Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin: Alltagserfahrungen zu potenziell inadäquaten Medikamenten für Ältere17. April 2024 Foto: ©perfectlab/stock.adobe.com Um die 2023 aktualisierte PRISCUS-Liste, die potenziell inadäquate Medikamente für ältere Menschen auflistet, mit den Alltagserfahrungen von Schmerzmedizinern abzugleichen, hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) im vergangenen Jahr eine Umfrage durchgeführt. Erste Ergebnisse präsentierte PD Dr. Michael A. Überall, Vizepräsident der DGS, kürzlich beim Deutschen Schmerz- und Palliativtag. Ein zentrales Ergebnis: Aus Sicht der Anwenderinnen und Anwender eignet sich Morphin am wenigsten für die Schmerztherapie bei älteren Menschen. Vielfach wird der Wirkstoff aber noch als Goldstandard unter den hochpotenten Opioid-Analgetika angesehen. In Deutschland nehmen fast 90 Prozent der Menschen mindestens ein Medikament ein. Bei den 70- bis 79-Jährigen nehmen einer Erhebung aus dem Jahr 2013 zufolge mehr als 40 Prozent sogar fünf oder mehr ärztlich verordnete Arzneimittel gleichzeitig ein. Für die Betroffenen ergibt sich daraus ein relevantes Risiko für Neben- und Wechselwirkungen. Um die Arzneimittelversorgung im Alter zu verbessern, hat eine Gruppe von Expertinnen und Experten aus Medizin und Pharmakologie die sogenannte PRISCUS-Liste mit potenziell inadäquaten Medikamenten für ältere Menschen veröffentlicht. Die aktualisierte Version (2.0) wurde Anfang 2023 im Deutschen Ärzteblatt publiziert. Praxistauglichkeit PRISCUS-Liste soll im Alltag überprüft werden Aufgrund der Tatsache, dass ältere Menschen oft aus klinischen Studien ausgeschlossen werden, sind die verfügbaren Daten aber nur begrenzt aussagefähig, so ein Fazit der Autorinnen und Autoren. Eine individuelle Einschätzung der klinischen Situation von Patientinnen und Patienten und die daraus folgende Auswahl der geeigneten Medikation bleibe daher eine wichtige Aufgabe der behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Gleichzeitig weisen die Autorinnen und Autoren darauf hin, dass die Praxistauglichkeit der Liste im Alltag überprüft werden muss. Umfrage unter 1238 Ärztinnen und Ärzten Dies hat die DGS zum Anlass genommen, praktisch tätige Ärztinnen und Ärzte zu ihrer Einschätzung schmerzmedizinisch relevanter Wirkstoffe bezüglich ihrer Eignung für ältere Menschen zu befragen. „Denn auch wenn ein von PRISCUS als PIM (potenziell inadäquates Medikament) bewerteter Wirkstoff für Ältere im Allgemeinen nicht geeignet ist, kann seine Anwendung im Rahmen einer individualisierten Schmerztherapie trotzdem notwendig und gut verträglich sein“, betont Überall. Insgesamt 1238 Ärztinnen und Ärzten nahmen an der Online-Befragung teil, die von März bis Dezember 2023 stattfand. Dabei bewerteten die Teilnehmer, inwieweit schmerzmedizinisch relevante Wirkstoffe bei älteren Menschen geeignet sind. Die Ergebnisse In der Umfrage werden demnach nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zum größten Teil als nicht gut geeignet betrachtet. Besser verträgliche Medikamente, wie z. B. die Kombination aus Diclofenac und Omeprazol, werden von den Teilnehmenden leicht besser beurteilt. Von den verfügbaren Nichtopioid-Analgetika werden Metamizol und Paracetamol als geeignete Schmerzmedikamente für ältere Menschen eingestuft. Unter den niederpotenten Opioid-Analgetika wird die Kombination Tilidin/Naloxon am besten beurteilt. Bei den hochpotenten Opioid-Analgetika wird Morphin als am wenigsten geeignet für ältere Menschen beurteilt. Buprenorphin TTS (Transdermales Therapeutisches System), Hydromorphon und Tapentadol werden dagegen als geeignet angesehen. Dabei gelten retardierte Darreichungsformen als Mittel der Wahl und lang wirksame Substanzen werden als besser geeignet eingeschätzt. Eine gute Bewertung für den Einsatz bei älteren Menschen erhalten Cannabinoide. Einigkeit herrscht darin, dass Cannabis-Blüten für ältere Menschen eher nicht geeignet sind, sondern dass entweder Fertig-Arzneimittel oder Rezepturen zur Anwendung kommen sollten. Mirtazapin und Duloxetin waren die am besten bewerteten analgetisch wirksamen Antidepressiva. Obwohl Muskelrelaxanzien in der PRISCUS-Liste durchgängig negativ beurteilt wurden, ergab die Umfrage, dass Methocarbamol und Pridinol für ältere Menschen durchaus geeignet sind. Positivliste mit mindestens 5 von 10 Punkten Zusammenfassend präsentierte Überall eine Positivliste – also solche Wirkstoffe, die mindestens 5 von möglichen 10 Punkten in der Umfrage erhalten hatten: „Positivliste“ – Wirkstoffe, die in der Umfrage mindestens 5 von möglichen 10 Punkten bezogen auf die Eignung für ältere Menschen erhalten hatten. ©DGS Im nächsten Schritt plant die DGS, die Ergebnisse den Autorinnen und Autoren der PRISCUS-Liste zur Verfügung zu stellen und Empfehlungen.
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