Ur-Delfin hörte hohe Töne8. November 2024 Delfinfossil Romaleodelphis pollerspoecki. Foto: Manuela Schellenberger/SNSB-BSPG Ein Team um Paläontologin Gertrud Rößner hat eine neue urtümliche Delfinart entdeckt, der Analysen des Innenohrs ein ausgezeichnetes Hörvermögen im Hochfrequenzbereich bescheinigen – ähnlich dem von modernen Delfinen. Das Tier lebte vor rund 22 Millionen Jahren in einem küstennahen Meeresabschnitt im Bereich des heutigen Oberösterreichs. Das erste und bisher einzige Fossil des urtümlichen Delfins stammt aus einer Fundstelle nahe Linz in Oberösterreich. Forscherinnen und Forscher aus München von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG) und der Ludwig-Maximilians-Universität sowie aus Frankfurt vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum identifizierten den Delfin als neue bisher unbekannte Art und Gattung und gaben ihm seinen wissenschaftlichen Namen Romaleodelphis pollerspoecki. „Übrig von Romaleodelphis pollerspoecki ist nur sein nicht ganz vollständiger Schädel, mit einer langgezogenen Schnauze und 102 gleichförmigen Zähnen”, berichtet Erstautorin Catalina Sánchez Posada, die das Fossil im Rahmen ihrer Masterarbeit untersuchte. Der 22 Millionen Jahre alte Schädel ist stark zusammengedrückt, was die Untersuchung der Schädelanatomie besonders schwierig macht. Computertomographische Aufnahmen, die in der Klinik und Poliklinik für Radiologie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München angefertigt wurden, ermöglichten aber dennoch die Analyse innenliegender Merkmale. Bemerkenswerte Ergebnisse lieferte insbesondere die anatomische Rekonstruktion des Innenohrs des Fossils mithilfe mikro-computertomographischer Aufnahmen. „Die Form des gut erhaltenen knöchernen Labyrinths im Schädelinneren deutet darauf hin, dass Romaleodelphis pollerspoecki die Fähigkeit besaß, Hochfrequenzsignale zu hören“, erklärt Koautorin Dr. Rachel Racicot vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Frankfurt. Damit ist dieser Delfin einer der ältesten bekannten Zahnwale, die über einen Gehörsinn verfügten, wie er heute beispielsweise bei den Schweinswalen zu finden ist. Diese Tiere können in Frequenzbereichen kommunizieren, die außerhalb des Hörvermögens ihrer Fressfeinde liegen. Eventuell besteht auch ein Zusammenhang in der Entwicklung mit der Delfin-typischen Fähigkeit zur Orientierung mittels Echoortung. Gefunden wurde das Delfinfossil bereits 1980 durch den Privatsammler Jürgen Pollerspöck, der es später zur Präparation und Aufbewahrung an die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München übergab. Das Tier gehört zur Gruppe der Zahnwale, unterscheidet sich allerdings deutlich von allen bisher bekannten ursprünglichen Vertretern. Vergleiche und eine aufwendige computerbasierte Analyse der Verwandtschaftsverhältnisse mit anderen fossilen Delfinen ergaben, dass Romaleodelphis wohl verwandt war mit den heute ausgestorbenen, sehr urtümlichen Delfinen der sogenannten Chilcacetus-Linie. „Die bisherigen Fossilien dieser Delfinlinie stammen alle aus dem nordöstlichen Pazifik sowie von den Küsten Südamerikas. Die Entdeckung von Romaleodelphis pollerspoecki als womöglich Verwandter dieser Linie aus Europa könnte neue Erkenntnisse über deren Evolution und Ursprung im frühesten Miozän liefern“, sagt PD Dr. Gertrud Rößner, Kuratorin für fossile Säugetiere an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG) und Seniorautorin der Studie. Die Arbeit erschien nun in der Fachzeitschrift Journal of Vertebrate Paleontology.
Mehr erfahren zu: "Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen" Weiterlesen nach Anmeldung Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen Ein Forschungsteam der Johns Hopkins University (USA) hat herausgefunden, dass sequenzierte Tumorproben deutlich weniger mikrobielles Erbgut aufweisen, das tatsächlich mit einer bestimmten Krebsart assoziiert ist, als bisher angenommen. Bisherige Ergebnisse […]
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]
Mehr erfahren zu: "Lassen sich Depressionen und Schmerzen über das Ohr bekämpfen?" Lassen sich Depressionen und Schmerzen über das Ohr bekämpfen? Depressionen, Schlafstörungen, Schmerzen – Millionen Menschen leiden unter langwierigen medizinischen Problemen. Forschende der Hochschule Fresenius und der Universität Düsseldorf arbeiten an einer ungewöhnlichen Lösung. Ausgerechnet das Ohr wird dabei wichtig.