Überlebensprognose beim Melanom: KI-Tool wertet Immunzellstrukturen aus

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Künstliche Intelligenz (KI) kann zur verbesserten Erkennung von Immunzellstrukturen in Melanomgewebe genutzt werden – mit wegweisenden Erkenntnissen für Prognose und Immuntherapie bei Hochrisikopatienten.

Forschende der US-amerikanischen ECOG-ACRIN Cancer Research Group (ECOG-ACRIN) haben KI-gestützte Verfahren zur Detektion tertiärer lymphatischer Strukturen (TLS) in tausenden digitalen Bildern von Melanomgewebe verwendet und dadurch deren Identifikation sowie die Überlebensprognose für operable Patienten im Stadium III/IV signifikant verbessert.

TLS sind Ansammlungen von Immunzellen (T-Zellen, B-Zellen und dendritische Zellen), die sich gelegentlich in Geweben außerhalb der normalen lymphatischen Organe wie Lymphknoten oder Milz bilden. Sie entstehen als Reaktion auf chronische Entzündung oder Krebs. Nicht alle Tumoren entwickeln TLS, aber wenn sie vorhanden sind, können sie die Infiltration von Immunzellen fördern und die Prognose der Patienten verbessern.

Das Vorhandensein von TLS, einem wichtigen Biomarker für eine bessere Prognose und ein verbessertes Überleben, ist bislang nicht Bestandteil der Standard-Pathologiebefunde, und die manuelle Detektion ist arbeitsaufwendig. Die leitenden Studienautoren Dr. Ahmad A. Tarhini und Dr. Xuefeng Wang haben den neuen Ansatz auf der Jahrestagung der American Association for Cancer Research 2025 in Chicago vorgestellt.

Nutzung von Open-Source-KI

„Unsere Arbeit zeigt das Potenzial von Open-Source-KI-Tools, die Vorhersage von Überleben und Immuntherapie-Benefit durch die Detektion kritischer Immunstrukturen wie TLS mit bisher unerreichter Leichtigkeit und Genauigkeit zu revolutionieren“, sagte Tarhini vom Moffitt Cancer Center and Research Institute in Tampa, Florida.

Die Studie analysierte retrospektiv tausende archivierte digitale Bilder zusammen mit den zugehörigen RNA-Sequenzierungsdaten von 376 Patienten mit fortgeschrittenem, hohem Melanomrisiko und verknüpfte das Vorhandensein von TLS mit einem signifikant besseren Gesamtüberleben. Die Kohorte hatte an einer US-Studie (E1609) teilgenommen, in der die Immuncheckpoint-Blockade und Zytokintherapie bei Hochrisiko-Melanom getestet wurden.

TLS-Anteil korreliert mit Überlebensraten

Die Analyse zeigte, dass TLS bei 55% der E1609-Kohorte nachweisbar waren und ein signifikant besseres Gesamtüberleben im Vergleich zu Patienten ohne TLS vorhersagten (36,23% vs. 29,59% nach 5 Jahren), insbesondere bei Patienten mit mehr als einer TLS-Struktur (38,04% bei >1 TLS vs. 28,65%). Auch die TLS-Dichte war ein signifikanter Prognosefaktor für das Gesamtüberleben (37,77% vs. 28,72% nach 5 Jahren beim Median-Cutoff). Das Überleben variierte zudem nach AJCC(American Joint Committee on Cancer)-Stadium, Alter, Geschlecht, Therapieart und Tumorulzeration, wie im AACR Abstract 3358 dargestellt.

„Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial KI-basierter Ansätze, die TLS-Bewertung auf Basis kostengünstiger H&E-gefärbter Bilder zu standardisieren, was die Prognoseeinschätzung und Stratifizierung im Rahmen von AJCC verbessern könnte und weitere Untersuchungen rechtfertigt“, so Tarhini.

Eine konzeptuelle Darstellung des Open-Source-Deep-Learning-Modells HookNet. (© Ahmad A. Tarhini et al.)

Die Forschenden setzten zunächst HookNet-TLS, einen Open-Source-Deep-Learning-Algorithmus, zur Messung von TLS und Keimzentren (GC) in den digitalisierten H&E-gefärbten Schnitten der E1609-Studie ein. Nach Überprüfung der ersten Ergebnisse wurde das Modell für eine höhere Genauigkeit nachtrainiert. Die prognostische Aussagekraft der TLS-Scores wurde bewertet, indem das Vorhandensein von TLS und GC in den digitalisierten Bildern mit den normalisierten TLS-Zahlen korreliert wurde.

Anschließend nutzten die Forschenden das Gigapth Whole-Slide Foundation Model zur Feature-Extraktion in der digitalen Pathologie und untersuchten dessen Potenzial für die TLS-Detektion in dieser Kohorte. Gigapth ermöglichte eine verbesserte Visualisierung von H&E-Bildkacheln durch die Generierung einer Hauptkomponentenanalyse (PCA).

Optimierte Modelle für klinische Praxis

„Die mit dem Gigapth Foundation Model generierten PCA-Visualisierungen erscheinen vielversprechend zur Verbesserung der TLS- und GC-Detektion. Diese werden derzeit weiter optimiert, und die finalen Ergebnisse werden auf einem zukünftigen Kongress vorgestellt“, sagte Wang, Vorsitzender der Abteilung für Biostatistik und Bioinformatik am Moffitt Cancer Center.

„Die neuen Methoden zur Überlebensprognose nutzen kostengünstige, leicht verfügbare Technologien. Sie könnten die Einführung von TLS-Tests für Hochrisiko-Melanompatienten beschleunigen und so die Gespräche zwischen Ärzten und Patienten über potenzielle Vorteile einer Immuntherapie unterstützen“, ergänzte Tarhini.