Update der S2k-Leitlinie zur Fetalen Wachstumsrestriktion veröffentlicht15. Oktober 2024 Foto: © pressmaster/stock.adobe.com Das Update der Leitlinie* „Fetale Wachstumsrestriktion“ (FGR; ehemals „Intrauterine Wachstumsrestriktion“) soll beteiligte Professionen im Umgang mit dieser Schwangerschaftskomplikation besser unterstützen. Im Rahmen der Diagnostik des FGR bestehen Unklarheiten, vor allem bezüglich der Problematik, wann eine eindeutige FGR vorliegt. Um die Professionen, die Schwangere mit betroffenen Kindern betreuen, zu unterstützen, wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) sowie der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) eine S2k-Leitlinie zur Fetalen Wachstumsrestriktion erarbeitet. Unterschied: Small for gestational age- und FGR-Feten Es gilt, stets zwischen small for gestational age (SGA) und FGR zu unterscheiden. Im Gegensatz zu FGR liegt bei SGA-Feten lediglich ein Gewicht am unteren Ende der Normalverteilung vor, was nicht unbedingt mit dem pathologischen Wachstum einhergeht. So werden bei diesem Befund auch kleine Kinder eingeschlossen, die nicht zwangsläufig von einer erhöhten perinatalen Morbidität betroffen sind, erklärt die DGGG. Um genau zu diagnostizieren, wird der Blick der Ärzte auf Perzentile gelegt,welche das Maß einer nach Rang- bzw. Größenordnung verteilten Statistik beschreibt. Liegt ein Fetus unterhalb der 10. Perzentile, wird er meistens als SGA-Fetus eingeordnet. Die Wahrscheinlichkeit für eine vorliegende FGR ist umso höher, je geringer die Perzentile des jeweiligen fetalen Wachstums ist. Da SGA-Feten mit einem Schätzgewicht bzw. Abdomenumfang unter der 3. Perzentile ein höheres perinatales Risiko für Morbidität und Mortalität haben, wird dieser Wert als Definitionskriterium für FGR gesetzt, heißt es weiter. „Auch wenn es Ansätze gibt, bereits frühzeitig über Anamnese, biochemische Parameter und dopplersonographische Untersuchungen Risikofaktoren für eine Plazentationsstörung zu erkennen und so ein Hochrisikokollektiv für die Entwicklung einer FGR herauszubilden, ist es derzeit so, dass im Schwangerschaftsverlauf regelmäßige fetometrische Ultraschalluntersuchungen erfolgen, um das Wachstum des Feten zu verfolgen. Schwierigkeiten bestehen unter anderem in der Unterscheidung zwischen Feten, die konstitutionell klein sind und ihr genetisches Wachstumspotenzial ausschöpfen und kleinen Feten, die ihr Wachstumspotential aufgrund einer zugrunde liegenden Pathologie nicht ausschöpfen können“, erklärt Prof. Sven Kehl, Leitlinienkoordinator. Anamnese, Diagnostik und Überwachung In einer ausführlichen Anamnese sollen Schwangere stets auf potentielle Risikofaktoren für das Auftreten einer FGR untersucht werden Falls Faktoren vorliegen, sollten weitere diagnostische Untersuchungen durchgeführt oder angeboten werden. Um eine engmaschige Überwachung bei bestehendem Verdacht auf FGR sicherstellen zu können, ist eine umfangreiche Anamneseerhebung essentiell. Klinische Untersuchungen und apparative Diagnostik sollen in weiteren Schritten dabei helfen, eine FGR endgültig auszuschließen oder zu bestätigen, heißt es in dem Update. Im Rahmen der weiteren Diagnostik betrachten die Experten verschiedene Möglichkeiten: Im Abstand von vier Wochen soll eine Kontrolle des Fundusstandes erfolgen. In den letzten zwei Monaten der Schwangerschaft soll die Zeitspanne auf zwei Wochen verringert werden. Das anamnestische Gestationsalter soll anhand der gemessenen Scheitel-Steiß-Länge evaluiert werden. Eine sonographische Feindiagnostik sowie eine genetische und infektiologische Abklärung gehören zur differentialdiagnostischen Abklärung. Wesentlich in der Diagnostik und Überwachung ist die Dopplersonographie. Sie ist für die Überwachung der FGR neben der computerisierten Kardiotokographie (cCTG) unerlässlich, weil anhand dieser die perinatalen Ergebnisse verbessert werden können, heißt es weiter. Beratungsgespräche und Betreuung der Schwangeren Anhand ausführlicher Beratungsgespräche zwischen Ärzten und den Schwangeren oder den werdenden Eltern sollen jegliche Zusammenhänge mit der Diagnose der FGR dargelegt werden. Individuelle, medizinische, psychische und soziale Fragen der Patientinnen stehen dabei im Vordergrund. In den Gesprächen sollte über den individuellen Verlauf sowie weitere Konsequenzen der Schwangerschaftskomplikation FGR aufgeklärt werden. Weitere Themen der Aufklärung sollten mögliche Ursachen sowie Kurz- und Langzeitfolgen, das Wiederholungsrisiko und gegebenenfalls weitere diagnostische Untersuchungen sein. Hinzuweisen sei dabei laut der Leitlinie auch auf erhöhte Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen für Mutter und Kind und das Wiederholungsrisiko für eine erneute FGR in der Folgeschwangerschaft. Die Entscheidungsfindung während der Behandlung sollte auf Basis eines gemeinsamen Prozesses der Ärzte mit den Patientinnen erfolgen. Die wichtigsten Ergebnisse der Aufklärungs- und Beratungsgespräche seien laut den Expertinnen und Experten jeweils transparent zu dokumentieren. Zudem könne eine zusätzliche psychologische, psychosoziale oder seelsorgerische Betreuung für Schwangere oder werdende Eltern hilfreich sein. Hinsichtlich der Wahl des Entbindungsortes sollten potenzielle neonatale Risiken im Zusammenhang mit FGR bedacht werden. Aufgrund der Tatsache, dass viele der Kinder eine umfassende neonatale Betreuung und Überwachung brauchen, wird darauf hingewiesen, sich an ein Perinatalzentrum mit einer Neugeborenen-Intensivstation zu wenden. So kann eine sofortige und kontinuierliche Versorgung gewährleistet werden. *Die S2k-Leitlinie richtet sich an Ärzte der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Neonatologie sowie Pädiatrie, aber auch an schwangere Patientinnen. Finanziert wurde die Erstellung der Handlungsempfehlung mit Hilfe des DGGG-Leitlinienprogramms. Hinweis der DGGG: Leitlinien sind Handlungsempfehlungen. Sie sind rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.
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