Vakuumassistierte Wundtherapie beim Kleintier

Privatdozentin Dr. Mirja Nolff Foto: © Mirja Nolff

Interview mit Privatdozentin Dr. Mirja Nolff

Privatdozentin Dr. Mirja Nolff ist seit 2019 Oberärztin der Abteilung für Weichteil- und Onkologische Chirurgie am Tierspital Zürich. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Verbesserung der Wundbehandlung, der Untersuchung Bakterieller Resistenzen bei chirurgischen Patienten und Anti-Keim-Strategien abseits von Antibiotika, sowie in der Sarkomchirurgie.

Frau Dr. Nolff, wie würden Sie die Technik der Vakuumassistierten Wundtherapie, oder Unterdrucktherapie, beschreiben?

Die VAC arbeitet mit einer Auflage, einem Schwamm, der in der Wunde platziert wird. Danach wird das Ganze luftdicht abgeklebt und mit einer Pumpe verbunden, die einen definierten Unterdruck (–125 mmHg), also einen Sog, auf das Wundgebiet erzeugt. Wundsekret wird so aus der Wunde „abgesaugt“ und das Wundödem verringert. Ganz wichtig: Bei Transplantaten muss auf der Haut vorher noch eine schützende Silikon Gaze aufgebracht werden.

Die VAC-Therapie stellt eine vielversprechende Option bei großen, schwer zu verschließenden Wunden dar. Welche weiteren Indikationen gibt es?

Eigentlich gibt es kaum eine Lokalisation, bei der die VAC-Therapie nicht in Frage kommt. Eine Wunde muss aber nicht unbedingt groß sein, um sie für diese Therapieform zu prädestinieren. Die Stärke der Vakuumtherapie liegt auch in der Behandlung von infizierten Wunden – sie wirkt also eher „unterirdisch“. Das nutzt man zum Beispiel beim Einsatz im Fall eines septischen Abdomens. Sie kann außerdem die Einheilung von Transplantaten verbessern. Der Einsatz ist also vielfältig.

Welche Vorteile zeichnen die VAC-Therapie aus? Gibt es Anwendungsbeschränkungen?

Die Vakuumtherapie tötet oder reduziert zwar vorhandene Bakterien nicht, aber dadurch, dass die Durchblutung des Wundgebietes gefördert wird und die Produkte der Bakterien mit dem Sekret abtransportiert werden, ist es unwahrscheinlicher, dass eine Infektion entsteht. Und nur die interessiert uns ja klinisch. Solange Bakterien nur „da“ sind, aber die Wundheilung nicht beeinflussen, tolerieren wir sie. Vor allem sind die Stärken der VAC-Therapie, dass sie aktiv die Zellteilung stimuliert, die Bildung von Gefäßen unterstützt und die Kontraktion der Wunde, insbesondere bei tiefen Wunden, vorantreibt. Auch „programmiert“ sie die Zytokine der Wunde hin zu einem heilungsfreundlicheren Profil „um“, zumindest bei Schweinen. Bei Hund und Katze wurde das noch nicht untersucht. Dazu kommt, dass die Therapie ganz praktisch erlaubt, auch bei infizierten Wunden nur alle drei Tage Verbände zu wechseln, was weniger Stress für die Tiere bedeutet. Die Haut bzw. das Fell des Patienten bleibt trocken, es fließt kein kontaminiertes Sekret aus der Wunde in die Umgebung und die Heilung ist deutlich beschleunigt. Wir erlangen im Durchschnitt etwa einen 50 % schnelleren Wundverschluss im Vergleich zu interaktiven Auflagen. Wichtig ist nur zu verstehen, dass kein Epithel unter VAC-Therapie gebildet wird. Nachdem die Infektion unter Kontrolle ist und das Wundbett gut granuliert, ist es dann an der Zeit, eine andere Therapie zu wählen, z.B. Polymerschaumstoff, oder zu rekonstruieren. VAC-Therapie weit über 20 Tage hinaus macht in der Regel keinen Sinn.

Welche Angaben zum Outcome können bisher gemacht werden?

Wunden heilen schneller. Wunden, die vorher nicht zur Abheilung gebracht werden konnten, können teilweise sehr gut behandelt werden, und gerade bei septischen Patienten kommt es zu einer sehr schnellen lokalen Infektionskontrolle. Zudem ist die Erfolgsrate bei Transplantaten mit VAC vor und nach der Transplantation deutlich erhöht.

Frau Dr. Nolff, herzlichen Dank für das Gespräch. Das Interview, das in Kompakt VetMed 02/2021 erschienen ist, führte Tierärztin Sigrun Grombacher.

Weitere Informationen zur VAC-Therapie in: Modernes Wundmanagement bei Hund und Katze, M. Nolff, 2019, Thieme