Verbundprojekt zur Stechmückenforschung hat Arbovirus-Frühwarnsystem im Fokus

(Symbolbild) Foto: © Welcome – pixabay.com

Welche Stechmückenarten leben in Deutschland, welche Viren lassen sich in ihnen nachweisen, und welche Fähigkeit besitzen die Stechmücken, sogenannte Arboviren auf den Menschen zu übertragen? Diesen und anderen Fragen wird ein Kick-Off-Meeting des interdisziplinären Forschungsprojektes zur Culiciden- (von Culicidae, lat. Stechmücken) Forschung (CuliFo) im historischen Hörsaal des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin am 16. Februar nachgehen, wie BNITM, FLI und BMEL mitteilen.

Hohe sommerliche Temperaturen, milde Winter, veränderte Niederschläge: Durch den Klimawandel steigt das Risiko, dass exotische Stechmücken und die von ihnen übertragenen Viren auch in Deutschland vorkommen. Das Forschungsprojekt CuliFo ist ein breites Verbundprojekt, das eine Brücke schlägt zwischen Feld- und Laborforschung: Bis 2016 gab es kein Überwachungs- oder Meldesystem für medizinisch relevante Stechmückenarten. Hier hat das Konsortium in den letzten Jahren wichtige Impulse gesetzt.

Unter anderem hat der Verbund die Epidemien des Usutu-Virus (USUV) und des West-Nil-Virus (WNV) in Deutschland erforscht (vor allem bei Vögeln) und erstmals auch menschliche Erkrankungsfälle entdeckt.

Das Fortsetzungsprojekt CuliFo 3, das mit drei Mio. Euro Deutschlands größtes Verbundprojekt zur Stechmückenforschung darstellt, will sich noch stärker auf die Frage fokussieren, wie sich insektenspezifische Viren und Arboviren in Stechmücken gegenseitig beeinflussen und was das für deren Fähigkeit bedeutet, Tiere und Menschen zu infizieren. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, welche Infektionsdosis mindestens nötig ist, damit Stechmücken Arboviren übertragen und sich Infektionszyklen aufrechterhalten. Außerdem will der Verbund untersuchen, welche Umweltbedingungen (Temperatur, Niederschläge, Landschaftsstruktur) Ausbrüche begünstigen. Mit Hilfe dieser Daten wollen die Forschenden Ausbruchsszenarien modellieren, um umweltverträgliche und nachhaltige Bekämpfungsstrategien zu entwickeln.

Zielsetzung: Vorhersagefähiges Frühwarnsystem

„Unser Fernziel ist ein verbessertes Arbovirus-Frühwarnsystem“, sagt Projektkoordinator Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit. „Die Zunahme von WNV-Infektionen in Deutschland ist besorgniserregend. Und auch die starke Ausbreitung der Tigermücke (Aedes albopictus) in Südwest-Deutschland beunruhigt uns. Was uns vorschwebt, ist ein Überwachungssystem, das Ausbrüche nicht nur frühzeitig erfasst, sondern sogar vorhersagt.“

So könnte man Regionen mit hoher Ausbruchswahrscheinlichkeit prospektiv geografisch eingrenzen. Auf diese Weise könne man dann schon Larven zielgenau mit stechmückenspezifischen Insektiziden in den Brutgewässern bekämpfen und einem Ausbruch zuvorkommen.

Zu dem Kickoff-Meeting am 16. Februar 2023 im historischen Hörsaal des BNITM kommen VertreterInnen aller an dem Forschungsvorhaben beteiligten Institutionen. Das sind neben dem BNITM und dem FLI die Carl-von-Ossietzky-Universität (CvO) in Oldenburg, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) in Müncheberg, die Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung (GFS) e.V. in Speyer und das Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) Leipzig. CuliFo 3 erhält in den kommenden drei Jahren drei Millionen Euro Förderung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

 

Über die Projektpartner

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten und ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Aktuelle Forschungsschwerpunkte bilden Malaria, Wurminfektionen und andere Parasitosen, Erkrankungen durch Arboviren und hämorrhagische Fieberviren sowie die Implementationsforschung. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Das BNITM umfasst das nationale Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und das WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt es ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen u.a. in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.

www.bnitm.de

Das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) widmet sich der Gesundheit lebensmittelliefernder Tiere. Zentrale Aufgaben sind die Prävention, Diagnose und Bekämpfung von Tierseuchen, die Verbesserung der Tierhaltung und -ernährung sowie die Erhaltung und Nutzung tiergenetischer Ressourcen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der Schutz des Menschen vor Zoonosen, d. h. zwischen Tier und Mensch übertragbaren Infektionen. Das FLI kooperiert mit zahlreichen internationalen Organisationen wie der Weltorganisation für Tiergesundheit WAOH, der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO, der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA auch im Rahmen von Kollaborations- und Referenzzentren sowie Referenzlaboratorien. Direkte Kooperationsprojekte werden darüber hinaus mit vielen Ländern weltweit durchgeführt.

www.fli.de

Gemeinsame Pressemitteilung von BNITM, FLI und BMEL