Vielversprechender Ansatz für genetisch bedingten Hörverlust21. August 2024 Foto: wladimir1804/stock.adobe.com US-amerikanische Forschende konnten mittels Genome-Editing das Gehör erwachsener Mäuse mit erblicher Taubheit im präklinischen Modell wiederherstellen. Im Fokus der Studie: die seltene autosomal dominante Taubheit 50 (DFNA50). US-amerikanische Forschende haben mittels CRISPR/Cas9-Genom-Editing bei erwachsenen Mäusen mit einer bestimmten Form von vererbtem Hörverlust das Gehör wiederhergestellt. Sie zeigten, dass die Tiere durch das Ausschalten einer beschädigten Kopie microRNA-Gens wieder hören konnten. Die Autoren gehen davon aus, dass der Ansatz den Weg zur Therapie bestimmter Formen des erblichen Hörverlusts beim Menschen ebnet. Schätzungen zufolge leidet etwa eines von 500 Neugeborenen an genetisch bedingtem Hörverlust, derzeit gibt es keine zugelassenen Therapeutika. In der neuen Studie zielten die Forscher auf eine spezifische Mutation im microRNA-96 (MiR-96)-Gen ab, das bei Mäusen fortschreitenden Hörverlust verursacht. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Genexpression in den Haarsinneszellen von Säugetieren. Mausmodell spiegelt fortschreitenden Hörverlust beim Menschen wider Beim Menschen wurde diese Mutation als Ursache für eine Form der dominant vererbten progressiven Schwerhörigkeit namens DFNA50 identifiziert. Die Forscher schufen ein Mausmodell mit dieser Mutation, das den fortschreitenden Hörverlust bei Menschen mit DFNA50 widerspiegelt: Im Alter von vier Wochen zeigten die Mäuse einen vollständigen Hörverlust bei hohen Frequenzen. Das Team verwendete einen CRISPR/Cas9-Genom-Editing-Ansatz an, um diese Mutation gezielt zu unterbrechen. Dazu wurde ein AAV-Vektors in das Innenohr injiziert. Die Autoren verglichen die Injektionen zu zwei Zeitpunkten, während der frühen Entwicklung und im Erwachsenenalter. Sie konnten zeigen, dass die Hörfunktion in beiden Fällen langfristig erhalten bleibt, wobei sich ein früherer Eingriff als optimal erwies. Gentherapie hat gutes Sicherheitsprofil Die Studie untersuchte auch die Sicherheit des durch adeno-assoziierte Viren (AAV) vermittelten Genome-Editing-Ansatzes. Den Studienergebnissen zufolge weist das Verfahren ein gutes Sicherheitsprofil auf: Es zeigten sich wenig Off-Target-Effekte und eine langfristige Integration des AAV-Vektors in das Genom wurde nicht nachgewiesen. „Unsere Forschung deutet auf ein minimales potenzielles Risiko hin und unterstützt die Durchführbarkeit künftiger klinischer Anwendungen beim Menschen“, so Wenliang Zhu, PhD, und Wan Du, MD, PhD, Mitglieder von Chens Labor am Mass Eye and Ear (Massachusetts, USA) und Erstautoren der Studie. Chen und sein Team haben ein Konstrukt entwickelt, das alle bekannten microRNA-Mutationen enthält, die beim Menschen verwendet werden können. Studien in weiteren präklinischen Modellen in Zusammenarbeit mit dem Mass General Brigham’s Gene and Cell Therapy Institute sind geplant. Ihre Hoffnung: den Behandlungsansatz in eine erste klinische Studie am Menschen zu überführen. Chen und seine Mitarbeiter haben auch klinische Versuche mit einem anderen Gentherapieansatz für eine andere Form der Taubheit, DFNB9, durchgeführt, die durch Mutationen im OTOF-Gen verursacht wird. Diese klinische Studie in China hat bei Kindern, die auf einem und beiden Ohren behandelt wurden, positive Ergebnisse gezeigt. Chen hofft, dass die in der OTOF-Studie entwickelte Technologie, zum Beispiel die minimalinvasive AAV-Gabe in das menschliche Innenohr, die Entwicklung der Editing-Therapie in der Klinik beschleunigen wird.