Verpackte DNA: Forschende entwickeln neues Verfahren, Knochenwachstum zu fördern13. Februar 2023 Foto: catalin/stock.adobe.com DNA kann dabei helfen, die Heilung von Knochen lokal gezielt zu stimulieren: In einem neuen Verfahren werden Implantatwerkstoffe mit genaktiviertem Biomaterial beschichtet, das Stammzellen zur Produktion von Knochengewebe anregt. Knochen sind ein faszinierendes Beispiel für die Regenerationsfähigkeit des Körpers: Selbst nach Frakturen erlangen sie ihre volle Funktionsfähigkeit zurück, weil sie in der Lage sind, neues, belastbares Gewebe an den Bruchstellen zu bilden. „Bei komplizierten Brüchen oder größerem Gewebeverlust reichen die Selbstheilungskräfte des Knochens jedoch nicht aus“, sagt Prof. Thomas Groth, Leiter der Arbeitsgruppe Biomedizinische Materialien am Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). „Hier sind Implantate erforderlich, die den Knochen stabilisieren, Teile von Gelenken ersetzen oder größere Defekte mit abbaubaren Materialien überbrücken.“ Der Erfolg solcher Implantate hängt jedoch wesentlich davon ab, wie gut sie in den Knochen einheilen. Seit einigen Jahren gibt es verstärkte Anstrengungen, diesen Prozess durch bioaktive Beschichtungen der Implantate zur Aktivierung von Knochen- und mesenchymalen Stammzellen zu unterstützen. Mesenchymale Stammzellen sind in der Lage, verschiedene Gewebetypen zu erzeugen. Sie gezielt für die Knochenregeneration zu aktivieren, ist eine besondere Herausforderung. Hierbei spielt die sogenannte extrazelluläre Matrix eine entscheidende Rolle: „Dieses Gewebe zwischen den Knochenzellen besteht unter anderem aus Kollagenen und Chondroitinsulfat“, erklärt Groth. „Es kann künstlich nachgebaut und auf die Oberfläche von Implantaten aufgebracht werden, um sie bioaktiv zu machen.“ Das sorgt dafür, dass Implantate besser einheilen und seltener vom Körper abgestoßen werden. Zusätzlich lassen sich Arzneimittel oder Aktivatoren in die künstliche extrazelluläre Matrix einbinden, die das Knochenwachstum anregen. Ein solcher Aktivator ist das Protein BMP-2, das bei der Behandlung komplizierter, nicht heilender Frakturen oder zur Wirbelversteifung bereits verwendet wird. Studien zeigen jedoch, dass die notwendige hohe Dosierung von BMP-2 zu einer unkontrollierten Bildung von Knochengewebe im umliegenden Muskel und zu anderen unerwünschten Nebenwirkungen führen kann. Die Forschenden aus Halle, der Universität Leipzig und der Universität Aveiro (Portugal) schlagen deshalb ein Verfahren vor, das Stammzellen gezielter stimuliert und deutlich weniger Nebenwirkungen hervorruft. Dabei konzentrieren sie sich zum einen auf ein besseres Design der extrazellulären Matrix: Mit einem speziellen Verfahren, der sogenannten Layer-by-Layer-Technologie, tragen sie das Biomaterial Schicht für Schicht auf die Implantate auf und können dessen Zusammensetzung, Struktur und Eigenschaften im Nanomaßstab kontrollieren. „Das ist ein anspruchsvoller Prozess, den wir an der MLU gemeinsam mit dem Fraunhofer IMWS perfektioniert haben“, erklärt Groth. Dieses Design auf der Nanoebene ist Voraussetzung dafür, das Biomaterial zu funktionalisieren – hier liegt die Expertise vor allem bei dem Leipziger Kollegen PD Dr. Christian Wölk: Statt große Mengen BMP-2 direkt in den Biofilm einzubinden und eine unkontrollierte Freisetzung zu riskieren, verpackt er DNA-Fragmente in Lipid-Nanopartikel, die als Transportbehälter fungieren. Erst nach dem Einsetzen des Implantates migriert die DNA in die Zellen des Knochengewebes und regt sie zur Produktion von BMP-2 an, das dann die knochenbildenden Stammzellen aktiviert. „Die Nachahmung der extrazellulären Matrix als Dünnfilm-Oberflächenbeschichtung und ihre Funktionalisierung mit Nanopartikeln ist ein Meilenstein in der pharmazeutischen Materialforschung“, sagt Groth. „Sie ermöglicht die gezielte Freisetzung der DNA und damit eine sowohl räumlich als auch zeitlich begrenzte Stimulation des Gewebewachstums ohne unerwünschte Nebenwirkungen.“ Das vorgestellte Verfahren, so Groth, komme grundsätzlich auch für den Transport von mRNA infrage und erweitere damit die Möglichkeiten der regenerativen Medizin – nicht nur im Bereich der Knochenbildung, sondern auch bei anderen therapeutischen Anwendungen.
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