Uniklinikum Dresden setzt Strahlentherapie gegen Herzrhythmusstörungen ein16. März 2023 Das Team aus der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie mit dem 72-jährigen Patienten. Foto: Kirsten Lassig/Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Ein Team der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden hat erstmals einen Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen mittels Strahlentherapie behandelt. Bei dem 72-Jährigen mit nichtischämischer Kardiomyopathie konnten so die für die Arrhythmien kritischen Areale im Herzen lahmgelegt werden. „Innerhalb von wenigen Tagen haben wir den Fokus für die Herzrhythmusstörung in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Herzzentrum an unserem hochmodernen Linearbeschleuniger bestrahlt“, berichtet Prof. Esther Troost. Seitdem habe sich der Zustand des Patienten insoweit stabilisiert, dass er keine lebensgefährlichen Kammerrhythmusstörungen mehr hat. Nun hoffen die Medizinerinnen und Mediziner, dass sich die in der Literatur beschriebenen positiven Auswirkungen der experimentellen Behandlungsmethode auch bei ihm dauerhaft einstellen. Weltweit haben bislang nur um die 300 Patientinnen und Patienten eine solche Therapie erhalten – in Dresden war es die erste Bestrahlung ihrer Art. Mit Strahlen gegen Herzrhythmusstörungen – dieses innovative Verfahren hat ein Team aus der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Uniklinikum Dresden jetzt erstmalig angewendet. Der Patient leidet seit Langem an einer nichtischämischen Kardiomyopathie. Diese ist von einer ausgeprägten Herzschwäche begleitet, was zu lebensgefährlichen Kammerrhythmusstörungen führen kann. „Sein implantierter Defibrillator löste deshalb mehrfach aus, um das Herz wieder in Takt zu bringen – bei teilweise vollem Bewusstsein. Das ist ein mitunter sehr traumatisches Ereignis für die Betroffenen“, erläutert Dr. Micaela Ebert, Oberärztin der Klinik Innere Medizin und Kardiologie im Herzzentrum Dresden der Universitätsklinik. Eine medikamentöse Behandlung der Störungen konnte ihm ebenso wenig helfen, wie die Verödung der für die Störungen verantwortlichen Bereiche im Herzmuskel per Katheterbehandlung. „Das Zielgebiet der Störung liegt bei dem Patienten sehr tief in der muskulären Wand der Herzbasis, also dort, wo die Herzkammer häufig am dicksten ist. Mit konventionellen Therapien konnten wir hier nicht helfen“, sagt Prof. Sergio Richter, Sektionsleiter der Rhythmologie im Herzzentrum. An dieser Stelle haben die Expertinnen und Experten aus dem Herzzentrum Rat in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie gesucht. Denn schon seit längerem wird an Möglichkeiten geforscht, Strahlentherapie neben der Tumorbehandlung auch zur Therapie anderer Erkrankungen einzusetzen. Die Hochschulmedizin Dresden ist unter anderem eins von sieben Studienzentren in Deutschland, die sich an der RAVENTA-Studie beteiligen. Gemeinsam wollen sie die Durchführbarkeit und Sicherheit einer Hochpräzisionsbestrahlung (die sogenannte stereotaktische Strahlentherapie) für Patientinnen und Patienten mit anhaltenden und austherapierten ventrikulären Tachykardien untersuchen. Weltweit wurde diese Methode erst bei 300 Menschen angewandt. In der Studie sollen Behandlungsergebnisse von 20 Patientinnen und Patienten berücksichtigt und ausgewertet werden. In Dresden wurde nun der erste Patient im Rahmen dieser Studie behandelt. „Im vorliegenden Fall war die Behandlung der Herzrhythmusstörungen mit Bestrahlung die letztmögliche Therapieoption“, betont Troost. Ziel des experimentellen Verfahrens ist ähnlich wie bei einer Katheterablation, die Stellen im Herzen „lahmzulegen“, von der die fehlerhaften Erregungssignale ausgehen, die zu den potentiell tödlichen Kammerrhythmusstörungen führen. Während der vorherigen Katheterablation wurde von den Rhythmologinnen und Rhythmologen eine hochauflösende 3-D-Darstellung der Herzkammer (Mapping) erzeugt, um diese Stelle genau zu lokalisieren und zu markieren. Diese Daten wurden in das anschließend durchgeführte 4-D-Planungs-CT integriert. Auf dieser Grundlage konnten die Strahlentherapeutinnen und -therapeuten Troost, Dr. Annika Lattermann und Dr. Fabian Lohaus – ähnlich wie bei der Bestrahlungsplanung von zum Beispiel bösartigen Tumoren – ihre strahlentherapeutische Planung und letztlich die Therapie durchführen. „Dabei galt es vor allem, das umliegende sehr sensible Gewebe wie Herz, Herzmuskel oder die Herzklappen nicht zu beschädigen. Das ist uns gelungen. In der regelmäßigen Nachsorge begleiten wir den Patienten weiterhin und wünschen alles Gute für die weitere Genesung“, sagt die behandelnde Ärztin Lattermann. „Wissenschaft und Patientenversorgung gehen an der Hochschulmedizin Dresden Hand in Hand. Der vorliegende Fall verdeutlicht dies erneut hervorragend. Nicht nur, dass wir mit innovativer, moderner Therapie dem Patienten helfen konnten. Wir leisten damit auch einen großen Anteil für die Forschung. Die RAVENTA-Studie hilft dabei, die Methode in der Patientenversorgung zu etablieren“, verdeutlicht Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät an der TU Dresden.
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