Vermisst: Ergebnisse von Tausenden von Arzneimittelstudien25. Mai 2021 Zitat Jörg Meerpohl, Direktor von Cochrane Deutschland; Bild: CDS In der Europäischen Union erfüllen mehr als viertausend Arzneimittelstudien derzeit nicht die geltenden Vorgaben für eine zeitnahe Veröffentlichung von Ergebnissen. Ein offener Brief von 18 Nichtregierungsorganisationen fordert Konsequenzen. Cochrane Deutschland setzt sich deshalb zusammen mit 17 anderen Unterzeichnern in einem offenen Brief an die europäischen Zulassungsbehörden erneut für etwas ein, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: die Einhaltung längst etablierter Regeln zur Studientransparenz. In vielen Ländern der Welt, darunter auch jenen der Europäischen Union, gibt es längst klare Vorgaben für die Registrierung klinischer Studien und die zeitnahe Veröffentlichung der Ergebnisse (EU-Verordnung 536/2014 vom 16. April 2014). Grüne Theorie, graue Praxis Doch laut der Webseite “EU Trials Tracker” sind derzeit die Ergebnisse für 4.046 von 13.563 (fast 30 Prozent) aller registrierten europäischen Arzneimittelstudien überfällig. Dies widerspricht den in der EU geltenden Vorgaben für die Transparenz solcher Studien. Diese besagen, dass Ergebnisse innerhalb eines Jahres nach Abschluss einer Studie veröffentlicht werden sollen. Durch eine verspätete Veröffentlichung entstehen Lücken in der Evidenzbasis zu wichtigen medizinischen Fragestellungen, die es Ärzten und Gesundheitsbehörden schwerer machen zu beurteilen, wie sicher und wirksam Medikamente sind, betont Cochrane Deutschland. Das verlangsame letztlich den medizinischen Fortschritt und gefährde Patienten. „Es ist Aufgabe der nationalen Zulassungsbehörden in den einzelnen EU-Staaten, dafür zu sorgen, dass Pharmaunternehmen, Universitäten und Krankenhäuser (sogenannte Studiensponsoren) die Ergebnisse klinischer Studien fristgerecht veröffentlichen. Doch viele Behörden unternehmen nur wenig, um die Einhaltung geltender Vorgaben durchzusetzen“, macht Cochrane Deutschland in einer Mitteilung deutlich. Offener Brief an die EU-Zulassungbehörden Eben dies fordert ein offener Brief von 18 Nichtregierungsorganisationen an die Heads of Medicines Agencies (HMA), einem Zusammenschluss der nationalen Arzneimittel-Zulassungsbehörden in der EU, zu dessen Unterzeichnern neben Cochrane international und den Cochrane-Zentren in Österreich und Schweden auch Cochrane Deutschland gehört. Der Brief warnt, dass nicht zugängliche klinische Studienergebnisse „ein erhebliches Potenzial haben, europäischen Patienten, Steuerzahlern und der öffentlichen Gesundheit zu schaden“. „Viele Sponsoren sind sich ihrer Verpflichtung, Studienergebnisse zu veröffentlichen, weiterhin nicht bewusst“, heißt es weiter in dem Brief. Er fordert die HMA daher auf, von den nationalen Behörden der EU (in Deutschland sind dies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM] und das Paul-Ehrlich-Institut) folgende drei Mindeststandards einzufordern: Kontaktaufnahme zu allen Sponsoren von abgeschlossenen Studien, für die Ergebnisse überfällig sindIm Rahmen sogenannter Pharmakovigilanz-Inspektionen durch die Behörden bei Studiensponsoren soll die Einhaltung der Regeln zur Offenlegung von Studienergebnissen überprüft werdenSystematisches Überprüfen des Abschlussstatus aller klinischen Studien Die Umsetzung der vorgeschlagenen Schritte würde nur minimale Ressourcen erfordern, aber erhebliche Vorteile für die Patienten bringen, argumentiert der Brief. Er weist darauf hin, dass jede der vorgeschlagenen Maßnahmen bereits von einzelnen Regulierungsbehörden erfolgreich umgesetzt wird, was ihre Machbarkeit beweise. „Wenn Studienergebnisse der Wissenschaft nicht zeitnah zur Verfügung gestellt werden, ist eine gute evidenzbasierte Gesundheitsversorgung kaum möglich. Letztlich gefährdet dies ganz konkret kranke Menschen“, kommentiert Jörg Meerpohl, Direktor von Cochrane Deutschland.
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