Unterschätztes Risiko bei Lungentransplantationen erforscht: Neue Erkenntnisse zu lebensbedrohlicher Reaktion auf das Spenderorgan

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Als potenziell lebensbedrohliches Risiko bei Lungentransplantationen ist das PLS (Passenger Lymphocyte Syndrome) kaum erforscht und vielfach unterschätzt. Dabei tritt die Komplikation häufiger auf als bisher angenommen, zeigt eine neue Studie.

Verantwortlich für die Publikation „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ sind Mitarbeiter der Universitätsklinik für Transfusionsmedizin und Zelltherapie in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie der Medizinischen Universität (MedUni) Wien und dem Allgemeinen Krankenhaus (AKH) Wien (Österreich). Ihre Ergebnisse liefern nicht nur neue Erkenntnisse zum PLS, sondern auch Ansätze zur Früherkennung und rechtzeitigen Therapie.

Die Studie ist nach Angaben der Autoren die bisher umfangreichste Forschungsarbeit zu diesem Thema. Dabei wurden relevante Daten und Werte von rund 1100 Patienten, die zwischen 2010 und 2021 eine Lungentransplantation am Universitätsklinikum AKH Wien erhalten hatten, analysiert. Wie die Ergebnisse zeigen, tritt ein PLS im ungleichen AB0-Setting deutlich häufiger auf als bisher angenommen. Zum PLS kommt es, wenn bestimmte Lymphozyten aus dem Blut der Spender nach der Transplantation eine Hämolyse auslösen. Patienten mit PSL weisen signifikant niedrigere Hämoglobinwerte auf, sind also in stärkerem Ausmaß anämisch und benötigen doppelt so häufig Bluttransfusionen wie Patienten ohne PLS.

Hohes Risiko für Blutgruppe-A-Patienten mit 0-Transplantat

„Bisher ist man von wenigen Prozent Betroffenen ausgegangen“, berichtet Studienleiter Prof. Günther Körmöczi (Universitätsklinik für Transfusionstherapie und Zelltherapie). „Bei unserer genauen Analyse der AB0-ungleichen Transplantationen stellte sich aber heraus, dass je nach spezifischer Blutgruppenkombination zwischen Spender:in und Empfänger:in bis zu 30 Prozent der Patient: innen nach der Lungentransplantation hämolytische Reaktionen entwickelten.“ Besonders häufig betroffen waren Blutgruppe-A-Patienten, die Transplantate der Blutgruppe 0 erhielten.

Diese Erkenntnisse unterstreichen die Dringlichkeit einer sorgfältigen Überwachung wichtiger Parameter nach Lungentransplantationen im AB0-ungleichen Setting, um eine Hämolyse frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die dafür geeigneten Maßnahmen (Coombstest, Eluattest) wurden in der Studie ebenfalls beschrieben. „Ein immunhämatologisches Monitoring ist in AB0-ungleicher Konstellation angezeigt, um die Patient:innen nach der Lungentransplantation optimal zu betreuen und mit einer angepassten Transfusionstherapie zu versorgen”, betont Körmöczi die Relevanz der Ergebnisse. Die Studie ist eine Weiterführung der Diplomarbeit von Erstautorin Mirjam M. Kohl (Universitätsklinik für Transfusionsmedizin und Zelltherapie) unter Betreuung von Körmöczi und Stefan Schwarz.