Visualisierung des Oxytocinrezeptors: Neue Ansätze für Brustkrebs und Autismus?

Cluster von Zellen mit grün markierten Oxytocinrezeptoren, rot markierter Zellmembran und blau markierten Zellkernen. Diese Zellen wurden für die Experimente verwendet. Bild: ©Erik Keimpema/MedUni Wien

Forschende der Universität Wien haben neuartige fluoreszierende Peptid-Tracer entwickelt, mit denen sich der Oxytocinrezeptor gleichzeitig sichtbar machen und aktivieren lässt. Das eröffnet neue Möglichkeiten für Bildgebung und Funktionsanalysen – mit besonderem Potenzial für Brustkrebsdiagnostik und Autismusforschung.

Das Hormon Oxytocin ist an der Regulierung einer überraschend großen Anzahl und Vielfalt an Prozessen beteiligt. Am bekanntesten ist es für seine Rolle als Auslöser von Wehen beim Geburtsprozess. Ebenso spielt es eine Rolle beim Stillen und beim Aufbau der Eltern-Kind- und Paarbindung. Diese Prozesse sind der Grund für seine Bekanntheit als Bindungs- oder Liebeshormon.

Seine Wirkung entfaltet Oxytocin durch die Bindung an den Oxytocinrezeptor. Eine Über- oder Unterproduktion des Oxytocinrezeptors oder eine Abweichung der ausgelösten Signalkaskade kann zu Fehlregulierungen führen. So wurde eine Beteiligung des Oxytocinrezeptors bei unterschiedlichen Krebsarten, allen voran Brustkrebs, beschrieben, aber auch bei Neuroentwicklungsstörungen wie Autismus-Spektrum-Störungen.

Visualisierung in verschiedenen Organen

Um den Oxytocinrezeptor und seine Rolle in Krankheit und Gesundheit besser zu verstehen sind präzise Werkzeuge notwendig, die ihn sichtbar machen und gezielt aktivieren können. Der Oxytocinrezeptor ist aber vielen anderen Proteinen sehr ähnlich, was die Entwicklung von spezifischen Werkzeugen erschwert und Forschende seit langer Zeit vor eine schwierige Aufgabe stellt.

Einem Team der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien und der University of Queensland (Australien) ist nun die Entwicklung solcher spezifischen fluoreszenzmarkierten Werkzeuge, auch Tracer genannt, gelungen. Unter der Anleitung von Prof. Markus Muttenthaler haben sie mit Hilfe einer patentierten Linker-Technologie Tracer entwickelt, welche den Oxytocinrezeptor spezifisch visualisieren und aktivieren können – in verschiedenen biologischen Systemen. Somit kann die Anwendung dieser Tracer Auskunft darüber geben, wo genau der Oxytocinrezeptor vorhanden ist und welche Signalkaskaden ausgelöst werden.

Potenzial für Durchbruch und neue Impulse

„Ganz besonders in der Brustkrebsforschung könnte dies ein wichtiger Durchbruch sein und eröffnet neue Chancen für eine frühzeitige Diagnostik und innovative Therapieansätze“, hält Muttenthaler, Medizinchemiker und Studienleiter, fest. „Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung und führende krebsbedingte Todesursache bei Frauen. Eine frühe Erkennung und Therapie durch spezifische Tracer, wie den neu entwickelten Oxytocinrezeptor-Tracern, könnte einen wichtigen Beitrag leisten und Licht ins Dunkel der Involvierung des Oxytocinrezeptors bringen.”“

Die neuen Tracer ermöglichen auch die Untersuchung der Verteilung und Signalweiterleitung des Oxytocinrezeptors in unterschiedlichen Gehirnarealen. Das eröffnet die Möglichkeit, die Rolle des Oxytocinrezeptors zum Beispiel bei Autismus-Spektrum-Störungen besser zu verstehen, wo das Oxytocinsystem als vielversprechender Therapieansatz angesehen wird. Diese Tracer setzen somit einen neuen Impuls, um die Rolle des Oxytocinrezeptors gezielt und zukunftsweisend zu erforschen.

Die Entwicklung der Tracer wird in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie International Edition“ beschrieben und die Tracer wurden kürzlich patentiert.