Typ-2-Diabetes bei Heranwachsenden auf dem Vormarsch – DDG fordert Verhältnisprävention

Die Entscheidung für eine gesunde Ernährung liegt nicht nur beim Einzelnen, sondern kann auch von der Politik unterstützt werden. (Foto: © yuriygolub – stock.adobe.com)

Übergewicht und Adipositas nehmen auch bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland weiter zu. Damit steigt auch das Risiko für Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordert daher verbindliche, früh ansetzende Maßnahmen der Verhältnisprävention.

„Die Prävalenz von Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen steigt – auch in Deutschland. Ein früher Beginn bedeutet eine längere Krankheitsdauer, mehr Belastung und ein höheres Risiko für Komplikationen bereits im jungen Erwachsenenalter“, erklärt Prof. Karsten Müssig, Tagungspräsident der Diabetes Herbsttagung 2025 und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Diabetologie am Franziskus-Hospital Harderberg der Niels-Stensen-Kliniken. „Nur mit verbindlichen, früh ansetzenden Präventionsmaßnahmen können wir diesen besorgniserregenden Trend wirksam aufhalten.“

Therapie-Optionen: Lebensstil zuerst – Medikamente gezielt

Eine ausgewogene Ernährung bleibt die Basis: Sie verhindert Übergewicht, stabilisiert den Blutzucker, verbessert die Insulinwirkung und senkt den Medikamentenbedarf. „Kurz gesagt: weniger Zucker und Fast Food, mehr Gemüse, Vollkorn und gesunde Fette – am besten mit Familienunterstützung“, fasst Müssig die Eckpfeiler einer gesunden Ernährung bei Diabetes zusammen.

Doch auch Medikamente spielen bei Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes eine Rolle. „Eine Herausforderung sind die begrenzten Therapiemöglichkeiten – nur wenige Wirkstoffe wie Metformin oder Liraglutid sind derzeit für Kinder zugelassen“, erklärt der Tagungspräsident. Liraglutid, ein GLP-1-Rezeptoragonist, darf in Deutschland inzwischen auch bei Kindern ab zehn Jahren eingesetzt werden – der DDG zufolge ein Hinweis darauf, wie dringlich das Thema Typ-2-Diabetes bei jungen Menschen inzwischen geworden ist. „Liraglutid, das ist für viele gleichbedeutend mit der bekannten Abnehmspritze. Dabei handelt es sich jedoch in erster Linie um ein Medikament zur Behandlung einer chronischen Stoffwechselerkrankung – und nicht um ein Mittel zur Gewichtsreduktion, womöglich aus kosmetischen Gründen“, betont Müssig.

Für andere Medikamente fehlen bislang Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit im Kindesalter. „Wir müssen herausfinden, welche Therapien für Jugendliche langfristig sicher und wirksam sind. Solange dies nicht geklärt ist, bleibt die wichtigste Maßnahme: Prävention und Aufklärung, um die Krankheit gar nicht erst entstehen zu lassen“, betont Müssig.

Verhältnisprävention wirkt 

„Es wird derzeit viel und gern über Prävention gesprochen, aber die Politik zieht noch immer die falschen Schlüsse: Es reicht nicht aus, an die Eigenverantwortung zu appellieren und auf Aufklärung oder Bildungsangebote zu setzen. Wir brauchen verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen, die die gesunde Wahl für Bürgerinnen und Bürger zur einfachen Wahl machen – unabhängig von Herkunft, Bildungsgrad oder Geldbeutel“, erklärt Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der DDG, Berlin.

Die DDG und das Wissenschaftsbündnis DANK fordern daher umfassende Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen: Einschränkung von Werbung für ungesunde Lebensmittel, wenn diese sich an Kinder richtet, eine Herstellerabgabe auf stark zuckergesüßte Getränke und eine Mehrwertsteuerentlastung gesunder Lebensmittel, verbindliche Standards für die Schulverpflegung und mehr Bewegung in Schule und Alltag.

„Ein solches Maßnahmenpaket würde es allen Menschen in Deutschland erleichtern, sich gesund zu ernähren und mehr zu bewegen und könnte mehr Lebensjahre mit guter Lebensqualität garantieren – und Maßnahmen für eine gesündere Ernährung werden von der Bevölkerung klar unterstützt“, betont Bitzer. Laut einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) befürworten mehr als 90 Prozent der Menschen die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel, fast genauso viele sprechen sich für strengere Werbeschranken zum Schutz von Kindern aus, 79 Prozent unterstützen eine Abgabe auf stark zuckerhaltige Getränke.