Vestibuläres Schwannom: Gute Tumorkontrolle mit stereotaktischer Radiochirurgie

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Bei der Primärbehandlung von vestibulären Schwannomen Grad I nach Koos zeigte sich stereotaktische Radiochirurgie (SRS) in einer aktuellen Studie bezüglich Tumorkontrolle und Erhalt der neurologischen Funktion überlegen gegenüber beobachten und abwarten.

„Unsere Strategie für die Behandlung von Patienten mit vestibulären Schwannomen, Koos-Grad I bestand bisher darin, größere Tumore und solche, die Symptome verursachen, mit SRS zu behandeln, während kleinere, symptomlose Tumore beobachtet wurden“, so das Autorenteam um Dr. Jason P. Sheehan, MD, PhD, ein Neurochirurg am University of Virginia Medical Center. Laut der Autoren deuten nicht nur die Ergebnisse ihrer eigenen Studie darauf hin, dass selbst asymptomatische Patienten mit kleineren Tumoren zum Zeitpunkt der Diagnose von einer SRS verglichen mit einer Verlaufskontrolle profitieren.

Signifikant bessere Tumorkontrolle über acht Jahre

Das Team nutzte Daten der International Radiosurgery Research Foundation zu 261 Erwachsenen mit vestibulären Schwannomen Koos-Grades 1: bei 182 von ihnen erfolgte eine SRS und bei 79 eine Verlaufskontrolle. Bei allen, die sich dem operativen Eingriff unterzogen, wurde die SRS in einer einzigen Sitzung mit dem Gamma Knife-System durchgeführt. Dabei wurden kontrastverstärkte MRT- oder CT-Scans für eine präzise Zielgenauigkeit. Alle Patienten wurden mindestens sechs Monate lang nach der Operation (oder in der Beobachtungsgruppe nach der Diagnose) nachverfolgt.

Eine Tumorkontrolle, definiert als Stabilität (<25 % Veränderung) oder Rückbildung des vestibulären Schwannoms gegenüber dem Ausgangswert, wurde bei 99 Prozent der Patienten der SRS-Gruppe nach drei, fünf und acht Jahren festgestellt. Es gab nur einen Fall von Tumorprogression. Im Vergleich dazu betrug die Tumorkontrollrate in der Beobachtungsgruppe 63 Prozent nach drei Jahren, 50 Prozent nach fünf und 33 Prozent nach acht Jahren.

Die Forscher verglichen auch Untergruppen von 71 Patienten, die mit SRS behandelt wurden, und 71 Patienten, die sich einer Beobachtung unterzogen, die hinsichtlich Alter, Geschlecht, Tumorvolumen, Reinton-Durchschnitt und Sprachdiskriminierungsergebnissen übereinstimmten. Auch in diesen Analysen war die Tumorkontrolle bei der SRS im Vergleich zur Beobachtung signifikant besser. Die SRS-Gruppe wies zu allen untersuchten Zeitpunkten eine 100%ige Kontrolle auf, während die Tumorkontrollrate in der Beobachtungsgruppe nach drei Jahren 63,5%, nach fünf Jahren 49% und nach acht Jahren 29,5% betrug.

Keine signifikanten Unterschiede beim Hörerhalt

Die Patienten wurden regelmäßig audiometrisch untersucht und ihr Gehör wurde in vier Klassen eingeteilt (American Academy of Otolaryngology-Head and Neck Surgery Klassen A, B, C und D), wobei die Klassen A und B als akzeptabeles Hörvermögen galten. Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen der SRS- und der Beobachtungsgruppe in Bezug auf den Erhalt des Hörvermögens nach drei, fünf oder acht Jahren, weder in der nicht bereinigten noch in der bereinigten Kohorte.

SRS: Deutlich weniger reduzierte neurologische Beeinträchtigungen

In den nicht bereinigten Kohorten war die SRS im Vergleich zur Beobachtung mit einer um 54 Prozent geringeren Inzidenz von Tinnitus, einer um 83 Prozent niedrigeren Inzidenz von vestibulären Störungen und einer um 51 Prozent verminderten Inzidenz von Schädigungen der Hirnnerven verbunden. Alle diese Unterschiede waren statistisch signifikant. Ein signifikant geringeres Risiko für eine Verschlechterung des Hirnnervs, nämlich 74 Prozent, wurde auch in der Analyse der bereinigten Kohorte festgestellt.

Entscheidend für die Autoren um Sheehan ist, dass das Auftreten neurologischer Funktionsstörungen unter Beobachtung durch eine anschließende SRS möglicherweise nicht reversibel ist. Die konservative Behandlung von Koos-I-Vestibularisschwannomen sein ein gültiger Ansatz heißt es in der Studie. Allerdings seien bei klinischer oder radiologischer Progression Maßnahmen erforderlich und es sei zwingend notwendig, anzuerkennen, dass zum Zeitpunkt der Behandlung bestehende neurologische Symptome trotz Tumorkontrolle durch SRS fortbestehen können.

Für die Autoren legen ihre Ergebnisse eine mögliche Änderung des Behandlungsalgorithmus nahe, bei der eine frühere Intervention mit SRS für ein breiteres Spektrum von Patienten in Betracht gezogen werden könne. Das schließe auch Patienten mit kleineren, asymptomatischen Tumoren ein. So könne eine bessere langfristige Tumorkontrolle erreicht und unter Umständen das Fortschreiten der Symptome zu verhindert werden, so das Fazit.