Unterschiede in der Performance von Pulsoximetern bei Personen verschiedener Hautfarbe führen auch zu Ungleichheiten in der Versorgung

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Die Genauigkeit eines Pulsoximeters bei der Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2) wird auch von der Hautpigmentierung beeinflusst. Dies kann laut einer neuen Studie zu Ungleichheiten in der Versorgung von Patienten beitragen.

Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Hautpigmentierung und Melanin die Fähigkeit eines Pulsoximeters bei der genauen Messung der Sauerstoffsättigung beeinträchtigen können. Die neue Studie unter der Leitung von Wissenschaftlern des Brigham and Women’s Hospital und des Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) in den USA liefert Hinweise darauf, dass diese Ungenauigkeiten auch mit Ungleichheiten in der Patientenversorgung zusammenhängen können. Die Forschenden fanden heraus, dass schwarze, hispanische und asiatische Patienten, die auf einer Intensivstation (ICU) behandelt wurden, im Vergleich zu Weißen größere Diskrepanzen zwischen den mit Pulsoximetern gemessenen SpO2-Werten und den in Blutproben gemessenen Werten aufwiesen und weniger zusätzlichen Sauerstoff erhielten als weiße Patienten.

„Es ist wichtig zu bedenken, dass Pulsoximeter uns eine Schätzung liefern, aber es ist mehr als nur eine Zahl“, betont der korrespondierende Autor Dr. Eric Gottlieb, der die vorliegende Arbeit in seiner Zeit als Fellow in der Abteilung für Nephrologie am Brigham and Women’s Hospital und im Laboratory for Computational Physiology (LCP) des Massachusetts Institute of Technology (USA) abgeschlossen hat. „Wir verwenden diese Schätzung, um klinische Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel darüber, wie viel zusätzlicher Sauerstoff einem Patienten verabreicht werden soll.“ Er ergänzt: „Es hat eine echte Bedeutung für die Patienten, die wir versorgen, weil wir ethnische Unterschiede in der Behandlung auf diese Unterschiede in den Maßen zurückführen können.“

Pulsoximeter messen, wie viel Licht durch die Haut dringt, um daran abzuschätzen, wie viel Sauerstoff sich in den roten Blutkörperchen eines Patienten befindet. Die genaueste Methode zur Messung der wahren Hämoglobin-Sauerstoffsättigung im Blut ist die Entnahme einer Probe des arteriellen Blutes eines Patienten, was das Einführen einer Nadel in die Speichenarterie im Handgelenk oder das Legen eines arteriellen Zugangs erfordert – Verfahren, die für Patienten unangenehm sind und nicht so regelmäßig oder so leicht durchgeführt werden können wie Messungen mit einem Pulsoximeter. Wenn ein Patient fälschlicherweise erhöhte SpO2-Werte hat, besteht möglicherweise ein erhöhtes Risiko für eine versteckte Hypoxämie – ein Zustand, der mit höheren Sterblichkeitsraten verbunden ist und bei Patienten, die einer ethnischen Minderheit angehören, häufiger auftritt.

Zur Durchführung ihrer Studie verwendeten Gottlieb und Kollegen Daten aus dem MIMIC-IV-Datensatz (Medical Information Mart for Intensive Care), der Intensivversorgungsdaten von mehr als 50.000 Patienten enthält, die auf ICUs des BIDMC behandelt wurden. Dieser Datensatz enthält sowohl Pulsoximeter-Messwerte als auch Sauerstoffsättigungswerte, die in Blutproben von ICU-Patienten festgestellt wurden. Der Datensatz enthielt außerdem Raten der Versorgung mit zusätzlichem Sauerstoff mittels Nasenkanüle.

An der Studie nahmen mehr als 3000 Patienten teil: Dabei handelte es sich um 2667 Weiße, 207 Schwarze, 112 Amerikanischer lateinamerikanischer Abstammung und 83 Asiaten. Als die Forschenden die vom Pulsoximeter gemessenen SpO2-Werte mit der Sauerstoffsättigung aus Blutproben verglichen, stellten sie fest, dass schwarze, lateinamerikanische und asiatische Patienten bei einem bestimmten Blutsauerstoffsättigungswert höhere SpO2-Werte aufwiesen als weiße. Infolgedessen fielen bei schwarzen, hispanischen und asiatischen Patienten die Raten einer Versorgung mit zusätzlichem Sauerstoff geringer aus.

„Verzerrungen in realen Daten zu verstehen ist absolut entscheidend, bevor wir diese Daten verwenden, um Algorithmen zu trainieren, die Ärzte bei der Entscheidungsfindung unterstützen sollen“, unterstreicht Seniorautor Dr. Leo Anthony Celi vom Beth Israel Deaconess Medical Center. „Bevor wir mehr Geld in die Entwicklung künstlicher Intelligenz für das Gesundheitswesen unter Verwendung elektronischer Patientenakten investieren, müssen wir alle Treiber von Ergebnisunterschieden erkennen – einschließlich derjenigen, die sich aus dem Einsatz von Technologie ergeben. Anderenfalls riskieren wir, gesundheitliche Ungleichheiten mit künstlicher Intelligenz zu erhalten und zu verstärken.“

Die Autoren weisen auf die Einschränkungen ihrer Studie hin, so auch auf die Tatsache, dass ihre Ergebnisse auf Daten aus nur einer Einrichtung basieren und nur Patienten einschlossen, die zusätzlichen Sauerstoff über eine Nasenkanüle erhielten. Zudem machten die Patienten selbst Angaben zu ihrer ethnischen Zugehörigkeit: Diese wurde nicht anhand des Hauttons beurteilt. Zukünftige Studien könnten die Färbung der Haut und die Sauerstoffzufuhr direkter messen und andere Komorbiditäten und soziodemografische Faktoren untersuchen, die zu Ungleichheiten beitragen können.

„Bisher gab es nur begrenztes Interesse daran, die Probleme zu lösen, die Pulsoximetern innewohnen, aber wir zeigen, dass diese Messungen klinisch relevant sind und ein echtes Problem darstellen, das gelöst werden muss“, erklärt Gottlieb. „Es ist wichtig, dass diese Art von Forschung fortgesetzt wird und Ärzte mit Ingenieuren, Aufsichtsbehörden und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten, um darauf zu bestehen, dass dies ein Problem ist, das es wert ist, angegangen zu werden.“