Urologen bereit für ambulantes Operieren – aber nicht im Krankenhaus

DGU-Generalsekretär Maurice Stephan Michel beim 74. DGU-Kongress in Hamburg. Foto: Schmitz

Künftig werden in der Urologie mehr Eingriffe ambulant durchgeführt, das Krankenhaus ist aber nicht der richtige Ort dafür. Diese Ansicht vertrat der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), Prof. Maurice Stephan Michel, beim 74. Kongress der Fachgesellschaft in Hamburg.

Die Politik strebt an, die Krankenhäuser durch mehr ambulante Operationen zu entlasten. Der stationäre und der ambulante Sektor sollen besser verzahnt werden, damit Patienten ohne Reibungsverluste zwischen Klinik und Praxis wechseln können. Wie Michel im DGU-Plenum am 21.09.2022 darstellte, werden zunehmend regionale Netzwerke gemeinsam die Versorgung übernehmen. In diesen Netzwerken wachsen dann auch die konservative und operative Urologie stärker zusammen und arbeiten gemeinsam über die Sektoren hinweg. Dies sei verbunden mit einer Spezialisierung einzelner Standorte. “Die Breite der deutschen Urologie, die einzigartig ist auf der Welt, um die wir immer so viel Angst haben, die werden wir aus meiner Sicht sicherlich behalten, aber wir werden uns in den einzelnen Entitäten weiter spezialisieren”, sagte Michel in Hamburg. Damit sei eine Vertiefung der einzelnen Spezialbereiche verbunden, “und das ist auch erforderlich”.

Auch das Mengenverhältnis zwischen stationär und ambulant tätigen Urologen wird sich aus Michels Sicht ändern. “Wir werden einen Shift eher in den ambulanten Bereich haben, aber wir werden wahrscheinlich auch viele Kollegen haben, die beides machen, weil sie in einem Netzwerk arbeiten.” Das Krankenhaus sei jedoch “der falsche Platz, um Ambulanzen zu betreiben, sondern dafür sind Praxen da”. Mehr ambulante Operationen könnten aber nur durchgeführt werden, wenn “sie in der Hybrid-DRG idealerweise mehr als kostendeckend finanziert sind. Dann geht das, ansonsten nicht. Dann sind wir natürlich gefragt, solche Strukturen, auch regional, zu etablieren”.

Für das ambulante Operieren sind also nach Ansicht des DGU-Generalsekretärs spezialisierte Einrichtungen erforderlich. Warum, begründete er in der Pressekonferenz am Folgetag genauer. “Ambulante Operationen sind in der Klinik nicht wirtschaftlich zu erbringen”, sagte Michel. Die Strukturen und Abläufe dort seien nicht auf ambulante Patienten eingerichtet. Der Patient wird stationär aufgenommen, bekommt ein Bett, dann erfolgt die Operation, bei der ambulanten Operation brauche der Patient hingegen nur in eine Umkleidekabine zu gehen, erwache nach dem Eingriff in einem Aufwachraum und könne dann wieder nach Hause fahren. Entscheidend dafür sei ein persönliches Umfeld, das den Patienten dann auch auffange. Dies ist nach Michel auch einer der Gründe, warum sich Deutschland mit dem ambulanten Operieren so schwer tut: Während in anderen Ländern die Patienten von den Angehörigen gebracht und abgeholt würden, wären in Deutschland 20 bis 30 Prozent der Einwohner alleinstehend. 

Die Urologie sei jedenfalls bereit für das ambulante Operieren. Ob im jeweiligen Zentrum dann der niedergelassene Kollege oder der Kliniker operiere, werde regional unterschiedlich sein. Den Urologen sei beim parlamentarischen Abend im Juni attestiert worden, dass sie sich dem Thema widmeten, dass sie aber nicht loslegen könnten, weil sie auf die Politik warten müssten. “Wir brauchen als erstes die Hybrid-DRGs”, forderte Michel. 

(ms)