Urbane Umgebung beeinflusst die psychische Gesundheit über neurobiologische Wege12. Juli 2023 Gründflächen sind wichtige Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit von Stadtbewohnern. (Foto: © Karolis – stock.adobe.com) Eine neue Studie gibt Aufschluss darüber, wie urbane Umgebungen die psychische Gesundheit über komplexe neurobiologische Signalwege beeinflussen können. In der Studie, die von Forschern der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Fudan-Universität Shanghai, der Tianjin Medical University in China und dem europäischen environMENTAL-Konsortium durchgeführt wurde, wurden Daten von 156 075 Teilnehmern analysiert, um den Zusammenhang zwischen Urbanisierung und psychiatrischen Symptomen zu untersuchen. Dabei wurden drei unterschiedliche Umweltprofile identifiziert, die jeweils mit Depressionen, Angstzuständen und emotionaler Instabilität assoziiert waren. Mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung leben in städtischen Gebieten, bis 2050 werden zwei Drittel der Menschheit in Städten leben. Dort sind Menschen zahlreichen Umweltfaktoren ausgesetzt, die in Kombination und Interaktion die psychische Gesundheit beeinflussen können. Obwohl einzelne Faktoren der urbanen Umgebung isoliert untersucht wurden, wurde bisher kein Versuch unternommen, zu modellieren, wie sich komplexe, reale Expositionen durch das Leben in der Stadt auf das Gehirn und die psychische Gesundheit auswirken und wie dies durch Genetik beeinflusst wird. Daher identifizierte das Forscherteam anhand von Daten der UK Biobank Umweltprofile für Menschen, die in städtischen Gebieten leben, und ordnete sie psychiatrischen Symptomen zu. Die Forscher identifizierten auch regionale Gehirnbereiche, die die Auswirkungen der verschiedenen Umweltprofile auf psychiatrische Symptome vermittelten. Dabei kristallisierte sich ein Umweltprofil aus sozialer Benachteiligung, Luftverschmutzung, Straßennetz und Urbanisierungsdichte heraus, das mit höheren Symptomen von Depressionen in Verbindung stand, die durch Unterschiede im Gehirnvolumen vermittelt wurden. Diese Volumenunterschiede waren in Gehirnregionen zu finden, die für die Verarbeitung von Belohnungen bekannt sind. Der Grad der Veränderung des Gehirnvolumens hing von Genvariationen ab, die an der Stressreaktion beteiligt sind. Schutzfaktoren wie Grünflächen wurden mit weniger Angstsymptomen in Verbindung gebracht und durch Gehirnbereiche vermittelt, die für die Emotionsregulation notwendig sind. Für das dritte städtische Umweltprofil ergab sich ein Zusammenhang mit einer Gruppe von Symptomen emotionaler Instabilität. Prof. Gunter Schumann, Leiter des Zentrums für Populationsneurowissenschaften und Stratifizierte Medizin (PONS) an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Fudan Universität Shanghai, erklärt: „Wir wollen verstehen, welche Kombinationen von Umweltfaktoren für psychiatrische Symptome am relevantesten sind. Indem wir umfassende städtische Umweltprofile bereitstellen, die verschiedene Gruppen von psychiatrischen Symptomen beeinflussen und über unterschiedliche Gehirnmechanismen vermittelt werden, charakterisieren unsere Ergebnisse biologische Mechanismen, die komplexen und lebensnahen Umweltbelastungen zugrunde liegen.“ Den Forschenden zufolge ist die Studie der erste Versuch, zu modellieren, wie das Leben in komplexen städtischen Umgebungen mit dem Gehirn und der psychischen Gesundheit zusammenhängt. Sie liefere wichtige Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen städtischen Umgebungen und psychiatrischen Symptomen. Daher seien die Ergebnisse für Stadtplaner, Stadtpolitiker und Fachleute für psychische Gesundheit von großer Bedeutung. Die Quantifizierung des Beitrags jedes Umweltfaktors zu Gehirn und psychiatrischen Symptomen und ihre Wechselwirkungen in einer städtischen Umgebung könnten dazu beitragen, zukünftige öffentliche Gesundheitsinterventionen gezielter und prioritärer zu gestalten, so die Forschenden.
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