kollabieren die Lungen, es entsteht Atemnot.“ Betroffene Patienten und Patientinnen benötigen daher Unterstützung beim Atmen durch zusätzlich zugeführten Sauerstoff.