Vasoinhibin-Protein: Mögliche Anwendung als Medikament bei Krebs- und Netzhauterkrankungen8. Juli 2021 Diabetische Retinopathie, schematische Übersicht. Bild: © reineg – stock.adobe.com Die bioaktive Domäne von Vasoinhibin hat sich bei der Reduzierung vaskulärer Veränderungen, die unter anderem zu Diabetischer Retinopathie und Tumorwachstum führen, in experimentellen Arbeiten als wirksam erwiesen. Forscher des Instituts für Neurobiologie der Nationalen Universität Mexikos in Querétaro sowie des Instituts für Klinische Chemie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Nürnberg haben die bioaktive Domäne von Vasoinhibin identifiziert. Vasoinhibin ist ein natürliches Protein, welches das Wachstum neuer Blutgefäße hemmt. Basierend auf dieser Entdeckung wurden Vasoinhibin-Analoga generiert – diese könnten zu wirksamen Medikamenten für die Behandlung von Krankheiten werden, deren Fortschreiten auch von einem übermäßigen Blutgefäßwachstum beziehungsweise einer Vaskularisierung abhängt. Dazu zählen zum Beispiel Krebs, Diabetische Retinopathie (DR) und rheumatoide Arthritis. An diesen drei Erkrankungen leiden laut PMU zusammen mehr als 30 Prozent der Weltbevölkerung. „Aktuelle Behandlungen sind teilweise invasiv und nicht immer effektiv. Vasoinhibin-Analoga könnten eine selektive und potente Behandlung zur Hemmung der Blutgefäßneubildung darstellen, welche zum Tumorwachstum, zur Erblindung bei Diabetes und zur Entzündung bei Arthritis beiträgt“, erläutert Dr. Jakob Triebel, Arzt am Klinikum Nürnberg und der PMU.Vasoinhibin, ein Protein mit mehr als 123 Aminosäuren, hat sich laut Mitteilung der PMU bei der Reduzierung des Tumorwachstums in präklinischen Krebsmodellen und der vaskulären Veränderungen, die zu experimenteller DR und Arthritis führen, als wirksam erwiesen. Die Schwierigkeiten der rekombinanten Produktion eines Proteins in der Größe von Vasoinhibin erschwerten es jedoch, ausreichende Mengen für den Einsatz in klinischen Studien zu produzieren.Bioaktive Domäne in synthetischen PeptidenIn den letzten 30 Jahren hat sich die internationale Forschungsgruppe von Prof. Carmen Clapp (Nationale Universität Mexiko) der Beschreibung und Charakterisierung von Vasoinhibin gewidmet und war auch für dessen Benennung verantwortlich. „Die neueste Erkenntnis ist, dass von den 123 Aminosäuren, aus denen das natürliche Protein besteht, nur eine Sequenz von drei Aminosäuren die sogenannte aktive Domäne bildet. Außerdem ist eine Sequenz von nur sieben Aminosäuren notwendig und ausreichend, um die volle Funktion des Proteins zu entfalten“, sagt Clapp. Synthetische Peptide aus sieben Aminosäuren, die die aktive Domäne enthielten, würden das Gefäßwachstum und die Gefäßpermeabilität vermindern. Zudem reduzierten sie das Wachstum von Melanomtumoren in der Maus sowie die physiologische und pathologische Vaskularisierung der Netzhaut. „Das Design von Analoga dieser kleinen Größe erleichtert und reduziert nicht nur die Produktionskosten, sondern ermöglicht auch eine erhöhte Löslichkeit, Stabilität und Spezifität. Das erlaubt sogar die Generierung von wirksamen Verbindungen für die orale Verabreichung – alles wünschenswerte Eigenschaften für ein interessantes Medikament und für den Transfer in die Klinik“, meint Dr. Juan Pablo Robles, der Erstautor der Studie.Der noch lange Weg hin zum Medikament„Obwohl die ersten Ergebnisse vielversprechend sind, ist der weitere Weg zur Entwicklung des Vasoinhibin-Analogons zu einem neuen Medikament noch lang“, sagt Magdalena Zamora, Co-Erstautorin der Studie. Es sei notwendig, die Bioaktivität und Sicherheit dieser Analoga, ihre pharmakologische Zusammensetzung, ihre Verteilung und Eliminierung im Organismus sowie ihre möglichen unerwünschten Wirkungen noch umfassender zu bestimmen. Anschließend könne die Evaluierung der Vasoinhibin-Analoga in einer klinischen Phase beginnen, in der das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit bei der Behandlung der verschiedenen genannten Krankheiten untersucht würden. Trotz des hohen therapeutischen Potenzials der Vasoinhibin-Analoga stehe die Validierung dieses Potenzials deshalb noch vor einer Reihe von Herausforderungen. Die Forschungsergebnisse wurden nach Angaben der PMU am 7. Juni in der Fachzeitschrift „Angiogenesis“ veröffentlicht. Am 27. Mai sei die internationale Patentanmeldung (PCT/EP2020/069154) öffentlich bekannt gegeben worden. Zudem weist die PMU darauf hin, dass diese Erfindung durch das Programm zur Förderung von Patentierung und Innovation der Nationalen Universität Mexikos ausgezeichnet worden sei.Publikation der Patentanmeldung:OLIGOPEPTIDES THAT INHIBIT ANGIOGENESIS AND VASCULAR FUNCTION, Publication Number WO/2021/098996, Publication Date 27.05.2021, International Application No. PCT/EP2020/069154 International Filing Date 07.07.2020.https://patentscope.wipo.int/search/en/detail.jsf?docId=WO2021098996 Originalpublikation: Robles JP, Zamora M, Siqueiros-Marquez L, Adan-Castro E, Ramirez-Hernandez G, Nuñez FF, Lopez-Casillas F, Millar RP, Bertsch T, Martínez de la Escalera G, Triebel J, Clapp C. The HGR motif is the antiangiogenic determinant of vasoinhibin: implications for a therapeutically active oligopeptide. Angiogenesis 2021, June 7. doi: 10.1007/s10456-021-09800-x. Epub ahead of print. PMID: 34097181.https://link.springer.com/article/10.1007/s10456-021-09800-x
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