Unterschiede bei Störungen des Geruchssinns

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Eine aktuelle Studie hat die Unterschiede bezüglich Demographie, medizinischer Vorgeschichte und Lebensqualität für Parosmie und Phantosmie untersucht. Profitieren könnten auch COVID-19-Betroffene mit Störungen von Geruchs- und Geschmackssinn.

Plötzlicher Verlust des Geruchs- und/oder Geschmackssinns ist ein bekanntes COVID-19-Symtom. Manche Betroffene leiden aber auch unter Parasmie oder Phantosmie. Nun sind Forschende des Monell Chemical Senses Center, Philadelphia, USA, die Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen näher charakterisiert. Nach Ansicht der Autoren könnte das Wissen um bestimmte demographische Muster, medizinische Vorgeschichte und die Lebensqualität betreffende Aspekte, die mit den Störungen assoziiert sind, einerseits Einblicke in Organisation sowie Funktion des olfaktorischen Systems und andererseits eine bessere Behandlung der Betroffenen ermöglichen.

„Aufgrund unserer Ergebnisse ist klar, dass diese Geruchsstörungen deutlich verschieden, aber auch häufig bei Personen mit Beeinträchtigung des Geruchssinns auftreten“, sagt Robert Pellegrino, PhD, leitenden Studienautor. „Das Erkennen bestimmter Muster für die Geruchsstörungen ist ein erster Schritt, um zugrunde liegende biologische Ursache aufzudecken.“

Pellegrino hofft, dass die Studie zu mehr Forschung zu den Gründen für die Störungen führt und damit auch zu neuen Therapieansätzen. So hat das Team beispielsweise herausgefunden, dass Parosmie etwa drei bis sechs Monate nach Verlust des Geruchssinns auftritt. Damit habe die Parosmie zwar große Auswirkungen auf die Lebensqualität, lässt aber typischerweise schneller nach als Phantosmie oder Anosmie. „Das ist für Patienten wichtig zu wissen“, so Pellegrino. Trotz der offensichtlichen Unterschiede zwischen Parsomie und Phantosmie, trennen viele Studien beides nicht in ihren Analysen. Auch werden Pellegrino zufolge selten quantitative Daten erhoben, stattdessen verlassen sich viele Studien auf Berichte und Anekdoten von Patientinnen und Patienten.

Pellegrino hat daher seine Studie so entworfen, dass quantitative Daten zur Parosmie und Phantosmie erhoben wurden, um beides zu beschreiben. Das habe Vergleiche und Rückschlüsse zu beiden Störungen erlaubt, so der Autor. Ausgehend von ihren Daten hat das Forscherteam eine Metrik für den Schweregrad zur Nutzung für die Forschung und in der Klinik entworfen, basierend auf Frequenz und Dauer der Störungen. „Es gibt deutliche Unterschiede in den Erfahrungen der Patienten bei beiden Störungen, manche schwerwiegender als andere und mit teils signifikanten Auswirkungen auf die Lebensqualität“, so Pellegrino. So berichteten Patienten etwa, dass sie permanent an ihre Erkrankung erinnert werden, was zu psychischen Problemen führen könne.

Das Team hat 2100 Menschen mit mindestens eine olfaktorischen Störung im Leben befragt. Dabei waren Geruchsstörungen mit 46 Prozent häufig, unter den Antwortenden berichteten 19 Prozent von Parosmie, 11 Prozent von Phantosmie und 16 Prozent waren von beidem betroffen. Die Studie nutze weltweit verbreitete Online-Fragebögen in Englischer Sprache. Die meisten Teilnehmenden kamen aus Großbritannien oder den USA. Rekrutiert wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hauptsächlich über die Webseite der Patientenvertretung „AbScent“ sowie deren Facebook-Auftritt und Twitter-Account. Die Umfragedaten wurden zwischen Mai 2019 und Oktober 2020 erhoben.

Die Hauptunterschiede zwischen Parosmie und Phantosmie betrafen Alter und Geschlecht, Ursache, Zeitverlauf und Auslöser. So waren Parosmie-Betroffene häufiger weiblich und in der Regel jünger als Personen mit Phantosmie. Außerdem hatten sie häufiger eine Anosmie beziehungsweise eine Hyposmie erlitten. Im Gegensatz dazu trat Phantosmie mit einer höheren Prävalenz bei Menschen zwischen 41 und 50 Jahren auf, Ansomie und Hyposmie waren häufiger bei älteren Personen. Es zeigten sich keine Unterschiede bezüglich des Geschlechts bei Phantosmie versus Anosmie und Hyposmie.

Virale Infektionen hatten häufiger Parosmie zur Folge als andere Störungen des Geruchssinns, während Kopftraumata häufiger Phantosmie auslösten. Parosmie-Betroffene gaben mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an, dass sich ihre Zustand mit der Zeit verbesserte und die Wiederherstellung fiel mit dem zeitlichen Verlauf der physiologischen Wiederherstellung zusammen. Phantosmie hingegen erwies sich als stabiler, ohne Veränderung der Besserung mit der Zeit.

Die meisten Menschen mit Parosmie berichteten von spezifischen verzerrten Geruchsquellen. Allerdings konnten nur wenige Personen mit Phantosmie die Quelle ihrer Geruchsverzerrung angeben. Sollten sie Trigger für Episoden mit gestörtem Geruchssinn angeben, nannten Parosmie-Betroffene häufig Gerüche, etwa Knoblauch oder gerösteter Kaffee. Menschen mit Phantosmie hingegen gaben Orte, Zeitpunkte oder bestimmte Sinneseindrücke an, außerdem Stress oder Erinnerungen.

Die neurologischen Mechanismen für Parosmie und Phantosmie sind nach wie vor Gegenstand der wissenschaftlichen Debatte. Nach Ansicht der Autoren stützt die aktuelle Studie die These, dass ein sensorisches Neuron in der Nase, das auf einen bestimmten Geruch eingestellt ist, fälschlicherweise Signale bei einem anderen Geruch Signale sendet. Diese Fehlschaltung könne einen Verdrehung des wahrgenommenen Geruchs generieren, mit guten Gerüchen, die plötzlich schlecht riechen oder umgekehrt, so Pellegrino. Dagegen wären sporadische Signale, die das Gehirn produziert und die zu Halluzinationen führen Pellegrino zufolge eine Erklärung für Phantosmie. (ja)