Um Kosten und Nebenwirkungen zu minimieren, befragen Sie Ihre Patientinnen und Patienten!2. Dezember 2024 Eine zeitlich engmaschige Befragung von Patienten nach einer Kniegelenk-OP mit standardisierten Patientenfragebögen, sogenannten PROMs, führte auch zu weniger Physiotherapien. Foto: Matias Maiztegui/Pixabay Eine Studie zur Anwendung von standardisierten Patientenfragebögen (PROMs) ergab verbesserte Behandlungserfolge und geringere Ausgaben bei Hüft- und Kniegelenk-Operationen. Patienten, die ein Jahr lang regelmäßig zu ihrem Gesundheitszustand befragt und bei Bedarf medizinisch betreut wurden, wiesen ein signifikant besseres Befinden auf als solche, die lediglich nach der Entlassung und erneut nach einem Jahr befragt wurden. Zudem führte die kontinuierliche Überwachung zu geringeren Kosten: Die Patienten benötigten weniger Hausarztbesuche und Physiotherapie. Das sind Ergebnisse einer Studie mit 7800 Patienten, die eine Hüft- oder Kniegelenkprothese erhielten. Die Studie wurde im Rahmen des Projektes „PROMoting Quality – Intersektorale Nutzung von Patient Reported Outcome Measures zur Steigerung der patientenrelevanten Ergebnisqualität“ am TU-Fachgebiet Management im Gesundheitswesen unter anderem von Laura Wittich und Lukas Schöner unter der Leitung von Prof. Reinhard Busse in den Jahren 2020/2021 durchgeführt. Zeitlich engmaschige Befragung Die 7800 Patienten unterteilte das Wissenschaftsteam in eine Kontroll- und in eine Interventionsgruppe. Die Kontrollgruppe wurde bei Aufnahme ins Krankenhaus, bei der Entlassung und nach einem Jahr nach der OP befragt. Die Interventionsgruppe wurde zusätzlich zu diesen drei Zeitpunkten auch noch nach einem Monat sowie nach drei und sechs Monaten nach der OP befragt. Die Befragung erfolgte mit standardisierten Fragebögen, sogenannten „Patient Reported Outcome Measures“, kurz PROMs. „Mit diesen PROMs erfragten wir die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie die physische Funktionalität und Mobilität der Patienten. Um die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu bewerten, wurden die Patienten gebeten, Angaben zu verschiedenen Dimensionen wie Angst, Depression, Schmerz, Erschöpfung und Selbstständigkeit zu machen. Die physische Funktionalität und Mobilität der eingesetzten Hüft- beziehungsweise Knieprothesen wurde durch gezielte Fragen untersucht – beispielsweise, wie gut der Patient gehen und Treppen steigen kann, also wie belastbar das künstliche Gelenk ist“, erläutert Schöner. An der Studie nahmen deutschlandweit neun Kliniken teil, die Erfahrungen mit diesen Operationen haben, da sie diese Eingriffe relativ häufig vornehmen, so Wittich. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmenden lag bei 66 Jahren. 31 Prozent der Hüftpatienten waren normalgewichtig, 36 Prozent übergewichtig, 33 Prozent adipös. Bei den Kniepatienten waren 13 Prozent normalgewichtig, 34 Prozent übergewichtig und 53 Prozent adipös. Elf Prozent der Studienteilnehmenden waren an Diabetes erkrankt. Zwei Drittel waren Frauen. Physische Funktionalität und Mobilität stiegen „In der Interventionsgruppe der Hüftoperierten verbesserte sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie die physische Funktionalität und Mobilität zwischen Aufnahme und nach einem Jahr nach der OP signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe. Gleichzeitig sanken die Angst- und Depressionssymptome im Vergleich zur Kontrollgruppe. Bei Schmerz und Erschöpfung gab es einen Trend in Richtung Minimierung, der sich aber nicht statistisch signifikant von der Kontrollgruppe unterschied“, nennt Schöner wichtige Ergebnisse der Erhebung. In der Interventionsgruppe