Universitätsklinikum Bonn: Neue Navigationssoftware unterstützt Nierenforschung10. April 2024 Foto: © Aoiiz/stock.adobe.com Bislang war es nicht zu bestimmen, ob bei Nierenkrankheiten die Eiweißausscheidung nur durch wenige, aber stark beschädigte, oder durch viele mäßig beschädigte Glomeruli, verursacht wird. Forschende aus Bonn haben ein Computer-Verfahren entwickelt, um diese Frage experimentell zu klären. „Dies ist von großer Bedeutung für die Therapie und Prognose und könnte sich durchaus bei den vielen unterschiedlichen Formen von Nierenerkrankungen unterscheiden“, beschreibt Dr. Alexander Böhner, Assistenzarzt an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des UKB, die Motivation dieser Frage in Kleintiermodellen von Nierenkrankheiten experimentell auf den Grund zu gehen. Die Ergebnisse der Arbeit wurden in der Fachzeitschrift „Kidney International“ veröffentlicht. Sichtbarkeit von fluoreszierendem Eiweiß zur Rätsellösung nutzen Hinter jedem Glomerulus befindet sich ein winziger Kanal, in dem der Urin weiterverarbeitet wird, bevor er in die Harnblase gelangt. Wenn nun Eiweiß in diesem Kanal detektiert wird, muss der dazugehörige Filter defekt sein. Die Herausforderung bestand darin, diesen Glomerulus zu identifizieren. „Dies war bislang eine unlösbare Aufgabe, denn die menschliche Niere besteht aus Millionen Glomeruli mit Tubuli, die in einer komplexen Weise dreidimensional einander umschlingen“, kommentiert Prof. Christian Kurts vom Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie am UKB. Das Forschungsteam hat dieses Problem gelöst, indem es die Niere chemisch transparent gemacht und mittels Lichtblatt-Fluoreszenz-Mikroskopie komplett abgebildet hat. Danach kombinierten die Bonner Forschenden einen Algorithmus zur Bildverbesserung mit einem stark parallelisierten geometrischen Algorithmus, der ein Prinzip ähnlich dem in Navigationsgeräten nutzt, die den schnellsten Weg auf einer zweidimensionalen Landkarte bestimmen. Damit konnte in einer kompletten Niere in drei Dimensionen bestimmt werden, aus welchem defekten Glomerulus fehlfiltriertes Eiweiß stammt. „Dabei summierte der Algorithmus alles detektierte Eiweiß des betreffenden Glomerulus und bestimmt so, wie viel Eiweiß dieser fehlerhaft filtriert hatte, also wie stark beschädigt er war“, berichtet Prof. Alexander Effland von der Interdisziplinären Forschungseinheit (IRU) „Mathematics and life sciences“ des Hausdorff Center for Mathematics (HCM) der Universität Bonn. „Es ergab sich eine Karte, die jedes Glomerulus und dessen Schaden in einer anderen Farbe zeigt“, fügt er hinzu. Landkarte defekter Nierenfilter ermöglicht detaillierte Analyse von entzündeten Nieren Die Bonner Forschenden wendeten diese Technik auf ein Modell der rapid-progressiven Glomerulonephritis an. Sie fanden heraus, dass es Regionen gibt, in denen sich stark beschädigte Glomeruli konzentrierten. Dies ist von Bedeutung für die Diagnose per Nierenbiopsie, bei der eine Probe aus der Niere entnommen und untersucht wird. „Wird diese Probe nun zufällig aus einem schwer betroffenen Gebiet entnommen, würde die mikroskopische Untersuchung den Schwergrad der Entzündung der gesamten Niere überschätzen“, resümiert Prof. Kurts. Diese Technik wird völlig neue Einblicke in die Entwicklung von Nierenkrankheiten ermöglichen. Sie ist prinzipiell auch anwendbar auf andere Organe, die modular aufgebaut sind, also aus vielen funktionellen Einheiten, wie die Leber oder die Lunge. Diese Arbeit wurde finanziert durch die DFG, insbesondere das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 und das Hausdorff Center for Mathematics der Universität Bonn sowie das Nachwuchsförderprogramm Bonfor der Medizinischen Fakultät Bonn.
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