Verbleibende OP-Materialien im Patienten: Neue KI-Zählkontrolle soll Fehler vermeiden

(v. l. n. r.) Daniel Wessel (MEDIK), Wiebke Vennhoff (MEDIK), Meghdad Fereidouni (code’n’ground), Amelie Pester (WHZ), Alexander Kabardiadi-Virkovski (WHZ), Sabrina Schorn (WHZ), Uwe Seidel (MEDIK), Armin Haas (code’n’ground), Prof. Peter Hartman (WHZ) (Foto: MEDIK Hospital Design GmbH)

An der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) wird ein neues Assistenzsystem entwickelt, das OP-Teams bei der Zählkontrolle unterstützen und dadurch die Patientensicherheit sowie Effizienz im OP verbessern soll.

Jährlich kommt es in Deutschland zu rund eintausend zusätzlichen Eingriffen, weil chirurgische Materialien wie Tupfer, Bauchtücher oder Instrumente im Körper der Patienten verbleiben. Diese sogenannten „Never Events“ verursachen schwerwiegende Komplikationen und enorme Kosten im Gesundheitswesen. Trotz bestehender Zählprozesse können Fehler auftreten – etwa durch Zeitdruck, Kommunikationsprobleme oder Personalwechsel im OP-Team, erläutert die WHZ.

An der Hochschule ist nun das Projekt DSCC (Digital Surgical Count Control) gestartet, das gemeinsam mit der Medik Hospital Design GmbH und der code’n’ground AG durchgeführt wird. Ein KI-gestütztes System soll die manuelle Zählkontrolle digital unterstützen, Fehler vermeiden und die Dokumentation vereinfachen, heißt es in einer Pressemitteilung.

Automatische Erkennung und Zählung von OP-Materialien

Zentrales Element des Systems ist der Hochschule zufolge eine speziell entwickelte Kameraeinheit, die den Instrumententisch während der Operation erfasst. Mithilfe künstlicher Intelligenz – insbesondere eines YOLO-Algorithmus in Kombination mit einem Convolutional Neural Network (CNN) – soll das System die dort befindlichen Objekte erkennen und klassifizieren. Zur besseren Detektion textiler Materialien − wie Tupfer oder Bauchtücher − wird ergänzend ein hyperspektraler Bildgebungsansatz (HSI) untersucht. Die erfassten Daten sollen in Echtzeit auf einem interaktiven Bildschirm visualisiert werden, der dem OP-Team den Soll- und Ist-Zustand für jede Objektklasse übersichtlich anzeigt und bei Diskrepanzen automatisch warnt, erläutert die Hochschule.

Digitale Assistenz für mehr Sicherheit und Effizienz

Das System soll den Zählvorgang nicht nur zuverlässiger, sondern auch effizienter gestalten. Schon eine Reduktion der Zähl- und Dokumentationszeit um rund eine halbe Minute pro Eingriff könnte bei den jährlich etwa 17 Millionen Operationen in Deutschland Einsparpotenziale von rund 500 Millionen Euro freisetzen. Gleichzeitig trage DSCC dazu bei, das OP-Personal zu entlasten und die Patientensicherheit messbar zu verbessern, so die Projektverantwortlichen.

Vom Labor in den OP

Nach Projektende ist die Überführung der entwickelten Lösung in ein zertifiziertes Medizinprodukt geplant. Das System soll so ausgelegt werden, dass es sich sowohl in neue als auch in bestehende Operationssäle integrieren lässt.

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) im Rahmen der Fördermaßnahme „KMU-innovativ: Interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität“ für drei Jahre gefördert. Der offizielle Projektauftakt erfolgte Anfang Juli mit einem Kick-off-Meeting aller Projektpartner.