der Knieoperierten zeigte sich zwar sowohl bei den Dimensionen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität als auch bei der physischen Funktionalität und Mobilität eine positive Tendenz, aber die Befragung erbrachte kein statistisch valides Ergebnis gegenüber der Kontrollgruppe. Ein leicht signifikanter Effekt konnte in der Senkung der Depressionssymptome beobachtet werden. Hinsichtlich der Kostensenkung stellt sich bei der Interventionsgruppe ebenfalls ein positives Bild dar. Ohne die OP-Kosten fielen für einen Patienten mit einer Hüftprothese in der Kontrollgruppe 5432 Euro an. In der Interventionsgruppe waren es nur 4226 Euro – 1206 Euro weniger. Bei Knieoperierten lagen die Kosten für einen Patienten ohne OP-Kosten in der Kontrollgruppe bei 6680 Euro gegenüber den Kosten von 5298 Euro für einen Patientin in der Interventionsgruppe. Auch hier eine Ersparnis von 1382 Euro. Weniger Hausarztbesuche, weniger Physiotherapie Ausgewertet hatten die Wissenschaftler alle innerhalb eines Jahres nach der OP abgerechneten Kosten durch die Krankenkassen: ambulante Arztbesuche, ärztliche Spezialisten, Medikamente, Reha-Maßnahmen wie Physiotherapie, verschriebene Hilfsmittel und Heilmittel. „Das für uns als Gesundheitsökonomen wohl spannendste Ergebnis ist, dass die verringerten Kosten in der Interventionsgruppe vor allem darauf beruhen, dass die Patienten in den zwölf Monaten nach der OP den Hausarzt im Schnitt ein bis zweimal weniger aufsuchen mussten als die Patienten in der Kontrollgruppe. Auch wurde in der Interventionsgruppe weniger Physiotherapie in Anspruch genommen“, so Schöner. Für die Analyse der Kostendaten konnten jedoch nur 1.100 Patienten in Betracht gezogen werden, da sie entweder bei der BARMER oder bei einer Betriebskrankenkasse des BKK Dachverbandes versichert sein mussten. BARMER und BKK Dachverband waren Konsortialpartner im Projekt. Sie stellten dem Team die Kostendaten für die Kontrollgruppe zur Verfügung. Wittich führt die Ergebnisse der Studie maßgeblich auf das systematische Monitoring der Patienten durch die Software sowie die persönliche Betreuung durch die Studienassistenz zurück. Dadurch sei verhindert worden, dass sich eine gesundheitliche Verschlechterung, durch schnelle und zielgerichtete Therapieanpassungen, manifestierte. Sobald sich die Werte der Patienten verschlechterten, nahm die Klinik, die die OP durchgeführt hatte, über die Studienassistenz Kontakt mit den Betroffenen auf, um gemeinsam mit ihnen zu besprechen, ob und wie medizinisch eingegriffen werden müsse. Dieses Vorgehen trug nicht nur dazu bei, dass sich die Patienten umsorgt fühlten, sondern erklärt auch die geringere Inanspruchnahme ambulanter Versorgungsleistungen. Eine Neuerung, die einmal nicht teurer ist „In der Orthopädie ist der Einsatz der PROMs in dieser zeitlichen Abfolge ein Novum und meistens sind medizinische Neuerungen – wie neue Medikamente, neue Impfstoffe, neue robotergestützte OP-Techniken – oft auch teurer. Wir konnten nun mit unserer Studie zeigen, dass trotz eines Mehraufwandes – durch die Vorhaltung von Personal als Ansprechpartner für die Patienten in der Interventionsgruppe, das Monitoring der erhobenen Daten, Installation und Betreuung der Software – sich dennoch die Kosten verringerten, die Versorgung besser auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt und der Behandlungserfolg insgesamt gesteigert werden konnte. Kurz: höhere Wirtschaftlichkeit und verbessertes medizinisches Ergebnis. Aus Sicht der Gesundheitsökonomie ist das ein überzeugendes Resultat“, so das Resümee von Wittich und Schöner.
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