Unfallchirurgen sehen zivile Kliniken in einer zentralen Rolle im Bündnisfall

Die 5. Notfallkonferenz fannd in Magdeburg statt (Bild: S. Herda/DGU)

Auf ihrer 5. Notfallkonferenz in Magdeburg hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) die Schlüsselrolle der Unfallchirurgie im Verteidigungs- und Bündnisfall hervorgehoben. Die zivilen Kliniken im TraumaNetzwerk DGU® bildeten dabei eine unverzichtbare Ressource.

„Mit politischer Unterstützung müssen wir jetzt Strukturen schaffen, die im Ernstfall zuverlässig funktionieren. Unser TraumaNetzwerk ist erprobt: Wir wissen, wie Verletzte optimal versorgt, Ressourcen effizient genutzt und Spezialisten flexibel eingesetzt werden können. Dieser über Jahrzehnte gewachsene Erfahrungsschatz darf nicht ungenutzt bleiben“, mahnte der Präsident der DGU, Prof. Ulrich Stöckle.

Kliniken unter Druck: Resilienz stärken

Ein funktionierendes Gesundheitswesen im Krisen- oder gar Kriegsfall sei keine Selbstverständlichkeit, so die DGU. Vertreterinnen und Vertreter aus Bundeswehr, Politik und Zivilversorgung seien sich auf der Konferenz einig gewesen, dass Kliniken konkrete Unterstützung, klare Strategien und belastbare Strukturen brauchten.

„Viele Häuser haben Katastrophen- und Einsatzpläne, aber es fehlt an gemeinsamen praktischen Übungen. Das muss sich dringend ändern“, forderte DGU-Generalsekretär Prof. Dietmar Pennig. Schon heute gerieten viele Kliniken durch hohe ökonomische Belastungen an ihre Grenzen. Zusätzliche Anforderungen in Vorbereitung auf Krisenlagen könnten sie ohne Unterstützung kaum bewältigen.

Forderungen der DGU

  • Einbindung der TraumaNetzwerke der DGU: Vorhandenen zivile Strukturen müssen in die Planungen integriert werden, da Bundes wehrkrankenhäuser und Universitätskliniken weder in der Fläche noch von der Kapazität ausreichen.
  • Verteilung der Verwundeten koordinieren: Nutzung der unfallchirurgischen Kompetenz der DGU für eine effiziente Verteilung im Netzwerk vom Ort des Geschehens.
  • Ressourcen konsequent nutzen: Vorhandene Kapazitäten müssen zu 100 Prozent ausgeschöpft werden können, hierfür tragen alle Fachgesellschaften Verantwortung.
  • Vernetzung von Zivilversorgung und Militär: Enge fachliche Anbindung der militärischen Erstversorgung an die zivilen Strukturen.
  • Fortbildung ausbauen: Orthopäden und Unfallchirurgen müssen in großem Umfang für die Behandlung von Kriegsverletzungen geschult werden. Entscheidend ist nicht die Zahl der Betten, sondern die Verfügbarkeit hochspezialisierter Expertise.

Unfallchirurgie als Schlüsselressource

Der Fachgesellschaft zufolge zeigen die Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg, dass im Ernstfall komplexe Extremitäten- und Weichteilverletzungen dominieren, die hochspezialisierte Behandlungen erfordern. „Nicht Intensivbetten sind der limitierende Faktor, sondern die unfallchirurgische Expertise wird zum Engpass. Die TraumaNetzwerke der DGU bieten hierfür eine belastbare Grundlage, um Patientinnen und Patienten effizient zu verteilen und Kapazitäten regional zu koordinieren“, so DGU-Vorstandsmitglied Prof. Sascha Flohé.

Gemeinsame Strategien statt Alleingänge 

„Wir müssen die Versorgung aller Betroffenen in Krise, Krieg und Katastrophe klar definieren und konzeptionieren, dürfen uns aber nicht in Zuständigkeiten verlieren. Nur ein abgestimmtes Vorgehen kann Verwundetenversorgung und Katastrophenschutz gemeinsam sicherstellen“, forderte Oberstarzt Prof. Axel Franke, Leiter der DGU-Sektion Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie (EKTC). Entscheidend sei dabei auch die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Fachgesellschaften.

Hintergrund 5. Notfallkonferenz

Am 18. September 2025 diskutierten Ärztinnen und Ärzte, Politiker und Vertretende der Bundeswehr in Magdeburg, wie die Versorgung Verletzter in Zeiten von Krise, Krieg und Katastrophe zuverlässig organisiert werden kann. Im Fokus standen die aktuellen Kapazitäten, künftige Bedarfe und Wege, um die Lücke zwischen Realität und Anforderungen zu schließen. Im Ernstfall könnten auf Deutschland bis zu 1000 Verletzte an jedem Tag zukommen. „Unser Gesundheitssystem wäre damit aktuell massiv überfordert“, so Pennig. Daher führe die DGU intensive Gespräche mit der Politik. Auch Dr. Ute Teichert vom Bundesministerium für Gesundheit nahm an der Diskussion teil und stellte das geplante Gesundheitssicherstellungsgesetz vor.