Tumor der Ohrspeicheldrüse: Erstmals minimalinvasive OP mit roboterassistierter Technologie16. Februar 2022 Bild:CLIPAREA.com – stock.adobe.com Zum ersten Mal weltweit haben Spezialisten in Kiel einen Tumor der Ohrspeicheldrüse (Glandula Parotis) mit Hilfe roboterassistierter Technologie minimalinvasiv entfernt. Im Gegensatz zu bisherigen Operationsmethoden waren dafür nur minimale Schnitte am Hals nötig. Im Einsatz dieser innovativen Methode erwies sich laut Experten der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) als vorteilhaft, dass der Eingriff wenig beeinträchtigend auf den postoperativen Verlauf des Patienten hinsichtlich Schwellung, Schmerzen und kosmetischer Veränderung auswirkte. Insbesondere die Mimik des Patienten war unbeeinflusst. Mit Hilfe des Roboters können zudem anatomisch versteckt und chirurgisch ungünstig liegende Tumoren – wie bei dem Patienten in Kiel – besser erreicht werden. Der 24-Jährige konnte nach erfolgreicher Operation schon nach wenigen Tagen schmerzfrei das Krankenhaus verlassen. Tumoren der Ohrspeicheldrüse sind in den meisten Fällen gutartig, die Tumorzellen könnten aber auch zu Krebszellen entarten und deshalb müssten sie unbedingt vollständig und auf möglichst schonende Weise entfernt werden. Der häufigste gutartige Tumor der Ohrspeicheldrüse ist das pleomorphe Adenom: Es macht zwischen 70 und 80 Prozent aller Speicheldrüsentumoren aus und kommt zu über 80 Prozent in der Ohrspeicheldrüse vor; Frauen sind etwas häufiger davon betroffen als Männer. Das pleomorphe Adenom wächst langsam, und fällt meistens erst im mittleren Lebensalter auf“, sagt Prof. Jörg Wiltfang, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel. „Es liegt meistens im äußeren und damit chirurgisch besser zugänglichen Teil der Ohrspeicheldrüse. Problematisch sind jedoch vor allem Tumoren im tiefen Anteil der Ohrspeicheldrüse, denn sie können lange unbemerkt wachsen und mitunter beeindruckende Ausmaße annehmen, bevor sie auffällig werden. Insbesondere bei unserem Patienten lag der Tumor sehr ungünstig: Unter der Schädelbasis, hinter dem Oberkiefer und in Höhe des Kiefergelenks. Ein möglicher Standardzugang hätte eine Schnittführung am Kinn entlang und die temporäre Durchtrennung des Unterkiefers erfordert.“ Um den neuartigen, roboterassistierten Eingriff vorzubereiten, formierte sich aus dem Kurt-Semm-Zentrum für laparoskopische und roboterassistierte Chirurgie in Kiel ein interdisziplinäres Behandlungsteam aus Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und Allgemein- und Viszeralchirurgie. Als Vorbereitung auf die Operation machten sich die Fachärzte mit Hilfe von Ultraschall, CT und MRT ein genaues Bild von Ausmaß und Lage des Tumors. „Bei der roboterassistierten Operationsmethode sind nur kleine Schnitte am Hals nötig“, sagt Dr. Henning Wieker, der leitende Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, der den operativen Eingriff als verantwortlicher Operateur zusammen mit dem Oberarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Prof. Martin Laudien und dem kommissarischen Leiter der Thoraxchirurgie aus der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. Mark Schlemminger durchgeführt hat. Bei dem ersten Patienten, der weltweit mit diesem speziellen Verfahren erfolgreich operiert werden konnte, wurde dann über kleine Zugänge über dem Schlüsselbein mittels Kohlenstoffdioxideinleitung ein Raum im Hals geschaffen, das sogenannte Kapnoparapharyngeum. So entstand ein ausreichend großer Raum für zwei Roboterarme und einen Kameraarm zur geschlossenen Operation entlang der Halsgefäßscheide. Zur Operationsüberwachung stand ein Navigationssystem zur Verfügung, so dass die Lage der Instrumente im Patienten und zum Tumor kontrolliert werden konnte. „Die Entfernung des Tumors selbst erfolgte dann – dank der Roboterassistenz – Schritt für Schritt und sehr präzise“, so der DGMKG-Experte Wieker.
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