Verbindung zwischen sensorischen Neuronen und Metastasenbildung bei Brustkrebs entdeckt16. August 2024 Ein Brustkrebs-Zellsphäroid, das in Gegenwart primärer sensorischer Neuronen kultiviert wurde. Screenshot eines Videos der Rockefeller University (s. Link unten) Ein neuer Artikel in „Nature“ belegt, dass die Aktivierung sensorischer Nerven in Brusttumoren eine entscheidende Rolle bei der Förderung nicht nur des Krebswachstums, sondern auch bei der Metastasierung spielt. Die Ergebnisse – dass sensorische Neuronen ein Neuropeptid absondern, welches das Krebswachstum antreibt und sich über eine bisher unbekannte Neuro-Krebs-Kommunikation ausbreitet – legen nahe, dass die gezielte Beeinflussung dieses Signalwegs dazu beitragen kann, das Fortschreiten von Brustkrebs zu stoppen. Die Studie ergab auch, dass ein von der FDA zugelassenes Medikament, das häufig zur Behandlung von Übelkeit eingesetzt wird, in diesen Fällen Metastasen verhindern könnte. „Eine Hyperaktivierung von Neuronen wurde bei Tumoren beobachtet, die im Gehirn wachsen, aber dies ist das erste Mal, dass wir dies bei einem epithelialen Tumor wie Brustkrebs gesehen haben“, erläutert Dr. Veena Padmanaban, Postdoktorandin im Labor von Dr. Sohail Tavazoie und Hauptautorin der Studie. „Dies ist eine aufregende Entdeckung – noch nie hat jemand gesehen, dass periphere Nerven ein Signal zur Verstärkung der Metastasierung aussenden.“ Dem Krebs an die Nerven gehen Wissenschaftler wissen seit langem, dass eine Beziehung zwischen Krebszellen und dem Nervensystem besteht. Solide Tumoren scheiden Proteine aus, die Nerven zum Primärtumor rekrutieren. Bei Krebserkrankungen im Bereich des Kopfes und Halses, der Brust, des Gebärmutterhalses, der Speiseröhre, von Kolon und Rektum und der Bauchspeicheldrüse wurden Nervenzellmarker nachgewiesen. Studien legen nahe, dass die Nerven des autonomen Nervensystems, das unwillkürliche Prozesse wie Herzfrequenz und Blutdruck reguliert, helfen können, Prostata- und Magentumoren in Gang zu setzen. Ob das Nervensystem die metastatische Progression von Brustkrebs – der weltweit häufigsten Krebsart – fördert, blieb ein Rätsel. Aber es schien plausibel. Gesundes Brustgewebe ist voller sensorischer Nerven, und in der Literatur gab es Hinweise auf eine Innervation von Brusttumoren. „Wir hatten Evidenz dafür, dass eine Innervation mit schlechteren Ergebnissen bei Brustkrebs verbunden war“, so Tavazoie, Leon Hess Professor an der Rockefeller University. „Und als wir uns schließlich Brustkrebstumoren ansahen, stellten wir fest, dass hochgradig metastatische Tumoren viel mehr sensorische Innervation rekrutiert hatten.“ Mit dieser Beobachtung im Hinterkopf nutzte das Team Mausmodelle, um die Innervation zwischen hochgradig metastatischen und weniger metastatischen Tumoren zu vergleichen. Anschließend kultivierten die Wissenschaftler Krebszellen neben sensorischen Neuronen, um ihre Auswirkungen auf Brustkrebszellen in vitro zu untersuchen, analysierten öffentlich verfügbare Daten, um Nervenmarker mit dem Auftreten von Metastasen bei Brustkrebspatientinnen zu korrelieren, und entfernten dann sensorische Nerven aus Brusttumoren. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Innervation die Metastasierung vorantreibt. „Wir fanden heraus, dass die Nerven nicht nur das Wachstum von Brustkrebszellen fördern – sie helfen den Zellen auch, Metastasen zu bilden und besser in Gewebe einzudringen“, erläutert Tavazoie. Dies allein war eine wichtige Entdeckung, da metastasierte Erkrankungen eine übergroße Rolle bei der Krebsentwicklung spielen. Die Neuro-Krebs-Achse Als sich das Team eingehend damit befasste, begann sich ein vollständigeres Bild abzuzeichnen. Die Forscher fanden heraus, dass die verstärkte Innervation, die in aggressiven Tumoren beobachtet wurde, durch die Expression des SLIT2-Gens innerhalb des Gefäßsystems des Tumors gesteuert wurde, das ein Protein kodiert, welches an der Steuerung des Axonwachstums zur Herstellung neuronaler Verbindungen beteiligt ist. Sie stellten fest, dass die Nerven, sobald sie in die Tumore eindringen, beginnen, das Neuropeptid Substanz P abzusondern, das durch Interaktion mit dem Krebszellrezeptor TACR1 das Tumorwachstum und die Metastasierung fördert. Sie fanden auch heraus, dass diese Interaktion dazu führt, dass einige Krebszellen absterben und einzelsträngige RNAs freisetzen, die an RNA erfassende Rezeptoren auf Krebszellen binden, um prometastatische Gene zu aktivieren, die den Rest der Zellen antreiben. „Es wurde berichtet, dass Nerven physisch mit bestimmten Krebszellen interagieren und sie direkt beeinflussen können, aber wir beobachteten einen Neuropeptid-Signalmechanismus, bei dem die Nerven ein Neurotransmittersignal freisetzen, das zu den Brustkrebszellen diffundiert“, führt Padmanaban aus. „Wir sehen auch, dass das Neuropeptid direkt auf die Krebszellen einwirkt und eine RNA-Signalreaktion aktiviert, wobei die Freisetzung einzelsträngiger RNAs auf benachbarte Zellen einwirkt und eine Reihe von Genen aktiviert. Das war unerwartet und könnte über Krebs hinaus von Bedeutung sein.“ Die Ergebnisse haben starke klinische Implikationen. Öffentlich verfügbare Daten deuten darauf hin, dass erhöhte Werte des Neuropeptids, das Metastasen fördert, und Gensignaturen, die mit diesem Neuropeptid und ssRNA in Zusammenhang stehen, mit erhöhter Metastasierung und niedrigeren Überlebensraten bei Brustkrebspatientinnen in Verbindung stehen. Und dem Team gelang es, das Wachstum und die Metastasierung in mehreren Brustkrebsmodellen zu hemmen, als sie Mäuse mit Aprepitant behandelten, einem von der FDA zugelassenen TACR1-Antagonisten, der normalerweise Chemotherapie-Patientinnen verabreicht wird, um Übelkeit vorzubeugen. „Da Aprepitant bereits zugelassen und sicher ist, könnten Onkologen klinische Studien in Betracht ziehen, um die Auswirkungen dieses Medikaments auf das Fortschreiten von Krebs bei Patientinnen mit Brustkrebs zu testen“, erklärt Tavazoie. Auch wenn Aprepitant nicht die wirksamste Behandlung bietet, bietet die Studie den Forschern neue therapeutische Zielmoleküle und öffnet die Tür für zielgerichtete Therapien. „Unsere Arbeit könnte dazu beitragen, eine Brücke zwischen den Bereichen Krebsmetastasenbiologie und Neurowissenschaft zu schlagen, und Krebsbiologen und Neurowissenschaftler ermutigen, zusammenzuarbeiten und die Werkzeuge beider Bereiche einzubringen.“
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