Verbesserte Strahlentherapie bei aggressiven Hirntumoren15. Januar 2021 Patienten mit aggressiven Hirntumoren könnten künftig von einer verbesserten Strahlentherapie profitieren. Grundlage hierfür ist eine kombinierte PET-MRT-Bildgebung (Foto: © NCT/UCC/André Wirsig) Mit einer speziellen Kombinationsdiagnostik aus Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Magnetresonanztomographie (MRT) lässt sich der individuelle Verlauf einer Glioblastom-Erkrankung deutlich besser vorhersagen als bisher. Das zeigen Wissenschaftler aus Dresden und Heidelberg in einer klinischen Studie. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 4800 Menschen an einem Glioblastom, die meisten von ihnen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren. Der als unheilbar geltende Hirntumor kehrt trotz Behandlung oft nach kurzer Zeit zurück. Um das Wiederauftreten des Tumors möglichst lange hinauszuzögern, werden die Patienten nach einer Operation mit einer intensiven kombinierten Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Wissenschaftler aus Dresden und Heidelberg konnten nun belegen, dass eine zusätzliche PET-Diagnostik vor Beginn der Radio-Chemo-Therapie wichtige Informationen liefert, die Grundlage für eine verbesserte Therapie sein könnten: Mit ihrer Hilfe lässt sich der weitere Verlauf der Erkrankung genauer vorhersagen, das zu bestrahlende Gebiet präziser berechnen und die räumliche Lokalisation späterer Rezidive oftmals antizipieren. „Unsere Langzeitdaten von 89 Patienten bilden die Basis, um die Strahlentherapie künftig weiter zu verbessern und noch genauer auf den einzelnen Patienten zuzuschneiden. Ziel ist es, die Behandlung individuell so aggressiv wie nötig aber so schonend wie möglich zu gestalten“, erklärt Prof. Mechthild Krause, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, geschäftsführende Direktorin am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC), Leiterin des OncoRay-Zentrums sowie Dresdner Standortsprecherin des Deutschen Krebskonsortiums (DKTK). Tumorzellen mit Methionin nachweisen Im Rahmen der Studie wurden die Patienten vor Beginn, sowie wiederholt nach Abschluss ihrer Radio-Chemo-Therapie mit einer Kombination aus MRT und PET untersucht. Beide Bildgebungsmethoden können verbliebene Tumorreste sichtbar machen und einander wechselseitig ergänzen. In der vorliegenden Studie wählten die Forscher als Tracer die radiomarkierte Aminosäure Methionin. Weil die Aufnahme von Aminosäuren im normalen Hirngewebe im Vergleich zu Krebszellen relativ gering ist, lassen sich Tumoren mit hohem Kontrast abgrenzen. Die Forscher konnten zeigen, dass bei Patienten, bei denen sich nach der Operation, aber vor Beginn der Radio-Chemo-Therapie eine auffällige Traceranreicherung im Gehirn zeigte, der Tumor schneller zurückkehrte. Ein ähnlicher Zusammenhang gilt für MRT-Bilder, die auf Tumor-Reste hindeuten. Bei etwa 40 Prozent der Patienten zeigten sich Auffälligkeiten in den PET-Befunden allerdings ohne entsprechende Hinweise im MRT. „Die PET-Bildgebung hat daher einen hohen prognostischen Wert und liefert zusätzlich zur MRT-Bildgebung wichtige Informationen über den weiteren Krankheitsverlauf“, erklärt Nuklearmedizinerin Dr. Bettina Beuthien-Baumann vom Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Eine möglichst genaue Prognose des Krankheitsverlaufs vor Beginn der Radio-Chemo-Therapie ist wichtig, um die weitere Behandlung künftig noch maßgeschneiderter auf den jeweiligen Patienten anpassen zu können. „Damit können wir beispielsweise Patienten identifizieren, die trotz der als unheilbar geltenden Erkrankung ihren Tumor mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Jahre überleben werden. Für diese Patienten gilt es Therapieverfahren zu wählen, die mit möglichst wenigen Nebenwirkungen verbunden sind“, sagt Krause. Den Bereich des Rezidivs besser vorhersagen Bei Patienten, bei denen der Tumor mit hoher Wahrscheinlichkeit schnell zurückkehrt, ist hingegen eine Behandlung mit einer erhöhten Strahlendosis denkbar. Dabei ist es besonders wichtig, den Bereich genau zu kennen, in dem der Tumor aller Voraussicht nach wieder auftritt. Auch hierfür lieferte die PET-Untersuchung wichtige Hinweise: In der Studie trat der Tumor bei der Mehrzahl der Patienten in dem Bereich des Gehirns wieder auf, der bei der initialen PET-Untersuchung eine vermehrte Traceranreicherung zeigte. Bei den 16 Patienten, die mit auffälligen MRT- und PET-Befunden die schlechteste Prognose aufwiesen, ließ sich dieser Zusammenhang sogar in allen Fällen nachweisen. „Besonders bei dieser Hochrisikogruppe könnte eine Dosiserhöhung in dem durch die PET-Untersuchung angezeigten Areal ein vielversprechender Weg sein“, erklärt Prof. Michael Baumann, Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ. Die zusätzlichen Informationen aus der PET-Untersuchung ermöglichen es zudem, das zu bestrahlende Gebiet vor Beginn der Radiotherapie präziser zu berechnen und die Genauigkeit der Therapie zu erhöhen. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine zusätzliche PET-Bildgebung zur Bestrahlungsplanung deutliche Vorteile bringt. Gemeinsam mit der Klinik für Nuklearmedizin bieten wir die Kombination aus MRT- und PET-Diagnostik vor der Radiochemotherapie bereits allen Patienten an, bei denen der Allgemeinzustand diese zusätzliche Untersuchung zulässt“, sagt Studienärztin Dr. Annekatrin Seidlitz. Den Zusammenhang zwischen Auffälligkeiten in den PET-Bildern und der Position des wiederauftretenden Tumors wollen die Wissenschaftler künftig in weiteren Studien erforschen. Derzeit werden etwa 20 Prozent aller Strahlentherapie-Patienten der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Dresden im Rahmen von Studien behandelt. „Unser Ziel ist es, Verbesserungen dann möglichst schnell allen Patienten anbieten zu können“, so Prof. Krause. Originalpublikation: Seidlitz A et al. Final results of the prospective biomarker trial PETra: [11C]-MET-accumulation in postoperative PET/MRI predicts outcome after radiochemotherapy in glioblastoma. Clinical Cancer Research, 29. Dezember 2020
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