Urologie verbindet – Fachlich und menschlich

Die Urologie soll nach dem Wunsch von DGU-Präsident Bernd Wullich Brücken schaffen und eine Vorbildfunktion bei der nachhaltigen Beanspruchung von Ressourcen einnehmen. Foto: Bertram Solcher / DGU

Prof. Bernd Wullich, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), hat mit seinem Motto für den 77. DGU-Kongress die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit, aber auch menschlicher Nähe in der Patientenversorgung in den Fokus gerückt. Doch auch berufspolitisch gibt es dieses Jahr eine Menge zu diskutieren.

UN: „Urologie verbindet“ lautet das Motto des diesjährigen DGU-Kongresses. Dies klingt in Zeiten zunehmender politischer Spaltung und erhärteter Fronten ungemein versöhnlich. Wen oder was verbindet die Urologie?

Wullich: Das diesjährigen Kongressmotto „Urologie verbindet“ soll zum Ausdruck bringen, dass wir uns nicht nur treffen, um neueste wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen und Innovationen zu diskutieren, sondern als Gemeinschaft zusammenkommen, über Berufsgruppen und Fachgruppen hinweg. Damit werden Brücken geschaffen zwischen Ärzten, Pflegekräften, Wissenschaftlern und natürlich zu unseren Patientinnen und Patienten. Die Urologie zeigt dabei auf eindrucksvolle Weise, wie fachliche Exzellenz, interdisziplinäre Zusammenarbeit und menschliche Nähe Hand in Hand gehen können.

Resilienz der Versorgung stärken

UN: Sie haben sich in Ihrer Präsidentschaft das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Weshalb ist dieses Thema für die Urologie wichtig – und warum gerade jetzt?

Wullich: Mit diesem Thema stellt sich die Urologie ihrer gesamtgesellschaftlichen Veranwortung. Der Gesundheitssektor zählt zu den größten Emittenten von Treibhausgasen und verbraucht enorme Mengen an Energie und Ressourcen. Maßnahmen wie energieeffiziente Infrastrukturen und der bewusste Einsatz von Materialien sind daher unerlässlich, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und die Resilienz der Versorgung zu stärken. Wir wollen als Urologinnen und Urologen vorangehen und damit auch Vorbildfunktion übernehmen.

UN: Sie haben sich immer sehr für die urologische Forschung engagiert. Glauben Sie, dass die deutsche Urologie im Jahr 2025 gut aufgestellt ist, was die Forschung betrifft?

Wullich: Die Bemühungen der DGU um die Förderung von jungen Urologinnen und Urologen sowie Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern in unseren Kliniken haben zu verstärkten Verbundaktivitäten auf dem Gebiet der Forschung geführt. UroAgeCare, eine von der DFG geförderte Nachwuchsakademie, ist hier ein eindrucksvolles Beispiel, wie durch gemeinsame Anstrengungen externe Drittmittelgelder erfolgreich eingeworben werden können. Weitere Initiativen für koordinierte Forschungsprojekte in der deutschen Urologie sind zwischenzeitlich entstanden. Anträge befinden sich aktuell in der Begutachtung oder werden bald eingereicht. Ausdruck der verstärkten wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auch die Tatsache, dass in diesem Jahr mehr als 600 Abstracts für die Vortragssitzungen eingereicht worden sind, das sind deutlich mehr als in den Vorjahren.

„Wir sind optimistisch, dass die MRT der Prostata in den nächsten Jahren in die gesetzliche Versorgung kommen wird“

UN: Die aktuelle S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom empfiehlt eine risikoadaptierte Früherkennung über den PSA-Wert und die Magnetresonanztomographie (MRT). Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass dies nun auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung umgesetzt wird?

Wullich: Nach aktuellem Kenntnisstand wird durch den Einsatz der maßgeblichen Patientenorganisationen die Bewertung eines risikoadaptierten MRT-Screenings zusammen mit PSA zur Früherkennung eines Prostatakarzinoms in den Unterausschuss Methodenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses mit weiteren Beratungen über den Antrag eingebracht werden. Wir sind optimistisch, dass die MRT der Prostata in den nächsten Jahren in die gesetzliche Versorgung kommen wird.

UN: Wenden wir uns einmal der Berufspolitik zu. Nach Jahrzehnten liegt endlich eine Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vor, die vom Deutschen Ärztetag angenommen wurde. Warum beteiligt sich die DGU – anders als etwa der Berufsverband – an der Initiative „GOÄneu – so nicht!“?

Wullich: Der BvDU als Berufsverband und wir als Fachgesellschaft haben unterschiedliche Leistungsbereiche zu analysieren versucht. Hier waren wir skeptischer als der BvDU, dass die GOÄneu den Anforderungen gerecht wird. Grundlegend unterscheiden sich die Positionen der beiden Verbände zur GOÄneu aber nicht – wir alle wissen, dass eine Neuauflage gebraucht wird. Wir haben nur mehr Zeit für Prüfung und Anpassung gefordert, um die GOÄneu in einer wirklich trag- und zukunftsfähigen Version zu etablieren.

Mehr interaktive Sitzungen

UN: Welche Neuerungen gibt es dieses Jahr beim DGU-Kongress im Vergleich zu den Vorjahren?

Wullich: Wir werden in diesem Jahr sehr viel mehr interaktive Sitzungen realisieren als in den vergangenen Jahren. Was in den Tumorboards gut funktioniert, lässt sich auch gut auf andere Themenfelder übertragen. Televoting und Graphic Recording sollen unsere Besucherinnen und Besucher anregen, aktiv mitzumachen und ihre Ansichten und Meinungen mitzuteilen.

UN: Welche Sitzungen würden Sie den Kongressbesuchern besonders ans Herz legen?

Wullich: Wir hatten wie in allen Jahren davor eine ausgesprochen engagierte Zuarbeit von ganz vielen Kolleginnen und Kollegen innerhalb und außerhalb der Programmkommission, sodass aus meiner Sicht ein hoch spannendes Kongressprogramm zusammengestellt werden konnte. Ich will damit sagen, dass alle Sitzungen, die während der Kongresstage angeboten werden, lohnenswert sind. Mir persönlich besonders am Herzen liegen das DGU-Plenum und das Präsidenten-Plenum, wo meine Schwerpunktthemen für diesen Kongress ihren Niederschlag gefunden haben.

Ein eigenes Forum ist der Komplementärmedizin in der Urologie gewidmet. Dieses Forum wird am Donnerstagnachmittag stattfinden. Auch die Nachhaltigkeit bekommt ein eigenes Forum mit dem Thema „Bessere Umwelt – bessere Gesundheit“, das am Donnerstagnachmittag stattfindet. Weitere Themenschwerpunkte sind die Patientenorientierung und Künstliche Intelligenz. Zur Patientenorientierung bieten wir ein Forum am Freitagnachmittag an mit dem Thema „Gemeinsam für eine bessere Medizin“ zur Künstlichen Intelligenz. Zu der Frage, inwieweit durch sie eine Arbeitserleichterung für Urologinnen und Urologen erreicht wird, findet ein Forum am Freitagvormittag statt.

UN: Herr Prof. Wullich, vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Markus Schmitz.