Ultraschallgeführte Nervenblockade für schnelle und gezielte Schmerzlinderung im Notfalleinsatz

Mobile Ultraschallgeräte in der Notfallmedizin können mit einem Smartphone oder Tablet als Bildmedium verbunden werden. Symbolfoto: ©Lara Nachtigall/stock.adobe.com

Die Vorteile einer Nervenblockade mit kleinen, mobilen Ultraschallgeräten zur Linderung akuter Schmerzen direkt am Unfallort erläutert ein Anästhesist und Experte der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM).

Akute Verletzungen und andere medizinische Notfälle gehen häufig mit starken oder sehr starken Schmerzen einher. Dennoch scheint die Schmerzlinderung in der Notfallmedizin eine untergeordnete Rolle zu spielen. „Studien zeigen immer wieder, dass viele Patientinnen und Patienten erst mit erheblicher Verzögerung eine Schmerztherapie erhalten – und diese dann oft nicht ausreichend dosiert ist“, sagt Dr. Peter Schwarzkopf, Oberarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin am Sana Klinikum Borna und stellvertretender Leiter der DEGUM-Sektion Anästhesiologie.

So offenbarte eine große Untersuchung in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, dass weniger als die Hälfte der Notfallpatientinnen und Notfallpatienten eine adäquate Schmerzlinderung erfuhr. Andere Studien ergaben, dass rund 40 Prozent überhaupt kein Schmerzmittel erhielten, bei den übrigen dauerte es im Durchschnitt 90 Minuten, bis eine Therapie eingeleitet wurde. Zudem wurde fast die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit anhaltenden Schmerzen nach Hause entlassen.

Tatsächlich gibt es medizinische Gründe, die gegen eine sehr schnelle Gabe von hoch dosierten oder starken Schmerzmitteln sprechen. „Starke Schmerzmedikamente wie Morphin führen teilweise schon bei niedriger Dosierung zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Sedierung und Atemdepression“, berichtet Schwarzkopf. Das schränke die Aufklärungsfähigkeit des Patienten ein und erschwere die eigentliche Behandlung. Zudem werde dadurch eine umfangreiche und personalintensive Überwachung von Kreislauf und Atmung notwendig. Nicht zuletzt habe man es gerade in der Notaufnahme nicht selten mit alkoholisierten Patienten zu tun. Bei diesen kann selbst eine einfache Kurznarkose mit lebensbedrohlichen Risiken wie der Aspiration von Mageninhalt verbunden sein.

Die wesentlich risikoärmere und schonendere Variante zur akuten Schmerlinderung im Notfall sei die Regionalanästhesie, betont Schwarzkopf. Die Verabreichung eines Lokalanästhetikum zur gezielten Nervenblockade sei in der Regel immer dann möglich, wenn sich die Verletzungen im Bereich der Extremitäten befinde. Besonders sicher und präzise lässt sich die Nervenumgebung ansteuern, wenn die Position von Nadel und Nerv kontinuierlich per Ultraschall verfolgt wird. So kann die individuelle Lage der Nerven berücksichtigt und das Risiko einer Nervenschädigung minimiert werden. Dank kleiner, tragbarer Ultraschallgeräte ist eine solche ultraschallgesteuerte Nervenblockade heute auch im Rettungsdienst und in der Notaufnahme möglich.

Wie leistungsfähig diese Methode ist, erklärt Schwarzkopf am Beispiel des ausgekugelten Schultergelenks, einer häufigen Sportverletzung, die mit extremen Schmerzen einhergeht. „Mit einem mobilen Ultraschallgerät kann bereits der Notarzt vor Ort eine gezielte Blockade des Armnervengeflechts vornehmen“, sagt der erfahrene Anästhesist.  Damit könne der Betroffene sehr schnell und effektiv von seinen Schmerzen befreit werden. Im Idealfall könne sogar die ansonsten äußerst schmerzhafte Einrenkung des Schultergelenks noch vor Ort durchgeführt werden.

Neben der schnellen Schmerzlinderung punktet die ultraschallgesteuerte Nervenblockade auch damit, dass sie das Bewusstsein des Patienten nicht beeinträchtigt. „Ein wacher, kooperationsfähiger und weitgehend schmerzfreier Patient trägt wesentlich dazu bei, die Abläufe bei Transport, Diagnostik und Therapie zu beschleunigen“, sagt Schwarzkopf. Das sei nicht nur für die Verletzten, sondern auch für das medizinische Personal ein großer Gewinn.

Dem DEGUM-Experten zufolge wird die Methode der ultraschallgeführten Nervenblockaden in Deutschland bislang nur von wenigen Notfallmedizinern im Alltag durchgeführt. Der limitierende Faktor sei vor allem die schlechte Ausstattung im Rettungsdienst, denn nur die wenigsten Rettungsmittel würden über ein dafür notwendiges kleines, mobiles Ultraschallgerät verfügen. Hier seien vor allem die Träger der Rettungsdienste gefordert, entsprechende Infrastrukturen zu schaffen.

Schulungen in der ultraschallgesteuerten Regionalanästhesie werden von der DEGUM angeboten.